Abwärme aus Industrie- und Verbrennungsprozessen bietet riesige energetische Potenziale, welche mit der ORC-Technik (Organic Rankine Cycle) einfach und sicher nutzbar gemacht werden können. Besonders die Unabhängigkeit der ORC-Technologie von der Art der Wärmequelle bietet unzählige Anwendungsmöglichkeiten. Sobald eine Mindestmenge auf einem verwertbaren Temperatur-Niveau zur Verfügung steht und auch wirtschaftlich sinnvoll „eingesammelt“ werden kann, bietet sich ORC als Wärmenutzung an. So wurde zum Beispiel für Biogasmotoren im EEG 2012 eine zwangsweise 60-prozentige Nutzung der produzierten Abwärme vorgeschrieben.
Es ist in der Praxis nicht immer leicht, diese gesetzliche Vorschrift wirtschaftlich umzusetzen. So stand ein landwirtschaftliches Unternehmen in Thüringen vor einem Problem. Die internen Wärmenutzer waren bereits aus einem Blockheizkraftwerk (BHKW) unter dem EEG 2009 ausreichend versorgt. Die neuen Fermenter werden nur mit pauschalen 25 Prozent als Wärmenutzer anerkannt. Eine Wärmeleitung ins nächste Dorf ist unwirtschaftlich; Trocknungsprozesse ohne KWK-Bonus (Kraft-Wärme-Kopplung) sind nur schwer wirtschaftlich darzustellen. Nach der Prüfung aller nach Positivliste zugelassenen Produkte entschieden sich die Betreiber für eine ORC-Anlage, um ihre Abwärme gesetzeskonform zu nutzen.
Was ist nun dieses viel diskutierte ORC-Verfahren? Es ist eine Adaption des weltweit millionenfach genutzten Wasserdampfprozesses. Nur werden bei diesem Verfahren organische Arbeitsmedien anstatt Wasser verwendet. Diese Arbeitsmittel erlauben es, ähnlich effiziente Prozesse zu betreiben, jedoch bei geringeren Temperaturen und Drücken. ORC im Megawatt-Maßstab wird seit Jahrzehnten in der Geothermie oder Biomassenutzung angewendet.
Spezielle Turbine verschiebt Effizienzgrenzen
In der Vergangenheit wurde die 1-MW-Grenze als untere Grenze der wirtschaftlich betreibbaren ORC-Technologie angesehen. Im Jahr 2006 wurde von der Firma Köhler und Ziegler Anlagentechnik das erste ORC unter 1 MW thermischer Leistungsaufnahme in Bayern in Betrieb genommen. Basierend auf der noch ineffizienteren Schraubenexpander-Technologie wurde bis heute – auch über die Umfirmierung zu Bosch KWK Systeme hinaus – die Technologie konsequent verbessert und weiter entwickelt. So wurde in den vergangenen sieben Jahren der elektrische Wirkungsgrad um mehr als 50 Prozent gesteigert. Dazu beigetragen hat eine hocheffiziente magnetgelagerte Turbine, welche einen Einsatz der ORC-Anlagen mit einer höheren Effizienz erlaubt.
Was bedeutet der Einsatz der Bosch-ORC-Anlage für den Landwirt aus Thüringen? Zum einen wurde anstatt des Abgaswärmeübertragers ein speziell abgestimmter Heißwassererzeuger mit einer Bypasslösung in den Abgasstrom des BHKW eingebaut. Zum zweiten wurde eine Verbindung zwischen dem ORC und dem Heizkreisverteiler des BHKW erstellt. Damit wurde es möglich, 100 Prozent der Abgaswärme und bis zu 40 Prozent der Kühlwasserwärme in den ORC zu fahren. Mit einer elektrischen Effizienz von zwölf Prozent wandelt der ORC diese thermische Energie in elektrischen Strom. In Summe sind das rund 90 kWel, die der Landwirt zusätzlich zu seinem BHKW-Strom vermarkten kann. Dies entspricht im Jahr dem Durchschnittsverbrauch von rund 200 Haushalten à vier Personen. Und dass „nur“ durch die Nutzung der ansonsten ungenutzten Abwärme des Biogasmotors.
Abfall- oder Wertwärme?
Der Begriff Abfallwärme sollte der Vergangenheit angehören. Wertwärme wäre hier durchaus besser geeignet. Denn durch den Einsatz der ORC-Technologie wird der ehemalige Abfallstoff Wärme zum Wertstoff der unkompliziert in elektrische Energie umgewandelt werden kann. Der größte Vorteil der ORC-Technologie liegt jedoch in ihrem einfachen Betrieb. Da die wesentlichen Komponenten der Bosch-ORC-Anlagen der Kältetechnik entstammen, sind diese in großen Stückzahlen und mit ausreichend Betriebserfahrung verfügbar. Da der ORC-Kreislauf als solches hermetisch abgedichtet ist und alle Komponenten aufeinander abgestimmt wurden, fallen außer den vertraglich geregelten Wartungskosten keinerlei Betriebs- oder Personalkosten an. Die Anlagen werden als voll automatische Containeraggregate geliefert, aufgebaut, eingebunden und in Betrieb genommen.
Aber auch die ORC-Technologie wird nicht zum Zuge kommen, wenn nicht die Maßgaben der Wirtschaftlichkeit erfüllt werden. Je nach Vergütungsmodell des EEG refinanzieren sich ORC-Anlagen innerhalb von drei bis sechs Jahren. All diese Vorteile können ohne einen Mehreinsatz an Primärbrennstoff erreicht werden. Im gesamten Prozess heißt das für den Landwirt, dass seine Inputstoffe gegenüber früher um bis zu 15 Prozent besser genutzt werden und er erzeugt um bis zu zehn Prozent mehr an elektrischer Energie aus dem gleichen Inputmaterial. Die ORC-Anlagen der Bosch KWK Systeme erfüllen alle Anforderungen der Energieversorger hinsichtlich Flex-Markt, Mittelspannungs-Einspeisung und dynamischer Netzstützung.
ORC-Technik für die Industrie
Der weitaus größte Markt der ORC-Technik, ist jedoch in der Industrie zu finden. Hier fällt sehr viel ungenutzte Abwärme an. So sind nach der Ausschöpfung der möglichen Wärmeverwertungen oft noch ungenutzte Abwärmepotenziale im MW-Bereich vorhanden. Die unzähligen Abwärmequellen aus den vielfältigsten Prozessen bieten die Möglichkeit, durch die Nutzung mittels ORC einen wichtigen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Denn jede aus Abwärme erzeugte Kilowattstunde Strom muss nicht durch fossile Energieträger erzeugt werden. Damit steigt die Effizienz der Nutzung der ohnehin eingesetzten Energieträger um bis zu 15 Prozent.
Da künftig die Eigennutzung des erzeugten Stroms weiter in den Mittelpunkt rücken dürfte, benötigt der ORC keine zusätzlichen Leitungskapazitäten. In der Industrie geht die Höhe der Ab(wert)wärmeproduktion einher mit dem Bedarf an elektrischer Energie, so wird der erzeugte ORC-Strom in der Regel gleich wieder vor Ort verbraucht. Somit findet keine weitere Belastung der Netze statt. Auch sind aufwendige Speicherverfahren nicht erforderlich. Denn Strom wird sicher und effizient aus Abwärme dann vor Ort produziert, wenn er benötigt wird.