Zukünftige Lautsprecher könnten nicht nur dünn wie Papier sein, sondern es auch eindrucksvoll zum Klingen bringen. Dieses Ziel verfolgen Forscher am Institut für Print- und Medientechnik der TU Chemnitz. Bereits 2015 wurde hier das mehrfach ausgezeichnete „T-Book“ entwickelt, ein großformatiger Bildband, der beim Umblättern durch in das Papier integrierte Lautsprecher zu tönen beginnt.
„Das T-Book war und ist ein Meilenstein in der Entwicklung gedruckter Elektronik, doch die Entwicklung geht kontinuierlich weiter“, sagt Prof. Dr. Arved C. Hübler, der diesen Technologietrend seit mehr als 20 Jahren vorantreibt. Denn jetzt ist es möglich, von der aufwendigen Einzelbogenfertigung zum automatisierten Rolle-zu-Rolle-Druck überzugehen.
Hin zur Massenproduktion
Die Papierlautsprecher aus Chemnitz wurden vor fünf Jahren noch in einer halbautomatischen Einzelbogenfertigung hergestellt. Dabei werden gewöhnliches Papier oder Folien mit zwei Schichten eines leitfähigen organischen Polymers als Elektroden bedruckt. Dazwischen kommt eine piezoelektrische Schicht als aktives Element, was das Papier oder die Folie in Schwingungen versetzt. Durch die Luftverdrängung wird dann Sound erzeugt.
Die beiden Seiten des neuartigen Lautsprechers lassen sich farbig bedrucken – eben wie normales Papier. Da das aber nur in einzelnen Bögen und begrenzten Formaten möglich war, fiel das Herstellungsverfahren relativ langsam und ineffizient aus. Deshalb suchten die Forscher seit Mai 2017 einen neuen Weg, hin zur kostengünstigen Massenproduktion.
Ziel ihres jüngsten Projektes „Rollengedrucktes Lautsprecherpapier“ (kurz: „T-Paper“) war es, die Bogenherstellung in eine Rollenfertigung zu überführen. „Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen Printmedientechnik, Chemie, Physik, Akustik, Elektrotechnik und Wirtschaft, die aus sechs Nationen stammen, entwickelten eine kontinuierliche, hochproduktive und sichere Rollenproduktion von Lautsprecherbahnen“, berichtet Projektleiter Georg C. Schmidt. Man habe dafür nicht nur das Rolle-zu-Rolle-Druckverfahren genutzt, sondern auch für weitere Prozessschritte Inline-Technologien entwickelt, etwa die Laminierung funktionaler Schichten. „So kann Elektronik in das Papier eingebettet werden – unsichtbar und geschützt“, ergänzt Hübler.
Zudem sei erstmalig eine Inline-Polarisation der piezoelektrischen Polymerschichten gelungen und eine komplette Inline-Prozessüberwachung der gedruckten Funktionsschichten möglich.
Lautsprecherbahnen für Museen, Messen und Industrie 4.0
Das Potenzial des Lautsprecherpapiers wurde im T-Paper-Projekt auf weitere Anwendungsbereiche ausgeweitet. So können nun meterlange Lautsprecher-Installationen in Bahnform oder als Kreis („T-Ring“) gefertigt werden.
„Bei unserem T-Ring-Prototyp wurden eine knapp 4 m lange Bahn mit 56 Einzellautsprechern zu sieben Segmenten verbunden und zum Kreis geformt, was eine 360-Grad-Surround-Sound-Installation möglich macht“, sagt Schmidt. Die Lautsprecherbahn inklusive gedruckter Verschaltung wiegt nur 150 g und besteht zu 90 Prozent aus konventionellem Papier, das beidseitig farbig bedruckt werden kann. „So sind nun günstige Infotainment-Lösungen etwa in Museen, auf Messen und in der Werbebranche möglich. In öffentlichen Gebäuden ist beispielsweise eine sehr homogene Beschallung langer Strecken wie Korridoren möglich.“
Aber auch die Prozesstechnik selbst könnte laut Schmidt für manche Bereiche interessant werden. Als Beispiel nennt der Forscher etwa die Fertigung von Inline-Messsystemen für die Industrie 4.0.
Das Projekt „T-Paper“ wurde im Rahmen der Fördermaßnahme „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung – VIP+“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung von 2017 bis 2020 mit 1,37 Millionen Euro gefördert.