Power & Leistungselektronik Ärger mit der Stromversorgung vermeiden

26.03.2013

Sebastian Thies, Produktmanager Stromversorgungen bei Elektrosil, im Gespräch über Herausforderungen beim Design-in von Stromversorgungen.

Was sind die häufigsten Fehler bei der Planung und Integration von Stromversorgungen?

Der Hauptfehler liegt meistens darin, dass sich im Zuge des Gerätedesigns viel zu spät mit der Dimensionierung der Stromversorgung auseinandergesetzt wird. Darunter fallen zum Beispiel das Betrachten und Einhalten der Vorschriften und Normen sowie im Hardware-Bereich die mögliche Größe, Lage und Kühlung, die zu spät berücksichtig werden. Dadurch kommt es später oft zu Problemen, wenn man plötzlich doch mehr Platz benötigt oder einen zusätzlichen Kühler berücksichtigen muss.

Daraus ergibt sich natürlich dann umgekehrt die Frage: Was muss man bei der Auswahl einer Stromversorgung grundsätzlich bedenken?

Grundsätzlich muss vorab geklärt werden, unter welcher Norm das Endgerät beziehungsweise die Stromversorgung eingeordnet werden soll. Das muss der Kunde immer selber bestimmen: Bewegt er sich beispielsweise im Haushaltsgeräte- oder im ITE-Bereich. Dann muss die Schutzklasse festgelegt werden: mit oder ohne Schutzleiter. Oft nutzen die Kunden den Schutzleiter als Funktionserde, das bedeutet, dass eventuelle Störstrahlungen über den Schutzleiter abgeleitet werden können. Da muss man dann eben ein Klasse-1-Gerät verwenden. Natürlich ist es wichtig, die elektronischen Eigenschaften festzulegen: Wo sind die Belastungsgrenzen? Werden Peak-Leistungen benötigt? Welcher maximale Ripple ist zulässig beziehungsweise muss eingehalten werden? Welche Ableitströme müssen beachtet werden? Das ist speziell für medizinische Geräte wichtig. Dann ist immer noch die Frage, welche kurzzeitigen Unterbrechungen das Gerät überbrücken können muss. Das ist die so genannte Hold-up time, wenn das Netz mal einen kurzzeitigen Aussetzer hat. Dabei kommt es auf die Dimensionierung der Kondensatoren an.

Stromversorgungen gibt es in den unterschiedlichsten Leistungsklassen. Wie findet man die passende Lösung für seine Anwendung?

Vorab muss man erst einmal festgelegen, ob man die Versorgung intern oder extern vornehmen will. Bezüglich der Leistungsgröße muss man sich im Klaren sein, dass im externen Bereich die aktuelle Leistungsgrenze für Tischnetzteile bei ca. 250 Watt liegt. Benötigt man mehr Leistung, muss man zwangsläufig auf ein internes Netzteil zurückgreifen, weil wir da in der Leistungsgröße deutlich höher liegen. Wichtig ist dabei auch wieder, nach welchen Normen das Endgerät zugelassen werden soll. Bei externen Netzteilen entfallen gewisse Zulassungsschritte, weil es schon nach bestimmten Normen geprüft ist. Bei einem intern verbauten Netzteil muss umfangreicher geprüft werden. Dann kommt es auch noch auf die Lüftung an: Kann das Netzteil konvektionsgekühlt sein oder muss man einen Lüfter verwenden? Man sollte immer versuchen, auf Lüfter zu verzichten, weil das die schwächste Komponente bei einem Netzteil ist. Der Lüfter die anfälligste Komponente, die ausfallen kann - und dann funktioniert das Netzteil nach kurzer Zeit auch nicht mehr.

Das Wärmemanagement spielt in vielen Anwendungen eine immer größere Rolle. Was ist hier im Bezug auf die Stromversorgung neben der Kühlung noch zu beachten?

Man sollte immer ein Netzteil mit möglichst gutem Wirkungsgrad verwenden. Derzeit erreichen wir mit den Netzteilen schon einen Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent, das wird in Zukunft immer weiter steigen. Parallel muss man testen, ob man ein leistungsstärkeres Netzteil verwenden kann, was man dann im Teillastbereich verwendet. Der Vorteil besteht darin, dass die einzelnen Komponenten weniger belastet werden. Dadurch entsteht eine geringere Wärmeentwicklung und die Lebensdauer steigt. Je heißer ein Netzteil wird, desto geringer ist dann auch die Lebensdauer. Man muss prüfen, ob das Gehäuse des Endgeräts als Abstrahlungsfläche mit genutzt werden kann. Dabei sollte man versuchen, die Erwärmung des Gehäuses möglichst homogen zu lösen um Hot Spots zu vermeiden. Daher muss man bei der Anordnung von Baugruppen darauf achten, nicht alle Baugruppen, die sehr heiß werden, in einer Ecke zu platzieren.

Sie haben das Thema Effizienz schon angesprochen: Da werden die Anforderungen an die Geräte immer höher. Wie kommt man zur effizientesten Stromversorgung?

Beim Design eines Netzteils muss stets darauf geachtet werden, den neuesten Stand der Mikrocontroller-Technologie zu beachten sowie optimierte Übertrager und Leistungselektronik einzusetzen. Dadurch erreichen wir jetzt mittlerweile auch einen Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent in den Netzteilen, was vor einigen Jahren noch nahezu unmöglich war beziehungsweise sehr kostenintensiv.

Sind die effizientesten Stromversorgungen auch die teuersten?

Das ist schwierig zu sagen. Ich würde schon sagen, dass es damit reinspielt, weil hochwertige Komponenten verwendet werden und dadurch meistens auch der Preis steigt. Aber da die Produzenten der Einzelkomponenten immer weiter an neuen Entwicklungen arbeiten, reduziert sich natürlich auch der Preis. In Zukunft wird der Preis sinken und der Wirkungsgrad wird immer weitersteigen- im besten Fall natürlich auf 100 Prozent, aber dass kann man nicht erreichen.Es ist technisch unmöglich.

Sie haben ja schon angedeutet, dass für einige Märkte und Anwendungen besondere Zulassungen notwendig sind. Worauf muss man hier als Entwickler achten?

Man muss sich immer die Frage stellen, für welchen Markt man das Gerät zulassen möchte, also zum Beispiel für den Haushaltsgeräte- oder den Medizinbereich. Dann muss geprüft werden, welche Norm in dem Bereich gilt. Für die Medizintechnik gelten beispielsweise andere Ableitströme als für den ITE-Bereich. Kriech- und Luftstrecken müssen eingehalten werden. Hier muss man eben auch beim Gehäusedesign darauf achten, die korrekten Abstände einzuhalten, speziell im Medizinbereich. Da sind wir dann wieder beim Gehäuse, beim Platzbedarf des Netzteils. Das spielt da alles mit rein. Des Weiteren muss man sich im Klaren darüber sein, in welchen Ländern das Endgerät eingesetzt werden soll im Hinblick auf die dortige Netzspannungshöhe und Netzqualität. Gegebenenfalls ist es notwendig, zusätzliche Schutzfunktionen gegen Netzüberspannung oder zusätzliche Puffer-Kondensatoren gegen Spannungseinbrüche vorzusehen. Spannungseinbrüche sind noch nicht so schlimm, aber bei Netzüberspannung - was gut und gerne mal passiert - kann der Eingangsbereich des Netzteils zerstört werden.

Wann sollte man sich für eine interne Stromversorgung entscheiden, wann ist eine externe Lösung sinnvoller?

Das habe ich zum Teil ja schon angesprochen. Als grober Richtwert gilt: Benötige ich mehr als 250 W, muss ich zu einer internen Lösung greifen. Ist überhaupt der Platz für eine interne Lösung vorhanden? Ist es eventuell vorteilhaft für die spätere Zulassungsprüfung, ein geprüftes externes Netzteil zu verwenden? Spart man sich da vielleicht einige Zulassungsschritte? Den Service-Fall muss man auch betrachten: Im Falle eines Defekts lässt sich ein externes Netzteil natürlich deutlich leichter austauschen. Ein externes Netzteil schickt man dem Kunden einfach zu, bei einem internen Netzteil muss das ganze Gerät zum Service geschickt werden. In was für einer Umgebung soll das Gerät betrieben werden? Gibt es Dreck, Feuchtigkeit, wie sind die Temperaturen? Muss eventuell eine zusätzliche Heizung vorgesehen werden, was im Automatenbereich oft vorkommt. Wenn wir uns bei sehr niedrigen Temperaturen bewegen und der Automat draußen steht, muss man unter Umständen den ganzen Automaten heizen, weil die Netzteile meistens erst ab einem Temperaturbereich von -20 °C arbeiten.

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