Verfahrenstechnik Schutz vor Verschleiss

Mit Simulationen können Strömungsverhältnisse und Abrasionen an verschiedenen Rührblattgeometrien verglichen werden: links konventioneller Scheibenrührer, rechts Epox-R.

Bild: Ekato
01.09.2016

Produktionsausfälle durch den Austausch einer verschlissenen Komponente sind ärgerlich. Damit dies nicht zu häufig passiert, können die Standzeiten speziell von Rührorganen mit einer verschleißgerechten Bauform, Beschichtungen oder Keramiken maximiert werden.

Verschleiß ist ein weit verbreitetes Phänomen des täglichen Lebens. Wer hat nicht schon einmal einer abgewetzten Jeans oder einem durchgelaufenen Paar Schuhe nachgetrauert? Technisch lässt sich Verschleiß definieren als fortschreitender Materialverlust aus der Oberfläche eines festen Körpers, hervorgerufen durch Relativbewegung gegen ein weiteres festes, flüssiges oder gasförmiges Medium mit schleifender, rollender, schlagender oder thermischer Beanspruchung.

In Prozessanlagen sind häufig bewegte oder durchströmte Komponenten von Verschleiß betroffen, wenn das behandelte Medium Feststoffe enthält. Neben Schüttgütern sind es vor allem Suspensionen, die Apparate, Pumpen, Rohrleitungen oder Ventile beanspruchen. Im folgenden Text liegt das Augenmerk auf dem in Rührbehältern auftretenden Verschleiß, der naturgemäß besonders die Rührorgane mit ihren hohen Umfangsgeschwindigkeiten betrifft. Insbesondere in hydrometallurgischen Laugungsprozessen, in Kristallisatoren oder bei der Formulierung von Produkten mit Füllstoffen wie feindisperse Kieselsäure, Kalk oder Pigmente liegen solche Bedingungen vor.

Verschleiß durch Erosion ist ein grundsätzlich nicht zu vermeidender Vorgang. Die Abbildung auf Seite 95 zeigt ein Beispiel aus der Nassmetallurgie: Die Blätter eines Scheibenrührers sind nach wenigen Monaten so stark angegriffen, dass das Rührorgan ausgetauscht werden muss. In diesem Fall herrschen zusätzlich stark korrosive Bedingungen, die den erosiven Verschleiß beschleunigen. Folgen des Verschleißes sind hier zu den Kosten für den Ersatz der abgenutzten Teile selbst auch der Produktionsausfall. Bei technisch komplexen Anwendungen – beispielsweise in Autoklaven zur Drucklaugung in der Nickelaufbereitung – bedeutet der Austausch einer Komponente mehrtägigen Stillstand. Hierdurch belaufen sich alleine die Produktionsausfallkosten auf mehrere Millionen Euro. Ein anderer Aspekt sind die Ausfallrisiken. Der ungeplante Stillstand einer Rauchgasentschwefelungsanlage infolge verschlissener Rührorgane im Absorber würde das Abfahren des zugehörigen Kraftwerks mit immensen Folgekosten nach sich ziehen.

Verschleißgerechte Gestaltung

Verschleiß ist insgesamt ein sehr komplexer Vorgang, was schon daran ersichtlich wird, dass es eine Vielzahl von Definitionen, Modellen und Gleichungen zur Beschreibung gibt. Hinzu kommt, dass es für natürliche Produkte wie Erze unendlich viele Kombinationen aus zu verarbeitenden Materialien mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften und physikalischen und chemischen Prozessbedingungen gibt. Das erschwert, Vorgänge eindeutig zu beschreiben, von einer exakten Vorhersage von Standzeiten ganz zu schweigen.

In der Rührtechnik dominieren der Gleit- und Prallverschleiß. Damit Abrasion auftreten kann, muss eine Relativgeschwindigkeit zwischen dem Medium und dem verschleißenden Bauteil vorliegen. Verschleiß tritt naturgemäß am Rühror­gan auf und ist somit durch die Drehzahl des Rührwerkes beziehungsweise die daraus resultierende Umfangsgeschwindigkeit des Rühr­or­gans bestimmt. Der Zusammenhang zwischen der Verschleißgeschwindigkeit v und der Rührerumfangsgeschwindigkeit u kann durch die Korrelation v proportional u3 beschrieben werden. Wobei der Exponent je nach Werkstoff und schleißendem Material geringfügig abweichen kann. Daraus wird unmittelbar deutlich, dass eine Rührwerksauslegung mit minimaler Umfangsgeschwindigkeit einen direkten Ansatz zur Verschleißverminderung darstellt.

Minimale Umfangsgeschwindigkeiten sind aber oft aus verfahrenstechnischen Gründen, beispielsweise wenn ein hoher Stoffübergang und somit hohe Leistungseinträge gefordert sind, nicht immer möglich. In solchen Fällen hat sich eine verschleißoptimierte Gestaltung der Rührflügel bewährt. Zur Untersuchung der Blattumströmung bieten sich numerische Simulationsmethoden wie CFD (Computational Fluid Dynamics) an. In der Abbildung auf Seite 94 sind die Ergebnisse einer solchen Simulation dargestellt. Beim Standard-Scheibenrührer auf der linken Seite sind die ausgeprägten Wirbelablösungen auf der strömungsabgewandten Unterdruckseite des Rührorganblattes zu sehen. Bei feststoffbeladenen Medien hat dieses ein kontinuierliches „Schmirgeln“ der kleinen Partikel auf der Blattoberfläche zur Folge und führt somit zu Gleitverschleiß. Gleichzeitig werden größere Partikel aufgrund ihrer Trägheit die Wirbelbahnen verlassen und direkt auf die Blattoberfläche auftreffen, welches zu einem überlagerten Prallverschleiß führt. Beim Scheibenrührer Epox-R, Abbildung auf Seite 94 rechts, sind durch die strömungsgünstige Blattkontur die Wirbelablösungen und somit der Verschleißmechanismus weitgehend unterdrückt, ohne dass die Leistungsfähigkeit des Rührorgans verloren geht. Validierungsversuche unter Verwendung einer Farbabtragsmethode im Labormaßstab bestätigen das verbesserte Abrasionsverhalten des Epox-R.

Beschichtungen und Keramikbauteile

Es gibt eine Vielzahl von Beschichtungsmethoden und -materialien für die Standzeitverlängerung von Maschinenkomponenten. Diese Materialien sollen die Oberflächenhärte erhöhen oder auftreffende Partikel „abprallen“ lassen. Bei der Auswahl des Beschichtungsmaterials müssen jedoch Randbedingungen wie die Betriebstemperatur korrosive Eigenschaften des Mediums oder die Gegenwart von Lösungsmitteln beachtet werden. Zudem besteht die Möglichkeit, Rührflügel oder komplette Rührorgane aus massiven Keramikbauteilen herzustellen. Eine massive Bauweise hat gegenüber einer Beschichtung den Vorteil, dass über die gesamte Bauteildicke dieselbe Oberflächenhärte vorhanden ist. Denn ist die schützende Beschichtung erst einmal abgetragen, wird das darunter liegende Grundmaterial wiederum einem schnelleren Verschleiß unterliegen.

Dank der jüngsten Entwicklungen bei keramischen Werkstoffen und deren Bearbeitungsmöglichkeiten sind komplexe Geometrien herstellbar. Auch die Werkstoffkennwerte sprechen für einen Einsatz im Maschinen- und Anlagenbau. Es können beispielsweise, abhängig vom Werkstoff, Vierpunktbiegefestigkeiten von > 900 N/mm2 erreicht werden. Trotzdem ist es bei der Konstruktion und Auslegung von Rührorganen aus spröden keramischen Werkstoffen besonders wichtig, die hydraulischen und schwingungstechnischen Beanspruchungen auf die Rührer genau zu kennen. Diese sind entscheidende Faktoren für die betriebssichere Auslegung. Auch die keramikgerechte Ausführung der Verbund- oder Massivkonstruktionen (Metall und Keramik) ist ein entscheidender Faktor für die technische Realisierbarkeit sowie die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens. Bei den Dimensionen industrieller Rührorgane ist es üblich mit Verbundkonstruktionen zu arbeiten, bei welchen nur die verschleißbeanspruchten Stellen aus massiven Keramikbauteilen ausgeführt sind. Die nicht von der Abrasion betroffenen Bereiche, zum Beispiel Blatthalter, Nabenanbindungen und Naben, werden wiederum aus metallischen Werkstoffen gefertigt. Mit den heute gängigen Sinteröfen können Bauteile für Rührorgane bis zu ungefähr zwei Meter Durchmesser hergestellt werden.

Bis zu zehnfach längere Standzeiten

Basierend auf Verschleißversuchen im Ekato-Technikum im Ein-Kubikmeter-Maßstab, können unbeschichtete, beschichtetete und vollkeramische Bauteile bezüglich ihres Abrasionsverhaltens direkt miteinander verglichen werden. Der Vergleich zeigt, dass mit vollkeramischen gegenüber unbeschichteten Bauteilen Standzeitverlängerungen um einen Faktor > 10 realisiert werden können. Der Einsatz von technischer Keramik lohnt sich nicht nur in Bereichen, in denen Bauteile sehr schnell verschleißen und die dadurch bedingten Anlagenstillstände hohe Kosten verursachen. Ebenso attraktiv kann ihr Einsatz sein, wenn aus Qualitätsgründen kein metallischer Abrieb oder durch Korrosion gelöste Metallionen im Produkt zugelassen sind – wie es zum Beispiel bei hochreiner, feindisperser Kieselsäure für die Elektronikindustrie der Fall ist.

Verschleiß von Rührorganen ist bei rührtechnischen Anwendungen ein häufig anzutreffendes Problem. Die Standzeiten von Rührwerksteilen können durch die beschriebenen Maßnahmen der Formgebung, Beschichtung oder Ausführung in massiver Keramik beziehungsweise deren Kombination maximiert werden. Der zunehmende Kosten- und Zeitdruck bei Instandhaltungsarbeiten kann die Investition in eine Beschichtung von Rührorganen oder sogar die Substitution durch keramische Werkstoffe innerhalb kürzester Zeit rentabel machen. Neben den direkten Kosten für die auszutauschenden Teile können Stillstandskosten vermindert und ungeplante Ausfälle infolge von Verschleiß vermieden werden. Ekato bietet hierfür individuelle, maßgeschneiderte Lösungen für eine Vielzahl von Anwendungen an. Diese reichen von der Optimierung des Rührprozesses, basierend auf Versuchen im Technikum und dem Scale-up auf den Betriebsmaßstab, bis zur betriebssicheren Ausführung aller Komponenten des Rührwerks und des Behälters.

Bildergalerie

  • Verschleiß am Blatt eines Scheibenrührers nach wenigen Monaten Laufzeit

    Verschleiß am Blatt eines Scheibenrührers nach wenigen Monaten Laufzeit

    Bild: Ekato

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel