Mitsubishi hat ein starkes Partnernetzwerk, zu dem Iconics schon viele Jahre zählte. Wenn Sie zurückblicken, was war das entscheidende Argument 2019 für die Übernahme von Iconics?
Andre Lange:
Mitsubishi verfolgt eine langfristige Strategie, um den Wert der Iconics-Marke zu nutzen, ohne sie verschwinden zu lassen. Durch diese Partnerschaft können wir schneller auf Marktveränderungen reagieren und unsere Kunden ganzheitlich mit innovativen Lösungen versorgen. Und wir passen perfekt zusammen. Aus der Perspektive von Iconics sah es immer so aus, als wäre Mitsubishi hauptsächlich ein Hardwarehersteller. Die Software war hervorragend, allerdings speziell für die eigene Hardware entwickelt. Iconics hat dann die Rolle übernommen, eine übergeordnete Softwareebene zu liefern, die es ermöglicht, verschiedene Systeme innerhalb von Mitsubishi zu verknüpfen. Das betrifft nicht nur die Robotik, sondern erstreckt sich auf viele andere Bereiche wie Energietechnik, Klimaanlagen und Aufzüge.
Jan-Philipp Liersch:
Genau das ist der Punkt. Obwohl wir bereits Softwarelösungen hatten, waren diese hauptsächlich auf unsere Hardware ausgerichtet. Der Schritt zu Iconics war eine logische Erweiterung, um auf die wachsenden Kundenanforderungen reagieren zu können. Und weil Iconics eine vollständige Zugehörigkeit zu Mitsubishi Electric hat, ermöglicht dies eine gemeinsame Entwicklung und strategische Ausrichtung. Ziel ist es, unseren Kunden ganzheitliche End-to-End-Lösungen für das IIoT aus einer Hand anbieten zu können – darum ergänzen sich Mitsubish Electric und Iconics perfekt.
Oliver Gruner:
Als Teil der e-F@ctory-Initiative und langjähriger Partner von Mitsubishi Electric in Asien war es ein logischer Schritt für uns, vollständig von Mitsubishi übernommen zu werden. Unsere langjährige Geschäftsbeziehung und unser Zugang zum asiatischen Markt spielten damals eine entscheidende Rolle. Seit der Übernahme arbeiten wir eng mit Mitsubishi zusammen, um unsere Produkte noch stärker mit ihrer Hardware zu verknüpfen und Lösungen zu entwickeln, die eine nahtlose Integration ermöglichen. Diese Zusammenarbeit hat unsere internationale Präsenz gestärkt und den Fokus unserer Märkte zunehmend nach Asien verlagert.
Jonas Roski:
Das Schöne an der Kombination Mitsubishi Electric und Iconics ist, dass wir beide voll auf Standards und offene Schnittstellen setzen. Denn wir wissen alle, die Welt besteht auch vielen Lösungen und Unternehmen, auch wenn wir End-to-End alles anbieten können. Aber durch unsere Offenheit können wir jederzeit Produkte, die ebenfalls auf Standardschnittstellen setzen, voll einbinden und bieten unseren Kunden somit maximale Flexibilität.
Iconics gehört nun schon seit rund fünf Jahren zu Mitsubishi Electric. Welche Argumente sprechen für und welche gegen ein Rebranding von Iconics hin zu Mitsubishi Electric?
Andre Lange:
Wäre ein amerikanisches Unternehmen der Käufer gewesen, hätten sie vermutlich über Nacht entschieden, die vorhandenen Strukturen aufzulösen und die Produktmarke verschwinden zu lassen. Mitsubishi verfolgt jedoch eine andere Strategie, plant solche Übergänge über längere Zeiträume, manchmal sogar über Generationen. Sie wollen die Marke nicht verschwinden lassen, sondern den bestehenden Wert nutzen. Natürlich gibt es Veränderungen, aber diese erfolgen schrittweise und sehr bedacht, um keine Verunsicherung im Markt zu erzeugen.
Iconics wird von der Mehrheit der Global 500 Unternehmen genutzt. Könnte das potenzielle kleinere Kunden abschrecken, weil es teuer erscheint und wie eine überdimensionierte Lösung wirkt? Wie entkräften Sie diese Annahme?
Andre Lange:
In der DACH-Region allein haben wir ungefähr 1700 Kunden, darunter große Namen wie BMW, Continental oder RWE. Dennoch macht das KMU-Geschäft etwa 99 % unserer Tätigkeit aus. Unsere Lösungen sind skalierbar – von einfachen Anwendungen bis hin zu umfangreichen Rechenzentrumslösungen. Dieses modulare System erlaubt es Kunden, sich die passende Lösung zusammenzustellen, und das spricht sich herum.
Oliver Gruner:
Auch international sehen wir eine ähnliche Situation. Wir sind stolz darauf, große Unternehmen als Kunden zu haben, aber gleichzeitig bieten wir auch Lösungen für spezifische Anforderungen in sehr kleineren Märkten. Unsere Software kann für kleine Applikationen mit einer bestimmten Anzahl von Datenpunkten oder für spezialisierte Softwarepakete angepasst werden, die nur die nötigen Funktionen bereitstellen. Und entsprechend zahlt der Kunden exakt nur dafür, was er braucht.
Ist die Skalierbarkeit der Iconics-Lösungen also der entscheidende Vorteil, unabhängig davon, ob es um Maschinenbau oder die Visualisierung und Analyse ganzer Fabriken geht?
Jonas Roski:
Absolut, das ist ein zentraler Vorteil. Ich sehe das auch im Vertrieb, wenn ich Angebote prüfe. Unsere Lösungen reichen von Basislizenzen bis hin zu umfangreichen Systemen mit vielen Zusatzpaketen. Sie sind für einfache HMI-Anwendungen genauso geeignet wie für komplexe Historian-Systeme.
Jan-Philipp Liersch:
Es gibt bei uns keine Unterscheidung zwischen kleinen und großen Projekten. Unser Leitspruch „Global Partner, Local Friend“ unterstreicht, dass wir sowohl für große Industriebetriebe als auch für KMUs geeignete Lösungen bieten. Unsere globale Präsenz ermöglicht es uns, sowohl standardisierte als auch spezialisierte Lösungen anzubieten und auf ein robustes Netzwerk zurückzugreifen, um weltweit Leistungen erbringen zu können. Das ist es, was Iconics zusammen mit Mitsubishi Electric ausmacht – die Fähigkeit, sowohl Hardware als auch Software nahtlos zu integrieren und sowohl kleinen und mittelständischen Unternehmen als auch globalen Playern Lösungen zu bieten.
Wenn man die Lösungen von Iconics betrachtet, klingt das dennoch sehr umfangreich: Genesis64, Hyper Historian, IoT WorkX, Mobile HMI, KPIWorX, Facility AnalytiX und Quality AnalytiX… Bringen Sie bitte etwas Licht ins Dunkel!
Oliver Gruner:
Gerne, denn im Grunde haben wir vier Säulen: Visualisierung, Data Historian, Analytics-Lösungen und Edge-Kommunikation. Beginnen wir mit der Visualisierung durch Genesis64 SCADA, gefolgt von Hyper Historian. Damit lassen sich eine große Menge an Echtzeit- und Geschäftsdaten sammeln, um Einblicke in Trends, Muster und Geräteleistungen zu erhalten. Dann bieten wir Analytics-Lösungen an, zum Beispiel für Energie und Fehlererkennung. Mobile Visualisierung steht durch Mobile HMI im Vordergrund. Für Edge-Anwendungen haben wir IoT WorkX. Die Linux- und Docker-basierte Softwarelösung ermöglicht lokalen Datenzugriff, Visualisierung und Analyse auf einer Vielzahl von IoT-Gateway-Hardwareplattformen von Drittanbietern. Das Schöne an all unseren Lösungen ist, dass sie alle unabhängig voneinander betrieben, aber auch kombiniert werden können. Wir können dem Kunden eine spezifische Lösung zusammenstellen. Unsere Plattform verwendet dieselbe Codebasis für alle Produkte, es ist alles Plug-and-Play.
Andre Lange:
Wenn man unsere Historie betrachtet, so war das Kerngeschäft von Iconics immer die Visualisierung mit SCADA-Systemen. Als herstellerunabhängiges Unternehmen mussten wir uns an viele Systeme anbinden können. Diese Plattform wurde mit Genesis geschaffen. Mit der Zeit kam die Notwendigkeit, Daten langfristig zu speichern, wodurch der Historian-Teil entstand. Sobald wir viele Daten speicherten, entstand der Bedarf, diese zu analysieren, was zur Entwicklung der Analytics-Pakete führte. Neuerdings gibt es auch Edge-Kommunikation. Wir setzen ausschließlich auf eigene Entwickler und betreiben keine Offshore-Entwicklung, was auch Sicherheitsaspekte betrifft, da wir auch Software für das Pentagon liefern, deren Quellcode ausschließlich internen Zugriff hat.
Jonas Roski:
Und direkt von Mitsubishi Electric gibt es noch das Asset Portal. Es basiert vollkommen auf Genesis64 von Iconics und wurde auf das Look & Feel von Mitsubishi Electric getrimmt. Die Plattform zeichnet sich besonders durch die unkomplizierte Integration aller Geräte, angefangen bei Sensoren bis hin zur Produktionslinie, aus. Es bietet die Möglichkeit, sowohl Geräte von Mitsubishi Electric als auch Geräte anderer Unternehmen unkompliziert einzubinden und die Daten zu visualisieren. Mit dem Asset Portal können unsere Kunden ihre Prozesse intelligent und effizient strukturieren, überwachen, verwalten und optimieren. Zudem wird Zukunftssicherheit durch die Nutzung von offenen Standards gewährleistet.
Welche Mehrwerte bietet die Visualisierung der Daten im Maschinenbau?
Jan-Philipp Liersch:
Im Maschinenbau ist das Wissen über die eigene Maschine entscheidend. Man kann historische Daten nutzen, um beispielsweise einen ungewöhnlichen Temperaturabfall festzustellen, der durch eine offen gelassene Tür verursacht wurde. Zukünftige Maschinenmodelle könnten dann mit einem Warnton ausgestattet werden. Unser Fokus liegt bei der Visualisierung und Datenauswertung voll auf Wartung und präventiven Maßnahmen, da wir unsere Produkte mit KI ausstatten und perfekt visualisieren können. Dieser Ansatz ermöglicht es sowohl OEMs als auch Endkunden, signifikante Kosten einzusparen und die Verfügbarkeit ihrer Maschinen zu erhöhen.
Abschließend gefragt: Warum sollten sich Maschinenbauer sowie Produktionsunternehmen kleiner und mittlerer Größe an Mitsubishi Electric und Iconics wenden, wenn sie ihre Prozesse automatisieren und digitalisieren möchten?
Andre Lange:
Weil wir besonders starke Synergien bieten können, die nicht überall genauso zu finden sind. Hinzu kommt unsere hohe Benutzerfreundlichkeit der Lösungen, basierend auf neuesten Technologien, absolute Offenheit durch konsequente Konzentration auf Standards sowie die Skalierfähigkeit unserer Software, die für kleinste Betriebe ebenso geeignet ist wie für Global Player. Aber auch unsere Beratungsmethode spielt eine entscheidende Rolle, die wir entwickelt haben, um den Kunden auf ihrem Weg zur Digitalisierung zu unterstützen. Diese Methode, die ich als SMKL bezeichne – Smart Manufacturing Kaizen Level – ist eine Möglichkeit, den Kunden dort abzuholen, wo er steht, und ihn dorthin zu bringen, wo er hin möchte. Ich glaube, das sind große Stärken, die wir gemeinsam als Mitsubishi und Iconics anbieten können.
Oliver Gruner:
Ich stimme Andre Lange voll zu, ergänze gerne noch die globale Präsenz und Zusammenarbeit von Mitsubishi Electric und Iconics. Und wir passen unsere Zusammenarbeit stets regional so an, damit wir den Kunden die besten Produkte, Lösungen und Services anbieten können. Und das ist meiner Meinung nach das Wichtigste und der Schlüssel zum Erfolg in der Zusammenarbeit zwischen Mitsubishi und Iconics beim Kunden.
Jonas Roski:
Neben unserer Automatisierungshardware und KI-Kompetenz im industriellen Einsatz haben wir mit Iconics auch noch die komplette Software-Ebene zur Visualisierung und Analyse der Daten bis hoch in die Cloud aus einer Hand. Wenn Kunden mit uns ins Gespräch kommen, können wir ihnen ganzheitlich Empfehlungen aussprechen und einen Proof of Concept erstellen. Erfolgt dann die Umsetzung des Projekts beim Kunden, dann kann er das natürlich selbst durchführen oder wir bieten ihm den Support unseres weltweiten großen Partnernetzwerks an. Diese Kombination ist einmalig.
Jan-Philipp Liersch:
Ich möchte gerne auf den globalen Kampagnenslogan „Automating the world“ eingehen. Dieser Slogan betont, dass wir als Mitsubishi Electric, als globaler Player in der Automatisierungstechnik, alle Kunden auf der Welt ansprechen, unabhängig von Branche und Unternehmensgröße. Wir bieten Lösungen in den unterschiedlichsten Branchen an und können uns hier gemeinsam mit Iconics noch gezielter aufstellen. Sowohl großen als auch kleinen und mittelständischen Fertigungsbetrieben und Maschinenbauern stehen wir vollumfänglich zur Seite, um ihnen durch Automatisierung und Digitalisierung Kosteneinsparungen und mehr Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen.