Der Einsatz von Temperatur- und Feuchtesensoren in Wearables macht es nicht nur möglich, Umgebungsdaten zu messen, sondern auch physiologische Daten des Nutzers, wie beispielsweise Hauttemperatur oder Schweißbildung, zu erfassen. Dies ermöglicht eine vereinfachte Nachvollziehbarkeit und eine bessere Interpretation von Leistungsparametern (etwa schlechter Schlaf bei heißem Wetter, langsameres Laufen bei hoher Luftfeuchtigkeit) und bildet die Grundlage für viele neue Anwendungen. Solche Informationen lassen sich auch in einem vernetzten Zuhause (Smart Home) nutzen, um das Raumklima automatisch zu steuern. Werden Informationen zur Hauttemperatur und Schweißbildung an ein Klimasystem weitergegeben, kann das Raumklima entsprechend der persönlichen Präferenzen optimiert werden, ohne dass ein aktiver Eingriff durch den Nutzer nötig ist. Dies ist besonders von Vorteil, wenn ein Nutzer schläft und sich ungesunder oder unangenehmer Bedingungen gar nicht bewusst ist. Ein solches System erhöht also nicht nur den Komfort, sondern auch die Energieeffizienz – denn Energie wird nur verbraucht, wenn sie tatsächlich benötigt wird, was auch Kosten spart.
Nicht nur die Gebäudetechnikbranche kann ihre Produkte mit Hilfe von Wearables verbessern, auch das Gesundheitssystem könnte davon profitieren. Menschen mit Atemwegserkrankungen benötigen ein an ihre Bedürfnisse angepasstes Klima. Ein schlechtes Raumklima kann die Gefahr von Krankheiten erhöhen. Asthma, Milben und Schimmelbefall sind nur einige der von Temperatur und relativen Luftfeuchtigkeit abhängigen Risikofaktoren für unsere Gesundheit.
Indem wir die Umgebungsdaten mit einem am Körper getragenen intelligenten Gerät überwachen, werden bestimmte Muster deutlich, und unangemessene oder risikoreiche Bedingungen führen zu einer Anpassung der Heizungs-, Belüftungs- und Klimasteuerung oder der Aktivität von Luftbefeuchtern.
In naher Zukunft werden Brillen, Uhren, Kleidungsstücke und andere Artikel in der Lage sein, Temperatur- und Feuchtigkeitsdaten zu liefern, wodurch die Messung von Umgebungsdaten in alle Lebensbereiche integriert werden kann.
Integration und Sensordatenfusion
Die Integration von Umgebungssensoren in Wearables wie Smart-Watches ist kein leichtes Unterfangen. Dies gilt insbesondere für Umgebungstemperatursensoren und alle von der Umgebungstemperatur abhängigen Werte, beispielsweise die Luftfeuchtigkeit. Bei der Integration bestehen drei große Herausforderungen:
Erstens erzeugen die elektronischen Bauteile, die sich im kompakten Gerät auf engstem Raum befinden, Hitze und beeinflussen die Messwerte. Dies verschlimmert sich dadurch, dass die Wärmeabgabe der verschiedenen Komponenten stark lastabhängig ist und sich dadurch ständig verändert. Zweitens werden die Messwerte auch von der Hauttemperatur beeinflusst. Und drittens hat das Gerät eine gewisse thermisch wirksame Masse, die zu einer langsamen thermischen Reaktion führt. Ähnlich der Tatsache, dass es etwa 30 Minuten dauert, bis sich eine Tasse mit heißem Kaffee auf Raumtemperatur abgekühlt hat, braucht eine Smart-Watch oder ein Smartphone etwa 30 Minuten, um sich an Temperaturveränderungen anzupassen.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, dieses Problem zu mindern oder ganz aus dem Weg zu räumen. Einer der wichtigsten Punkte ist die Platzierung der Sensoren. Es ist wichtig, dass diese gut von den inneren Hauptwärmequellen des Geräts und der menschlichen Haut entkoppelt sind. Die Platzierung der Sensoren ist stark geräteabhängig und variiert für jedes einzelne Produkt. Allerdings reicht es allein nicht aus, die Sensoren ideal zu platzieren, da sich eine vollständige Entkopplung wahrscheinlich nicht umsetzen lässt.
Um die verbleibenden Einflüsse zu kompensieren, muss man die Einflussfaktoren überwachen und ihren Einfluss auf die Temperaturmessung bestimmen. Um zum Beispiel den Einfluss der Körperwärme zu korrigieren, kann ein zusätzlicher Sensor in Hautnähe platziert werden. Dann lässt sich mit einem Wärmeausbreitungsmodell abschätzen, wie groß die durch die Körperwärme hervorgerufene Temperaturerhöhung am Sensor ist. Dank dieser Information kann man den entsprechenden Einfluss korrigieren. Eine solche Software zur Umgebungsdatenfusion namens Sensirion-Engine wird in einigen Smartphones bereits aktiv genutzt, um eine genaue Temperatur- und Feuchtemessung zu ermöglichen. Außerdem erlaubt die Sensirion-Engine auch eine schnellere und weit über die physikalischen Grenzen hinausgehende Reaktion von Temperatur- und Feuchtesignalen auf Veränderungen der Umweltbedingungen. Dies ist besonders wichtig, da niemand bis zu
30 Minuten auf einen genauen Messwert warten möchte.
Durch die Kombination dieser verschiedenen Ansätze ermöglichen Wearables genaue Messungen von Umgebungstemperatur und Feuchtigkeit und bieten dem Nutzer genau das, was er von einem solchen Gerät erwartet.
Kleines Sensorgehäuse
Die Umsetzung eines solchen Systems ist nur mit innovativen Technologien in Hardware und Software möglich. Bei der fraglichen Hardware handelt es sich um den derzeit kleinsten Feuchte- und Temperatursensor weltweit. Sensirion hat ihn für Geräte mit begrenztem Platz entwickelt und für die Anforderungen der Unterhaltungselektronik optimiert. Dieses Produkt soll für die neueste Generation von Feuchte- und Temperatursensoren maximale Leistung bei minimaler Größe bieten. Dabei nutzt der Hersteller ein WLCS-Gehäuse (Wafer-Level Chip-Scale) für seine Temperatur- und Feuchtesensoren. Das Gehäuse des Sensors SHTW1 ist nicht größer als der CMOSens-Chip selbst und nimmt weniger als 1 mm3 (1,3 mm x
0,7 mm x 0,5 mm) Platz ein. Die Versorgungsspannung von 1,8 V und der niedrige Stromverbrauch von 2 µW bei einer Messung pro Sekunde sind eine optimale Voraussetzung für die Nutzung des Sensors in kleinen Wearables.
Das Unternehmen stellt nicht nur den Sensor, sondern auch die dazugehörige Software zur Verfügung und gewährleistet dadurch eine Zeitersparnis bei der Ermittlung genauer Messwerte nach einer Veränderung der Umgebungssituation. Der Sensor SHTW1 erweitert die Bandbreite möglicher Anwendungen, beispielsweise als Grundlage für physiologische Daten wie die Hauttemperatur oder die Schweißbildung, wofür maßgeschneiderte Algorithmen notwendig sind.