Hochwasserschutz 2.0 Mit KI Pumpwerke gegen Hochwasser rüsten

Das Forschungsprojekt soll Vorhersagesystem für Pumpwerke im Hochwasserfall entwickeln.

Bild: Jochen Durchleuchter/EGLV
21.11.2023

Ein Forschungsprojekt soll ein Vorhersagesystem für Pumpwerke im Hochwasserfall entwickeln. Das Projekt „PuwaSTAR“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Ziel ist es, eine Echtzeitvorhersage inklusive Ausfallwahrscheinlichkeiten von Pumpen und möglichen Überflutungsflächen zu erarbeiten – auch auf Basis künstlicher Intelligenz.

Rund 40 Prozent der Emscher-Lippe-Region sind infolge des Steinkohlebergbaus abgesackt und müssen dauerhaft künstlich von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) entwässert werden. Mehr als 500 Pumpwerke – Anlagen der kritischen Infrastruktur – betreiben EGLV, um diese sogenannten Polderflächen vor Überflutungen zu schützen. Was aber, wenn ein Pumpwerk während eines extremen Starkregenereignisses ausfällt?

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 500.000 Euro geförderte Projekt PuwaSTAR (Pumpwerkswarnung für Starkregen und Hochwasser im urbanen Raum) will nun ein Vorhersagesystem entwickeln, das in der Lage ist, binnen weniger Minuten Informationen über mögliche Überflutungsflächen bereitzustellen – um entsprechende Maßnahmen einleiten zu können. Erarbeitet wird das System zunächst am Beispiel des Pumpwerks Dorsten-Hammbach. Die Erkenntnisse sollen anschließend auf alle anderen Pumpwerksstandorte übertragbar sein.

Infolge des Steinkohlebergbaus sind in großen Teilen der Einzugsgebiete der Emschergenossenschaft und des Lippeverbandes weit gestreckte Bergsenkungsgebiete entstanden. Diese haben zur Bildung von abflusslosen Polderflächen geführt, in denen rund 330.000 Menschen leben. Die künstliche Entwässerung dieser Polder erfolgt durch verbandseigene Pumpwerke, die den Hochwasserschutz sichern. Fällt ein Pumpwerk aus verschiedenen Gründen ganz oder teilweise aus, gelangt das Wasser in das abflusslose Bergsenkungsgebiet und sorgt dort für Überflutungen.

Bereits vorliegende Hochwasser- und Starkregengefahrenkarten sowie Studien zum Ausfall von Pumpwerken geben zwar einen Überblick über die potenziell betroffenen Überflutungsgebiete und das Gefahren- und Risikopotenzial. Jedoch zeigen Ereignisse wie die Flutkatastrophe vom 14. bis 15. Juli 2021 im Ahrtal erneut die Notwendigkeit für ein dynamisches System zur Einschätzung, Bewertung und Warnung bei drohender Systemüberlastung oder dem Ausfall von Pumpwerken.

Damit können die zuständigen Träger öffentlicher Belange und die Bevölkerung gewarnt und Maßnahmen initiiert werden, welche die Schäden reduzieren und die Bürgerinnen und Bürger besser schützen. „Dabei ist eine möglichst zeitnahe Information zu Überflutungsflächen und Wasserständen für eine effiziente Einsatzplanung von wesentlicher Bedeutung und erlaubt so auch eine zielgerichtete Kommunikation mit den zuständigen Krisenstäben“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand bei EGLV.

Pumpwerk Dorsten-Hammbach dient als Pilotanlage

Vor diesem Hintergrund hat der Lippeverband das Projekt PuwaSTAR (Pumpwerkswarnung für Starkregen und Hochwasser im urbanen Raum) initiiert. Ebenfalls daran beteiligt sind das Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (FWU) der Universität Siegen und die Hydrotec Ingenieurgesellschaft für Wasser und Umwelt. Ziel des zweijährigen Vorhabens ist die Entwicklung eines Vorhersagesystems für Pumpwerke, das in der Lage ist, innerhalb weniger Minuten Informationen über mögliche Überflutungsflächen bereitzustellen.

Dabei soll eine Echtzeitvorhersage auf Basis künstlicher Intelligenz entwickelt werden, das im Ereignisfall zeitaufwändige Simulationen bezüglich der sich einstellenden Überflutungen ersetzt. Im Rahmen dieses Vorhabens soll das bei EGLV bereits vorhandene Hochwasservorhersagesystem auf Pumpwerke ausgeweitet werden und zusätzlichen Institutionen zur Verfügung gestellt werden. Neben der Regenvorhersage werden zusätzlich Ausfallwahrscheinlichkeiten der Pumpen abgeleitet und berücksichtigt.

Die Echtzeitvorhersage auf Basis künstlicher Intelligenz soll am Beispiel des Pumpwerks Dorsten-Hammbach im Einzugsgebiet des Lippeverbandes demonstriert werden. Laut einer für diese Anlage bereits vorliegenden Risikostudie würde sich bei einem Pumpwerksausfall der zu erwartende Schaden auf zirka 75 Millionen Euro summieren. Von einer Überflutung betroffen wären etwa 1.800 Personen, vier Schulen, drei Altenheime und mehrere städtische Verwaltungseinrichtungen. Eine frühzeitige Warnung würde eine Vorbereitung von Maßnahmen im Ereignisfall und eine verbesserte Vorsorge ermöglichen. In diesem Rahmen sind die Städte Dorsten und Bottrop inklusive Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) als Partner eingebunden, um gemeinsam die Möglichkeiten der verbesserten Vorhersagen für die praktische Katastrophenvorsorge abzuleiten und entsprechende Maßnahmenkonzepte zu erarbeiten.

Die Ergebnisse des Projekts PuwaSTAR sollen als Grundlage für eine Übertragung der Erkenntnisse auf die anderen Pumpwerksstandorte im Einzugsgebiet von EGLV dienen sowie einen Transfer der Methodik für weitere Betreiber von Pumpwerken – oder anderen steuernden Abflusselementen wie zum Beispiel Hochwasserrückhaltebecken – ermöglichen.

Bildergalerie

  • Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand bei EGLV

    Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand bei EGLV

    Bild: Klaus Baumers/EGLV

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