Ansgar Hinz war mit diesem Beitrag im E&E-Kompendium 2019/2020 als einer von 100 Machern der Elektronikwelt vertreten.
Was unsere Branche auf dem Weg in eine „all electric world“ die nächste Zeit prägt? Aufwachen und Ärmel hochzukrempeln! Denn Duschen ohne nass werden geht nicht! Das Stimmungsbild der Industrie und Hochschulen zum Thema KI und Industrie ist düster.
Deutschland liegt im internationalen Wettbewerb zurück
Nach einer Umfrage des VDE stufen 56 Prozent den Innovationsstand Deutschlands bei KI als mittelmäßig ein. Es führen die USA, China und Japan. Deutschland bildet mit Europa das Schlusslicht. Das überrascht nicht: 60 Prozent aller weltweiten Patentanmeldungen in KI kommen aus den USA, dicht gefolgt von China und Südkorea.
Auch in der industriellen Produktions- und Automatisierungstechnik, einer der tragenden Säulen der aktuellen Erfolgsgeschichte Deutschlands, schneiden wir schlecht ab. Nur zwei Prozent erwarten die Implementierung industrieller KI in Deutschland bis 2020, 39 Prozent bis 2025. Zum Vergleich: 15 Prozent erwarten dies in China bis 2020 und 61 Prozent bis 2025. Das ist weit entfernt von einer global führenden Nation.
@Politik: Wo ist die Zukunftsvision Deutschland? @Industrie: Wo ist der Masterplan Industriestandort Deutschland? @Gesellschaft: Wo sind die Betroffenheit und das Bewusstsein, dass das Schlaraffenland Deutschland keine automatische Garantie auf Zukunft gepachtet hat? Und noch mal @Alle: Duschen ohne nass werden geht nicht!
Informatik strategisch in den Bildungsplan einbinden
Die Konkurrenz in den USA und Asien investiert Milliarden in Forschung und Bildung. Bereits in den Kindergärten wird die nächste Generation mit „Freund Roboter“ vertraut gemacht und schon im Kindesalter Begeisterung geweckt. Man investiert in die Zukunft einer Nation – die Jugend.
Wir jedoch kämpfen um jeden Schüler, um jede Schülerin für ein Studium der Elektro- und Informationstechnik. Eine moderne Informatik ist immer noch kein Pflichtfach an den Schulen, von Zukunftstechnologien ganz zu schweigen. Zeitgemäße Didaktik, Lehrpläne oder neue pädagogisch-methodische Angebote – Fehlanzeige. Stattdessen werden alle Schulen ziellos mit WLAN, Tablets und Smart Boards ausgestattet, um so Deutschland angeblich „fit in der Digitalisierung“ zu machen.
Sieht das nach Strategie aus? Hat da jemand mal einen Realitätscheck gemacht? Deutschland hat die Dimensionen jahrelang nicht erkannt, sich auf seinem Wohlstand und Status quo ausgeruht und die Entwicklung verschlafen. Die, die es rechtzeitig erkannt haben, haben ihre Unternehmensstandorte strategisch schon vor Jahren globalisiert, um heute und in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. Der VDE tut dies übrigens auch.
Raus aus der Lethargie
Die Selbsteinschätzung vieler unserer Unternehmen und Hochschulen ist eine fundamentale Fehleinschätzung und ein Risiko für den Standort D. Wir müssen raus aus der Lethargie und uns auf das konzentrieren, was wir beherrschen: die Verknüpfung unseres industriellen Prozess- und Automatisierungs-Know-hows mit einem modernen KI-Methodenbaukasten. Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik müssen zusammenrücken.
„Made in Germany“ verblasst – „German Engineering“ ist noch stark; nutzen wir dieses Mal unsere Chance, überwinden Gräben, ziehen alle an einem Strang, vernetzen unser Know-how querschnittlich und partizipativ und fokussieren uns auf ein gemeinsames Ziel. Unsere einzige Chance im internationalen Wettbewerb: Krempeln wir die Ärmel hoch und packen es gemeinsam an!