Retrofit Tuning in Wolfsburg

publish-industry Verlag GmbH

Bild: SurkovDimitr, iStock
22.10.2015

Was bei einem Kultauto wie dem VW Käfer funktioniert hatte, aus dem der viel leistungsstärkere Beetle wurde, wollte der Automobilhersteller auch für seine Pressen: mehr Effizienz. Bei einem Retrofit wurde eine ganze Reihe wichtiger Komponenten auf einen aktuellen Stand gebracht.

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Bevor Werkzeuge in der Serienfertigung eingesetzt werden, erprobt man sie erst an Einarbeitungspressen. Bei Volkswagen sind in einer der Maschinenhallen im Werk Wolfsburg zwölf solcher Pressen von Müller-Weingarten im Einsatz: acht einfachwirkende Ziehpressen mit gesteuertem Stößel, geregeltem 1-Punkt-Zieh- und geregeltem 1-Punkt-Stößelkissen. Außerdem vier Multicurve-Pressen mit geregeltem Multicurve-Stößel und überlagerter 4-Punkt-Parallelitätsregelung, zum Teil mit Balance-Druckregelung, sowie geregeltem 8-Punkt-Zieh- und geregeltem 1-Punkt-Stößelkissen. Um Leistung, Verfügbarkeit und Effizienz sämtlicher Pressen zu steigern, den Bedienungskomfort zu erhöhen und Kosten zu senken, ließ VW ein Retrofit wichtiger Pressenkomponenten sowie der dazugehörigen Steuerung vom Systembereich TR-Automation von TR-Electronic durchführen.

Nach der Aufnahme des Ist-Zustands konzipierten und projektierten die Fachkräfte im ersten Schritt die notwendigen Modernisierungsmaßnahmen. In der folgenden Konstruktionsphase wurde der Elektroplan erstellt sowie die Regelung, Steuerung, Sicherheitssteuerung und Visualisierung geplant. Komponenten wurden bestellt.

Nach Planung des Ressourcenmanagements wurde für die Umbauphase die Anlage abgeschaltet, die elektrische Hardware neu verkabelt und montiert und nach der I/O-Prüfung die modernisierte Regelung und Steuerung in Betrieb genommen. Nach Abnahme durch Volkswagen wurde das Bedien- und Wartungspersonal umfassend in die neue Steuerung und Regelung eingeführt und geschult. So ließ sich auch die Stillstandszeit der Anlage kurz halten. Begleitender Support und eine detaillierte Projekt-Dokumentation sorgen dafür, dass die modernisierte Anlage auch in Zukunft zuverlässig und stabil arbeitet und auftretende Fragen schnell beantwortet werden können.

Spezifische Visualisierung

Das eingebaute Anlagenbediensystem TRproVi setzt sich aus einem Flachbildschirm mit der Visualisierungs-Software und der nachgeschalteten Steuerung TRproCon zusammen. Die Visualisierung dient zur Datenanzeige, -eingabe und -korrektur. Um den Anwendern die Bedienung zu vereinfachen und den Schulungsaufwand zu minimieren, diente das vorhandene Bedienungskonzept als Vorlage für die neue Lösung. Dies steigerte auch die Akzeptanz des Bedienpersonals und trug dazu bei, die Maschinen nach dem Retrofit schnellstmöglich zu nutzen.

TRproVi basiert auf der Software Microsoft .Net Framework und ist in eine Client/Server-Architektur integriert. Ein klarer Aufbau und eine einfache, intuitive Bedienung gehören zu den Vorteilen der Visualisierungs-Software. Die Bedienoberflächen lassen sich durch anlagenspezifische Eingabemasken der jeweiligen Betriebsart und den benötigten Funktionen variabel anpassen. Neben der dynamischen Signaldarstellung können auch vielseitige Diagnoseoptionen, beispielsweise für Meldungen, SPS-Abläufe und statische Prozesssignale, genutzt werden. TRproVi bietet zudem eine integrierte Sprachumschaltung und Benutzerverwaltung.

Individuelle Auslegung

Die nachgeschaltete TwinCAT-Steuerung TRproCon übernimmt die Anlagensteuerung und koordiniert den Datentransfer via Realtime Ethernet zur Kommunikation zwischen den einzelnen Stationen. Die Sicherheit der Anlage wird mit einer Sicherheits-SPS von Pilz gewährleistet, Bedienpanels (Clients) und Steuerung (Server) kommunizieren über Ethernet per DataNet oder RemoteNet miteinander. Außerdem wurden unterschiedliche Steuer- und Regelkonzepte für die beiden Pressentypen Zieh und Multicurve umgesetzt.

Durch das Retrofit konnte sowohl die Verfügbarkeit als auch die Wiederholgenauigkeit der Anlage deutlich gesteigert werden, was wiederum in ein Plus an Leistung und Durchsatz mündet. Gleichzeitig erzielt Volkswagen nun das exakt gleiche Umformverhalten auf Anlagen desselben Typs. Dies trägt maßgeblich zu einer durchgängig hohen Qualität der Bauteile bei. Alles in allem sorgt das Retrofit für leistungsfähigere Produktionsprozesse, wodurch sich die Investitionen in kürzester Zeit bezahlt machen.

Bildergalerie

  • Visualisierung: Stößel-Grundbild einer Multicurve-Presse

    Visualisierung: Stößel-Grundbild einer Multicurve-Presse

    Bild: TR-Systems

  • Aufbau einer einfachwirkenden Ziehpresse

    Aufbau einer einfachwirkenden Ziehpresse

    Bild: TR-Systems

  • Aufbau einer Multicurve-Presse

    Aufbau einer Multicurve-Presse

    Bild: TR-Systems

  • Visualisierung: Einschaltsynoptik einer Multicurve-Press

    Visualisierung: Einschaltsynoptik einer Multicurve-Press

    Bild: TR-Systems

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