Auf der grünen Wiese baut es sich nicht immer sorgenfrei, aber es besteht doch ein entscheidender Vorteil: Anforderungen können frühzeitig in den neuen Strukturen berücksichtigt werden. Das gilt auch für die Instandhaltung.
Wer heute eine moderne Produktionsanlage oder ein Logistikzentrum plant, kann Maschinen und Anlagen mit intelligenter Sensorik ausstatten, um später gezielt die Zustandsdaten einzelner Geräte oder Bereiche abzufragen. Inspektionen aus der Ferne durchführen, Wartungen effizient terminieren – schnellen Feldbusnetzen und Industrial Ethernet sei Dank.
Was aber, wenn die Systemarchitektur aus einem vergangenen Jahrzehnt stammt? In der Praxis ist das der Regelfall, mit all den Herausforderungen für das technische Personal. Auf dem Weg zur intelligenten Zustandsüberwachung (englisch: Condition Monitoring) innerhalb einer bestehenden Anlage stoßen Instandhalter aber auf viele Hindernisse: Wie soll die Nachrüstung ohne einen Eingriff in laufende Prozesse und ohne Unterbrechung gelingen? Muss die Steuerung angepasst werden? Und wie gelange ich an Informationen von schwer erreichbaren Maschinen?
Motorüberwachung als Retrofit
Hier kommen maßgeschneiderte Stand-alone-Lösungen ins Spiel, vom einfachen lokalen Monitoring bis hin zu drahtloser Kommunikation und dem Transfer in Cloud-Umgebungen. Die Idee: Unternehmen können nachträglich mühelos Geräte hinzufügen, über die sie Maschinenwerte innerhalb eines unabhängigen Systems kontrollieren.
Zustandsdaten lassen sich anschließend auf Wunsch immer noch in die eigene Automatisierungswelt überführen, aber grundsätzlich bleibt die bestehende Architektur getrennt vom Betrieb der Condition-Monitoring-Erweiterung. Ein verbreiteter Anwendungsfall ist die Überwachung von Motoren. Sie treiben Pumpen, Kompressoren oder Abluftventilatoren an, sind oftmals im lärmintensiven Dauerbetrieb und für die Instandhaltung bisweilen schwierig zu erreichen.
Ob ein Maschinenausfall droht, vermag eine turnusmäßige Inspektion durch Mitarbeiter nicht mit hoher Sicherheit auszuschließen; zudem sind Vor-Ort-Kontrollen meist umständlich. Nicht nur zuverlässiger, sondern auch wirtschaftlicher ist daher eine Überwachung durch Messgeräte. Sie können dazu drei verschiedene Werte erfassen: Vibration, Temperatur und Strom.
Vibration und Temperatur
Unregelmäßigkeiten in einem Motor kündigen sich teilweise schon mehrere Monate vor dem Ausfall an. Eine dejustierte Welle, ein klemmendes Lager oder Unwucht in einem Anbauteil verursachen Frequenzänderungen in der Schwingung. Um diese zu erfassen, können Instandhalter direkt am Motorblock den Vibrations- und Temperatursensor QM42 anbringen. Der kompakte Sensor mit IP67-Schutzart wird einfach und sicher per Magnet montiert.
Er basiert auf einem Micro-Electro-Mechanical System (MEMS) und liefert dadurch in zwei Dimensionen hochpräzise Geschwindigkeits- und Beschleunigungsdaten. Zusätzlich gibt der QM42 einen Temperaturwert aus, registriert also im Bereich von -40 bis 105 °C, ob der Motor womöglich erhitzt ist, und erlaubt so die Beobachtung von Trends der Temperaturentwicklung.
Aufschlussreich ist in dem Zusammenhang auch der benötigte Strom des Motors. Liegt zum Beispiel ein Lagerschaden vor oder ist die Schmierung nicht korrekt, ändert sich der mechanische Widerstand, da der Motor die vorgegebene Drehzahl erreichen muss und dabei mehr Strom verbraucht. Zur Überwachung eignet sich ein Messtransformator.
Datentransfer im Wireless-Netz
Diese Messwerte können auf unterschiedliche Art genutzt und sowohl kabelgebunden als auch drahtlos übertragen werden. In manch einer Maschinenhalle erfüllt vielleicht schon ein dezentrales Alarmsystem die Anforderungen, etwa bestehend aus dem QM42VT2-Sensor und Turcks kompaktem I/O-Modul TBEN-S2-2COM.
Dank der integrierten Intelligenz durch die Argee-Programmierumgebung übernimmt das Feldbusmodul bei Bedarf SPS-Funktionen und übermittelt beispielsweise die Information eines überschrittenen Schwellwerts direkt an eine Signalleuchte. Alternativ lässt sich das TBEN-Modul aber auch mit einem HMI-Bediengerät verbinden.
Noch mehr Flexibilität schafft eine Wireless-Übertragung innerhalb des proprietären DX80-Funksystems von Banner. Dazu wird ein Gerät wie der Vibrations- und Temperatursensor QM42VT1 seriell mit einem Sendemodul (Knoten) verbunden, das die Daten zu einem Empfänger (Gateway) schickt.
Um parallel auch Veränderungen im Stromverbrauch festzustellen, können Anwender auf einen speziellen DX80-Knoten zurückgreifen, der einen weiteren Eingang für die Signale eines Messwandlers bietet. Falls gewünscht, arbeiten die Funkknoten batteriebetrieben, es muss also keine zusätzliche Energiezufuhr gelegt werden. Der Verdrahtungsaufwand wird damit erheblich reduziert. Hinzu kommt die Möglichkeit, das Monitoring am jeweils idealen Ort vorzunehmen.
Ein solcher Ort kann zum Beispiel ein zentraler Schaltraum sein. Dort lassen sich das Wireless-Gateway und Turcks HMI TX700 koppeln, um über die VisuPro-Software die Zustandsdaten von mehreren Maschinen anzuzeigen, Log-Daten zu extrahieren oder Alarme zu konfigurieren.
Im HMI muss die Datenübertragung aber noch kein Ende finden, per Ethernet-Anbindung eröffnen sich weitere Ziele: der Internetbrowser zur Visualisierung in der WebVisu oder zum Versand von automatischen E-Mail-Benachrichtigungen, und außerdem die firmeneigene Automatisierungswelt (SPS, HMI etc.).
Zugriff von überall
Condition Monitoring beschränkt sich allerdings nicht auf physische Anzeigen und Signalgeber in der Anlage. Anstelle des HMI kann das Cloud Gateway TCG20 die Daten des DX80-Empfangsmoduls weiterverarbeiten. Über das Mobilfunknetz oder via WLAN gelangen die Maschinenwerte auf diese Weise in die Turck Cloud, wahlweise auch als Private Cloud im eigenen Rechenzentrum.
Genauso unterstützt das TCG20 aber auch die Anbindung in weitere Cloud-Umgebungen. Vorteil: Informationen können Tag und Nacht auf jedem verbundenen Endgerät, wie Smartphones oder Tablets, abgerufen und mit Alerts über SMS oder E-Mail verknüpft werden. Dazu hat die Instandhaltung Zugriff auf ein Cloud- Portal, das ein individuell einstellbares Dashboard umfasst.
Zwei Probleme gelöst
Mit seinen Condition-Monitoring-Lösungen reagiert Turck auf zwei häufige Probleme in der Instandhaltung. Zustandswerte von Maschinen sind oft erst gar nicht bekannt, oder aber sie erreichen im entscheidenden Moment nicht die richtigen Empfänger
Für beide Szenarien steht nun eine gefüllte Toolbox bereit – vom robusten Sensor im Maschinenumfeld bis zur Visualisierung auf dem Smartphone. Die Motorüberwachung verdeutlicht exemplarisch: Speziell in Bestandsanlagen bedarf es keiner aufwendigen Anpassung. Unternehmen können Condition Monitoring einfach nachrüsten und ihr zusätzliches Kontrollsystem autark aufbauen.