Die Auswahl eines für die Applikation geeigneten Entwärmungskonzeptes ist nicht immer ganz einfach, zumal es oftmals sehr viele Faktoren zu berücksichtigen gilt. Ziel einer jeden Lösung muss es sein, elektronische Bauelemente vor dem Hitzetod zu bewahren und deren Lebensdauer langfristig zu gewährleisten. Es ist also die Hauptaufgabe eines jeden Wärmemanagements, die in der Anwendung eingesetzten Halbleiter in einem vom Hersteller vorgegebenen Temperaturbereich zu betreiben, um Fehlfunktionen oder gar eine Zerstörung zu verhindern. Unabhängig von einer passiven oder aktiven Entwärmungslösung, sollte stets eine fachgerechte Kontaktierung der Bauteile auf der Wärmesenke sorgfältig betrachtet und analysiert werden. Leider oftmals vernachlässigt, hat die richtige und wärmetechnisch optimale Kontaktierung der zu entwärmenden Bauteile einen signifikanten Einfluss auf das Gesamtergebnis. Die Bauteilkontaktierung muss immer im Gesamtkonstrukt entlang des thermischen Pfades gesehen werden, das heißt der thermische Übergangswiderstand von dem Bauteil auf eine Entwärmungslösung spielt mitunter eine entscheidende Rolle. Der so bezeichnete thermische Pfad beschreibt hierbei den Weg der Wärme vom Entstehungspunkt im Bauteil bis hin zur ausgewählten Wärmesenke inklusive sämtlicher Wärmeübergangswiderstände.
Je größer dieser Widerstand gegen den Wärmefluss, desto schlechter wird also die Wärme von A nach B übertragen. Der thermische Gesamtwiderstand setzt sich aus einer Addition der einzelnen abschnittsbezogenen Einzelwiderstände des thermischen Pfades, welche der Wärmestrom überwinden muss, zusammen. Folge dessen gilt, je kleiner der Wärmeübergangswiderstand zwischen den Kontaktstellen, desto kleiner der thermische Gesamtwiderstand und desto weniger Temperatur geht auf dem Weg zur Wärmesenke verloren. Sogenannte TIM-Materialien (Thermal Interface Material), liefern in puncto Bauteilkontaktierung auf einer Wärmesenke, bei richtiger Auswahl und Anwendung, hervorragende Lösungsansätze.
Einflussgebende Faktoren
Aufgrund fertigungstechnischer Belange und Toleranzen zur Herstellung verschiedenartiger Wärmesenken, wie zum Beispiel extrudierter Strangkühlkörper, Lüfteraggregate und Flüssigkeitskühlkörper, sind ohne jegliche mechanische Nachbearbeitung weder die Oberflächen der elektronischen Bauteile noch die der Halbleitermontageflächen plan eben und glatt. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, weisen diese Flächen zum Teil erhebliche Unebenheiten in Form von Durchbiegungen (konvex/konkav) und starken Rauigkeiten auf. Wie im Darstellungsbild ersichtlich ist eine plan ebene und saubere beziehungsweise flächige Kontaktfläche zwischen einer Kontaktpaarung ohne zusätzliche Unterstützung nicht gegeben. Die Luft in den Zwischenräumen fungiert als thermischer Isolator und beeinflusst maßgeblich den Wärmeübergang. Die Luft ist nach wie vor ein sehr schlechter Wärmeleiter, genauer gesagt mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,026W/m*K, ein 7.692-mal schlechterer Wärmeleiter als das häufig für Wärmesenken eingesetzte Grundmaterial Aluminium (l= 200W/m*K). Solche Durchbiegungen können speziell bei Strangkühlkörpern, je nach Größe und Geometrie, in einem Toleranzbereich von einigen Zehnteln bis hin zu einigen mm liegen. Auf die Applikation angepasste und richtig ausgewählte TIM-Materialien, leiten die Wärme definitiv besser und egalisieren die genannten Luftpolster.
Der thermische Kontaktwiderstand zwischen zwei Oberflächen ist dagegen abhängig von der Kontaktfläche, der Materialausdehnungen, der Oberflächenrauigkeit und -ebenheit, der Anpassungsfähigkeit des Wärmeleitmaterials und dem aufgewendetem Anpressdruck. Bei den meisten Wärmeleitmaterialien handelt es sich um Verbundwerkstoffe auf Polymerbasis und enthalten zusätzliche wärmeleitende Feststoffe, auch als Füllstoffpartikeln bezeichnet, wie zum Beispiel Aluminiumoxid und -nitrid, Bornitrid, Magnesiumoxid oder auch metallische Füllstoffe.
Was bietet der Markt
Wärmeleitmaterialien sind in den verschiedenartigsten Ausprägungen auf dem Markt erhältlich sowie in deren technischen Eigenschaften sehr variierend. Das Angebotsspektrum aus dem Hause Fischer Elektronik beinhaltet Wärmeleitpasten und -kleber, silikonhaltige und -freie Elastomere, Schaum- und GEL-Folien, Grafit- und Aluminiumfolien, Phasen veränderndes Wärmeleitmaterial, einseitig- und doppelseitig klebende Wärmeleitfolien, Kapton- und Glimmerscheiben sowie Aluminiumoxydmaterialien. Aufgrund der Produktvielfalt ist es sicherlich für den Anwender nicht immer ganz einfach ein passendes Wärmeleitmaterial auszuwählen. Für einen ersten Näherungsschritt ist es empfohlen, sich zunächst die Kontaktpaarung genauer anzuschauen, mit dem Ziel, das zu überbrückende Spaltmaß zwischen den beiden Komponenten zu ermitteln.
Somit erhält der Anwender eine grobe Aussage über die Dicke des Wärmeleitmaterials und kann anhand dessen die unterschiedlichen Wärmeleitmaterialien eingrenzen. Das Wärmeleitmaterial sollte stets in der Dicke passgenau und nicht zu dick ausgewählt werden. Oftmals ist der Gedanke das Material dicker auszulegen, um gleichzeitig eine gewisse „Reserve“ einzurechnen, was allerdings direkt den Wärmewiderstand negativ beeinflusst. Je dicker das Material, desto länger braucht die Wärme durch das TIM. Weitere geforderte Randbedingungen der Applikation, wie zum Beispiel die Wärmeleitfähigkeit, die Durchschlagsfestigkeit, der Temperaturbereich, die Härte oder auch die Dehnbarkeit des Materials, gilt es in einem zweiten Schritt zu überprüfen.
Welches TIM für welches Spaltmaß
Wirklich plan ebene Flächen, ohne jegliche mechanische Nachbearbeitung, trifft der Anwender in der Praxis selten bis gar nicht an. Oftmals werden Halbleitermontageflächen auf Kühlkörpern durch eine CNC-Bearbeitung exakt plan gefräst, weshalb sich Wärmeleitpasten als TIM-Material sehr gut eignen. Diese dienen dazu, lediglich die durch das Fräsen entstandenen Rautiefen auszugleichen beziehungsweise aufzufüllen. Silikonhaltige oder -freie Ausführungen an Wärmeleitpasten sind prädestiniert für die Erzeugung von dünnen Schichten zwischen der Kontaktpaarung mit kleinen Spaltmaßen. Aufgrund der Zusammensetzung von Wärmeleitpasten und deren Pump Out Eigenschaften, eignen sich diese grundsätzlich nicht zum Ausgleich von größeren Spaltmaßen. Getreu dem Motto, weniger ist mehr, sind maximale Schichtstärken von 50 µm ausreichend, um die Rauheit einer guten Frässtruktur auszugleichen.
Das fachgerechte Aufbringen von Wärmeleitpaste gestaltet sich meistens als Herausforderung, zumal wenn keine Hilfsmittel, wie automatische Dispenser, zur Verfügung stehen. Sogenannte PCM-Materialien (Phase-Change-Material) leisten bei etlichen Anwendungen Abhilfe. PCM-Materialien werden aus Plattenware in fester Form angeboten und lassen sich in beliebigen Konturen zuschneiden. Die Handhabung, das Aufbringen der PCM ist einfach und sauber. Alle PCM-Materialien besitzen eine Phasenänderungstemperatur (in etwa 48 °C bis 52 °C) bei der sich deren Konsistenz von fest in weich verändert und somit oberhalb dieser Temperatur in alle Zwischenräume der beaufschlagten Bauteile und Kühlkörper fließt.
Vergrößert sich das Spaltmaß zwischen der Kontaktpaarung in einem Bereich angefangen von in etwa 0,1 mm bis 0,4 mm, so kommen wärmeleitfähige Silikonfolien ins Spiel. Natürlich sind die silikonhaltigen Ausführungen, je nach Anwendung und Anforderung, auch als silikonfreie Varianten verfügbar. Silikonhaltige als auch silikonfreie Wärmeleitfolien werden in Puncto Bauteilkontaktierung in vielzähligen Applikationen eingesetzt und liefern darüber hinaus neben einer sehr guten technischen Performance, ein optimales Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Verarbeitbarkeit. Die Wärmeleitfolien in den genannten Materialstärken, egal ob silikonhaltig oder silikonfrei, sind sehr weich und elastisch, besitzen daher gute Oberflächeneigenschaften zur Kompensation von Unebenheiten und mechanischen Toleranzen. Unterschiedliche Lieferformen, wie als Platten-, Rollen-, Kappen- und Schlauchmaterial, bieten dem Anwender verschiedenartige Einsatzmöglichkeiten. Ebenso sind die verschiedenartigen Wärmeleitfolien zusätzlich mit einer Glasfaserverstärkung oder einer Haftbeschichtung zwecks Montageerleichterung ausgestattet. Weitere technische Parameter, wie ein hoher Temperaturbereich, eine hohe elektrische Durchschlagsfestigkeit, eine gute chemische Stabilität sowie einer hohen Alterungsbeständigkeit, liefern dem Anwender zusätzliche positive Eigenschaften.
Möchte der Anwender zum Beispiel einen Kühlkörper auf der Leiterkarte mit mehreren darauf verbauten Bauteilen kontaktieren, so stellt sich oftmals das Problem der unterschiedlichen Bauteilhöhen. Für zu überbrückende Differenzen in einem Bereich von 0,5 bis 5 mm, sind die sogenannten kompressionsfähigen GAP-Filler Materialien sehr gut und effizient einzusetzen. Diese silikonhaltigen oder -freien Elastomere dienen grundsätzlich nur zum Ausgleich von größeren Bauteildifferenzen und sind je nach Härtegrad, bis zur Hälfte der Materialstärke komprimierbar.
Die so bezeichneten GEL-Wärmeleitfolien aus dem Hause Fischer Elektronik benötigen zwecks Kompression einen gewissen Anpressdruck, damit sich das Material wie in Bild 4 dargestellt, sämtliche Bauteile auf der Leiterkarte einbettet und somit kontaktiert. Der angesprochene Anpressdruck muss allerdings so gewählt werden, dass eine optimale Komprimierung des Materials erreicht und langfristig im gesamten Toleranzbereich der Applikation eine thermische Kontaktierung gewährleistet wird. Andererseits darf der aufgebrachte Druck nur so hoch sein, dass eine Beschädigung der Leiterplatte, der Lötverbindungen oder sogar der Bauteile ausgeschlossen wird. Das richtige Verhältnis zwischen auszugleichender Toleranz, dem aufgebrachtem Druck und der damit verbundenen Kompression sowie der eingesetzten Materialdicke, liefern optimalerweise kleinste Wärmeübergangswiderstände.