Steuerungstechnik „Unser Tool passt sich dem Anwender an - nicht umgekehrt“

Lukas Obersamer, B&R

Bild: B&R
27.09.2013

B&R hat eine neue Version seiner Entwicklungsumgebung auf den Markt gebracht. Die zentralen Neuheiten und Funktionserweiterungen erklärt Lukas Obersamer, System Architect bei B&R.

A&D: Die B&R-Entwicklungsumgebung Automation Studio ist jetzt in Version 4 verfügbar. Was gibt es dabei Neues, Herr Obersamer?

Lukas Obersamer: Im Vergleich zur Version 3 haben wir die Modularisierung und die Bedienerfreundlichkeit erhöht. Mit unserem System Designer bieten wir jetzt intuitive Hardware-Projektierung und -Konfiguration. Das beginnt beim Katalog, über den der Anwender mit entsprechenden Filtern die passenden B&R-Komponenten wählt und per Drag&Drop in seine Anwendung ziehen kann. Hinter der fotorealistischen Darstellung der einzelnen Komponenten ist dabei eine Menge an Informationen hinterlegt, zum Beispiel vorhandene Schnittstellen und dazu passende Produkte. So gelangt der Anwender selbst bei komplexen Hardware-Konfigurationen mit mehreren hundert oder tausend Datenpunkten schnell und einfach zu einer ganzheitlichen Topologie.

Und was hat sich hinsichtlich der Modularisierung getan?

Mit unseren Applikationsmodulen spiegeln wir die Modularisierung, wie sie in der Mechanik in Form von Einheitsgruppen schon lange existiert, auch softwareseitig wider. Wie wertvoll das ist, kann man gut aus der IT ableiten, wo dieses Vorgehen schon seit langem Gang und Gäbe ist. Die einzelnen Funktionseinheiten ergänzen sich zu einer durchgängigen Lösung, die sich parallel entwickeln und in Betrieb nehmen lässt. Zudem stehen die Funktionseinheiten bei Updates oder bei ähnlichen Projekten als abgeschlossene, getestete und bewährte Module bereit.

B&R ist nicht der einzige Automatisierer mit einem umfassenden Entwicklungswerkzeug. Ist das heute State oft the Art?

Ja. Fast alle Marktbegleiter gehen heute in die Richtung, die wir schon vor zehn Jahren eingeschlagen hatten: Der Anwender dankt es einem, wenn er nur eine Umgebung kennen muss und diese als gemeinsame Basis für Steuerungstechnik, Antriebstechnik, und Visualisierung nutzt. Wir bieten zusätzlichen Mehrwert, weil das Automation Studio sehr viel Systemwissen mitbringt, zum Beispiel hinsichtlich Parametrierung oder Safety.

In wie weit kann sich Ihre Entwicklungsumgebung vom Angebot der Marktbegleiter abheben?

Unterschiede liegen bereits in der Historie: Im Gegensatz zu vielen Marktbegleitern ist B&R immer schon ein Lösungsanbieter. Obwohl unser Portfolio stark gewachsen ist, mussten wir uns nie neu erfinden. Entsprechend konnte auch das Automation Studio seit seinem Start im Jahr 1997 stetig mitwachsen. Hohe Investitionssicherheit stellen wir durch Kompatibilität und Plattformunabhängigkeit sicher: Mit dem Automation Studio ist es problemlos möglich, ältere Architekturen auf modernen Prozessoren wiederzuverwenden. Weil wir sowohl die Entwicklungsumgebung als auch das Runtime-System in unserer Hand haben, entkoppelt eine Zwischenschicht die Software von der Chip-Architektur. Unsere große Stärke liegt in der Offenheit: Wir lehnen proprietäre Konzepte ab und setzten auf offene Standards wie die IEC 61131-3 oder etablierte Programmiersprachen aus der IT, wie C und C++.

Warum so viel Aufwand? Reicht die IEC 61131-3 nicht?

Unsere Strategie ist ganz klar dem Anspruch des Marktes geschuldet. Ziel ist es, eine Umgebung zu bieten, in der sich der Anwender zu Hause fühlt. Das Tool passt sich an seinen Entwicklungsprozessen an - nicht umgekehrt.

Wie sieht es auf Seite der Kommunikation aus?

Auch hier setzen wir auf offene Konzepte. Nicht nur mit Ethernet, Powelink und Open Safety, sondern auch mit Standards wie OPC UA für die M2M-Kommunikation oder die Anbindung an die MES- oder ERP-Ebene. Da sich der sequenzielle Entwicklungsprozess zu einem mechatronischen und parallelen Engineering wandelt, ist auch die Anbindung anderer Entwicklungswerkzeuge ein wichtiger Aspekt. Damit alle Seiten immer auf dem aktuellen Stand sind, umfasst Automation Studio 4 intelligente Schnittstellen zu Eplan Electric P8 und auch zu Simulations-Tools wie Matlab Simulink, Maplesim oder Winmod.

Der Anwender will heute einfach zu bedienende Oberflächen. In welchem Spannungsfeld steht dazu die breite Funktionalität moderner Entwicklungsumgebungen?

Der Aufwand für den Anbieter steigt - er darf aber nicht für den Anwender steigen. Deshalb ist es im Spannungsfeld von Usability und Funktionalität essenziell, das Systemwissen zu kapseln. Dann kann sich der Benutzer voll und ganz darauf konzentrieren, sein Maschinen-Know-how abzubilden und in Software zu gießen, während im Gegenzug das Wissen über die das Automatisierungssystem von der Entwicklungsumgebung zur Verfügung gestellt wird.

Bitte geben sie einen Ausblick, Herr Obersamer. Welche Neuerungen wird die nächste Version des Automation Studios bieten?

Aktuell sind wir erstmal stolz, dass wir die Version 4 in gelungener Form vorstellen können. Die dabei anvisierten Hauptziele Offenheit, Usability, Modularität und Funktionalität werden sich entsprechend auch in den kommenden Versionen wiederfinden.

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