Anders als häufig dargestellt, ist nicht die Digitalisierung industrieller Abläufe der Megatrend unserer Zeit, sondern die Vernetzung von Gegenständen und Infrastrukturen. Das gilt auch für die Energiewirtschaft, in der die Vernetzung ein grundsätzlich neues Verständnis über alle Betriebs- und Verbrauchsdaten schafft und so die Basis für ein effizientes Energiemanagement stellt. Das wieder ist bei vielen Unternehmen ganz nach oben in der Wunschliste gerückt – gerade auch im Zusammenhang mit den Verschärfungen rund um die Norm ISO50001 und einer möglichen EEG-Umlage-Befreiung. Weitere Anreize sind die Chancen, die unmittelbar aus der neuen Datentransparenz resultieren: zum Beispiel die Möglichkeit Condition Monitoring einzuführen.
Von der Energiewirtschaft ist bislang allerdings nur die zeitaufwändige Einführung intelligenter Stromzähler (Smart Meter) zu erwarten. Daher heißt die Devise für Unternehmen in erster Linie, Eigeninitiative zu zeigen. „Do-it-yourself“ ist hiermit selbstverständlich nicht gemeint. Vielmehr bedarf es verlässlicher Partner, um ein effizientes Energiemanagement umzusetzen.
Geeignete Hardware auswählen
Die richtigen Partner zu finden, ist aber mitunter nicht so leicht. Ein wichtiges Kriterium kann jedoch das Partnernetzwerk oder ein breit aufgestelltes Eco-System des Lösungsanbieters sein. Was damit gemeint ist, kann ein Blick auf die erforderlichen Komponenten eines Energiemanagement-Systems zeigen. Denn gefragt ist ein ganzer Baukasten von Lösungsbestandteilen: So können zunächst Hardware-Komponenten vonnöten sein, die im Rahmen einer Retrofit-Strategie vorhandene und oftmals veraltete Zähler IoT-fähig machen. Ein Beispiel hierfür sind etwa Kameras, die auf dem Zähler angebracht werden. Diese fotografieren anschließend automatisiert die Zählerstände und digitalisieren sie. In einem solchen Szenario bedarf es dann im nächsten Schritt eines Gateways, an das die Daten übertragen werden und von dem aus sie wiederum in eine IoT-Plattform fließen.
Die geschaffene Datentransparenz ist aber im Grunde erst die Basis für die sich anschließenden Visualisierungen sowie die Abrechnungs- und Analyseprozesse. Damit lassen sich dann zum Beispiel die Lastkurven von Heizungsanlagen im Rahmen von Condition Monitoring überwachen, die Verbräuche abrechnen oder Unregelmäßigkeiten via Machine Learning automatisch erfassen, auswerten und beseitigen. An dieser Stelle muss folglich die Auswahl und Einbindung relevanter Systeme erfolgen, um eine End-to-End-Lösung abbilden zu können.
Lösungen aus einer Hand sind unrealistisch
Aus der Aufstellung wird klar: Ein modernes Energiemanagementsystem basiert einerseits auf Hardware-Bausteinen sowie Branchenlösungen mit spezifischem Know-how und andererseits auf modernen Technologien, bei denen der Fortschritt bereits in der exponentiellen Beschleunigung ist. Sämtliche Komponenten aus einer Hand zu bekommen, ist daher nicht möglich. Denn ob selbst die großen Anbieter diesen Spagat aus vertikaler und horizontaler Innovation wirklich beherrschen (können), ist angesichts der aktuellen Entwicklung fraglich. Zukunft hat hingegen eine Best-of-Breed-Strategie der einzelnen Anbieter. Ein breites Eco-System oder Partnernetzwerk von Anbietern ist folglich ein Beleg dafür, dass ...
... sich der jeweilige Anbieter auf seine eigene Kernkompetenz konzentriert und in der Lage ist, in diesem Bereich mit der aktuellen – zum Teil exponentiellen – Entwicklung Schritt zu halten.
... er die notwendigen technologischen Voraussetzungen für eine Anbindung oder Integration seiner Produkte in andere Systeme und Strukturen berücksichtigt.
... er mit der Strategie „Best-of-Breed“ seinen Kunden bestmögliche „Anschlüsse“ an die eigenen Produkte gewährleisten kann.
Die richtigen Partner auswählen
Etablierte Partnerschaften mit Lieferanten, Systemintegratoren oder Netzbetreibern sind möglicherweise wertvolle Kooperationen, auch wenn diese nicht auf die Entwicklung neuer Lösungen zielen. Zusätzlich empfehlen Digitalisierungsexperten, wie zum Beispiel Q-loud, vor allem Partnerschaften in den folgenden vier Bereichen, um ein effizientes Energiemanagementsystem aufzubauen:
1. Hardware-Partner: Durch sie können aus bereits bestehenden Produkten schnell und risikolos sogenannte „Smart Devices“ oder „Connected Devices“ als Teil eines Gesamtsystems entstehen, indem IoT-Komponenten eingebracht werden. Dazu zählt beispielsweise die Erweiterung von Energiemanagement-Geräten um ein Protokoll, das die Nutzung diverser IoT-Plattformfunktionen in einem sicheren, skalierbaren System ermöglicht.
2. Lösungspartner: Diese bieten ausgereifte Branchenlösungen, die als Basis eines IoT-Szenarios dienen und um IoT-Funktionen ergänzt werden können. Denkbar ist die Erweiterung einer speziellen Visualisierungs- und Analyselösung für das Energiemanagement um eine Schnittstelle, über die Daten aus Sensoren und Energiezählern in Echtzeit automatisch auslesbar sind, oder die Integration in SAP zur Einbindung von ERP-Lösungen.
3. Cloud-Partner: Plattformübergreifende Konstellationen, sogenannte Cloud-to-Cloud-Kopplungen, können auch für ein Energiemanagementsystem interessant sein. Denn diese ermöglichen einen Datenaustausch zwischen den einzelnen Systemen, selbst wenn unterschiedliche Standards zum Einsatz kommen.
4. Infrastruktur-Partner: Global verfügbare, skalierbare Infrastrukturen spielen beim Betrieb von IoT-Plattformen eine wichtige Rolle. Denn diese bedeuten maximale Flexibilität. Einen solchen Infrastructure-as-a-Service (IaaS) bieten sehr verlässlich und performant Anbieter wie Amazon (AWS), Microsoft (Azure) oder Google (Google Cloud).
Aufbau einer effizienten IoT-Struktur
Ein smartes Energiemanagement-System aufzubauen, steht bei vielen Unternehmen ganz oben auf der Prioritätenliste. Voraussetzung hierfür ist die Vernetzung der vorhandenen Geräte und Strukturen und damit der Aufbau einer effizienten IoT-Struktur. Dazu zählen Hardware-Komponenten und Software-Lösungen genauso wie Cloud-Lösungen und IoT-Plattformen. Die Bestandteile dieses „Baukastens“ wird es nie aus einer Hand geben. Umso wichtiger ist daher neben dem eigenen Lösungsportfolio auch das „Smart Partnering“ mit ausgewählten Dienstleistern. Denn erst durch die Integration beziehungsweise durch die Integrationsfähigkeit der einzelnen (IoT-)Bausteine entsteht ein leistungsstarkes und zukunftsfähiges Gesamtsystem. Das Partnernetzwerk kann folglich als relevantes und zentrales Auswahlkriterium bei der Auswahl der verschiedenen Partner für den Aufbau eines Energiemanagementsystems herangezogen werden.
Dieser Artikel ist im A&D-Kompendiums 2018/2019 erschienen. Das E-Paper finden Sie hier zum kostenlosen Download.