Embedded & Mikroprozessoren Auf der richtigen Spur

01.07.2013

Die Entwicklung der Automatisierungstechnik im Schienenverkehr hat in den letzten zehn Jahren neue Einsatzgebiete für Embedded Computer geschaffen. Um dem Fortschritt entsprechen zu können, müssen sie zahlreiche Anforderungen erfüllen. Heutzutage fährt kein Zug mehr ohne Automatisierungstechnik, aber der genaue Umfang ist von System zu System verschieden.

Die Rolle von Bordsystemen verändert sich ständig, daher ist die allererste Anforderung an Bordsysteme skalierbare Modularität. Vielseitigkeit ist gefragt, was sich in Bordsysteme, die sich präzise an die Anforderungen des jeweiligen Zuges anpassen, übersetzt.Frachtzüge haben die anspruchsvollsten mechanischen Anforderungen und die wenigsten Anforderungen an die Funktionalität. Sie laufen rund um die Uhr, jahrelang, mit wenigen Stopps für Wartung. Frachtloks sind auf Leistung und Widerstandsfähigkeit ausgelegt, und die Hauptaufgaben der Computer neben Signalgebung und Steuerung sind die Besatzungs-Kommunikation (Lokal- und Fernkommunikation), Nachverfolgung und Verwaltung der Ladung sowie die Sicherheitsüberwachung. Ein einzelner Computer in der Lokomotive kann alle diese Aufgaben handhaben.

Computing in Frachtzügen

Neben Mobilfunk-Uplinks und WLAN-Verbindungen an Bahnhöfen entlang der Strecke, die auch als Kommunikations-Gateways für die Signal- und Steuersysteme oder als Wireless LAN fungieren können, benötigen manche Systeme serielle und Ethernet-Schnittstellen, um zu Satellitentelefonen oder regionalen Radiodiensten zu verbinden. Als lokales Gateway zu WANs erfordert der Server eine Firewall sowie Intrusion Detection, um das Gesamtsystem vor nicht autorisiertem Zugriff zu schützen. Der Prozessor-intensivste Dienst der zentralen Plattform wäre ein Netzwerkvideorekorder (NVR) mit mehreren Videokameras, zum Beispiel für ein Überwachungs- und Aufzeichnungssystem für Kollisionen. Die primäre System-anforderung in Frachtzügen ist die Widerstandsfähigkeit, gemeinsam mit dem Ausschluss möglicher Schwachstellen und Fehlerquellen. Die zwei häufigsten Fehlerquellen für Computerausfälle sind Lüfter und die Datenspeicherung.

Datenspeicherung

Die kosteneffizientesten Mechanismen zur Datenspeicherung sind heutzutage Festplatten. SSDs bieten zwar verführerische Funktionen, es gibt jedoch zahlreiche Gründe, warum Festplatten in den meisten Fällen die bessere Wahl sind. So kostet eine SSD beispielsweise immer noch etwa das Dreifache einer Festplatte. Viel wichtiger ist aber, dass SSDs immer noch eine begrenzte Lebensdauer haben und plötzliche, unvorhergesehene Ausfälle aufgrund begrenzter Schreibfähigkeit verursachen. Es ist schwer vorherzusehen, wann diese Grenze erreicht wird - und fällt eine SSD aus, sind die gespeicherten Daten unwiederbringlich verloren. Die Kombination dieser Einschränkungen macht Festplatten in der Regel zur besseren Wahl für den Einsatz in NVRs.

Systemlüfter

Interne Lüfter sind stark ausfallgefährdete Komponenten von Computern. Als Konsequenz sehen Industriekunden lüfterlose Computer heutzutage als Mindestanforderung. Lüfterlose Hardware-Plattformen zu konstruieren bedeutet, die thermische Effizienz zu maximieren, indem das Innenleben des Computers dahingehend optimiert und das Computergehäuse versiegelt wird, um ihn vor Feuchtigkeit, Staub und anderen korrosiven Elementen zu schützen. Diese beiden Maßnahmen erhöhen die mittleren Ausfallzeiten (MTBF) besser als jede Konstruktionsänderung, und die Vorteile werden noch gesteigert, wenn die internen Komponenten über Conformal Coating verfügen.

Temperaturtoleranz

Extreme Kälte und Hitze sind für Zugsysteme gleich schwierig, da sie neben der Schädigung interner Komponenten auch schnell die Festplatten schwächen können. Deshalb sollte ein Zugsystem mit Bordheizungen und einem integrierten Temperatursensor (T-Sensor) ausgestattet sein. Diese Verbesserungen ermöglichen es dem System, die Festplatten eigenständig herunterzufahren, sollte es zu heiß werden (und damit eine der Haupt-Hitzequellen auszuschalten und die Daten zu schützen) oder die Speichermedien zu wärmen, sollte die Umgebungstemperatur unter 0°C fallen. Immer dann, wenn ein System herunterfährt, sollte außerdem ein Back-Up-Gerät zur Verfügung stehen oder alternativ interner Speicher, etwa auf der Basis vpn SSDs.

Vibration

Den permanenten Stößen und Vibrationen in Zügen muss die Konstruktion von Computing-Plattformen Rechnung tragen. Passive Schock-Absorber können intern an der Festplattenhalterung oder außen an der Montage-Klammer des Computers angebracht werden und Abhilfe schaffen. Da die Vibration jedoch einen sehr kritischen Effekt hat, versieht man den Computer idealerweise mit einem zusätzlichen, unabhängigen Vibrationssensor (G-Sensor). Wie der T-Sensor erleichtert auch ein G-Sensor die vorausschauende Diagnose und liefert wertvolle Daten für die Konfigurationsanalyse.

EMV

Der wohl wichtigste Schutz ist der gegen Überspannung. Züge unterliegen dauernden Spannungsschwankungen und Stromspitzen. Hinzu kommen unregelmäßig auftretende, unvorhersehbare Stromausfälle, die zwar nur wenige Millisekunden lang sein können, aber ausreichen, um ein System durch konstante Neustarts oder Datenkorrumpierung lahmzulegen. Um unter diesen Bedingungen angemessene Funktionalität sicherzustellen, werden Kondensatoren eingesetzt, die Depots anlegen, mit denen das System durch die Ausfälle kommt, und es wird ein elektrischer Isolierungsschutz, der gegen die üblichen Überspannungen schützt, eingebaut.

Fernzüge

Im Vergleich zu Frachtumgebungen haben Fernzüge die besseren Heizungs- und Lüftungssysteme und bessere Einrichtungen für den Fahrgastkomfort. Dementsprechend stellen sie zusätzliche Bedingungen an ihre Systeme. Die Computing-Plattformen in Fernzügen müssen mehr automatisierte Dienste unterstützen als in jedem anderen Zugtyp. Die Computer-Infrastruktur ist außerdem innerhalb des Zuges sehr viel weiter verteilt. Die Computer sorgen ebenso wie in Frachtzügen für die Kommunikation mit Bahnhöfen und Leitstellen entlang der Gleise, jedoch ist WLAN nicht nur eine Option. Fernzüge erfordern öffentliche WLAN-Verfügbarkeit und koordinieren darüber hinaus ein internes Netzwerk, das den Fahrgastkomfort, die Fahrgastdienste und viele logistische Themen abdeckt. Wi-Fi- und Mobilfunkmodule sind unabdingbar, dabei fungiert der Computer als Wi-Fi Access Point für die Fahrgäste. Das bedeutet, dass abhängig von der Verbindungs-Bandbreite und den angebotenen Diensten die Funkbündelung mehrerer Module erforderlich wird, ebenso wie weitere Wi-Fi-Module. Dazu ist eine Anzahl im Zug verteilter Server und Access Points notwendig.

Fahrgastlogistik

Auf den langen Strecken der Fernzüge werden besondere Dienste angeboten, wie Kartenverkaufs- und Logistiksysteme. Logistiksysteme umfassen eine Menge an Sub-Systemen, wie CCTV, Kartenleser, WAN- und LAN-Wi-Fi-Verbindungen, lokale Automatisierungssysteme, Fahrgast-Analysesoftware und Fahrgastsicherheitssysteme. Einige dieser Sub-Systeme erfordern komplexe Softwareprogramme, die Video, Audio, RFID, Wi-Fi und 3G-Funk mit seriellen Schnittstellen integrieren. Kartenverkaufssysteme können sehr einfach aufgebaut sein - wenig mehr als eine Datenbank und eine menschliche Schnittstelle - aber auch sehr komplex, einschließlich voll automatisierter Wireless-Systeme rund um RFID-Karten, die vielleicht auch persönliche Mobilgeräte per Wi-Fi bedienen und serielle E/A-Geräten integrieren. Dafür wird ein leistungsstarkes modulares Computing-System benötigt, das schnell und einfach an die Anforderungen der Plattform angepasst werden kann. Videoüberwachungssysteme an Bord ergänzen Fahrgast- und Betriebslogistik, aber sie dienen auch einer solch wichtigen Funktion, dass sie selbst als unabhängiges System betrachtet werden müssen. Im Vergleich zu Frachtzügen erfordern die NVR-Systeme in Fernzügen dieselbe Widerstandsfähigkeit gegen die Umgebungsbedingungen und müssen viele verschiedene Kameras mit Sicherheitssystemen, Sensordaten und automatisierten Alarmen und Steuerungen integrieren. Zusätzlich benötigen sie jedoch viel mehr Speicherkapazität. Die Netzwerkbandbreite und Datenkapazität erfordern eine starke, schnelle Festplatte, die hohe Datendurchsätze verarbeiten kann, und hochzuverlässige, ausreichend große Datenspeichersysteme für die Bildspeicherung.

Betriebslogistik

Da die Zahl der Zugbegleiter aufgrund zunehmender Automatisierung stetig schrumpft, steigt auf der anderen Seite der Bedarf an zentralisierter Bedienersteuerung und besserer Ersichtlichkeit logistischer Probleme. Die Betriebslogistik ist ein von der Informationssammlung und -analyse in der Fahrgastlogistik völlig unabhängiges Sub-System. Zusätzliche Computing-Aufgaben nutzen sowohl unabhängige als auch integrierte Hard- und Software und überwachen Lösungskomponenten wie die Heizungs- und Sanitärsysteme, Einbruchsschutzeinrichtungen und Netzwerk-Tools für Automatisierungs- und IT-Systeme, die Bestandsaufnahme verkaufter Materialien wie Essen, Zeitungen, Souvenirs etc., die Versorgung mit Wasser und Trinkwasser, Besatzungspläne und Informationsdienste, das Back-End des Fahrkartenverkaufssystems, Licht- und Stromversorgung usw.

Fahrgast-Infotainment

Eines der Hauptsysteme, die auf Langstreckenzügen ein Muss geworden sind, sind Systeme zur Information und Unterhaltung der Fahrgäste. Diese variieren und können öffentliche Monitore beinhalten, private Monitore im Sitz oder Digitalanzeigen, wie LED/LCD-Anzeigen, die Abfahrts-/Ankunftszeiten, Verspätungen, Wetterbedingungen etc. anzeigen. Solche Systeme können für Fahrgäste auch eine Kommunikationsverbindung zur Besatzung schaffen sowie Internetverbindungen oder Unterhaltungselemente wie Filme, Musik und Spiele anbieten. In Fernzügen müssen diese Systeme hochverfügbar sein, über große Bandbreiten verfügen und Sicherheitsstandards bieten, die finanzielle Transaktionen unterstützen. Um den Bedarf an einer widerstandsfähigen, vielseitigen Computing-Lösung zu decken, die diese Aufgaben erfüllt, hat Moxa den EN 50155-konformen Zugcomputer TC-6110 entwickelt. Mit zwei Gigabit Ethernet LAN-Schnittstellen, zwei Wechselfestplatteneinschüben und zwei Slots für Erweiterungsmodule kann TC-6110 einfach mit bis zu 8 MIni-PCI-Modulen für WLAN, Mobilfunk und künftig auch immer mehr LTE sowie zusätzlichen Netzwerkschnittstellen und zusätzlichem Speicher ergänzt werden. GPS, unabhängige Vibrations- und Temperatursensoren sowie Schutzlackierung sind Standard. In einem robusten, lüfterlosen kompakten 3U-Gehäuse für die Schaltschrankmontage steckt Moxas SafeGuard-Technologie, eine Sammlung von Soft- und Hardware-Optimierungen, die maximale Datensicherheit und Zuverlässigkeit unter rauen Bedingungen garantiert.

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