Gute Zusammenarbeit Flexible Automatisierungslösungen mit Hilfe von kollaborativen Robotern

Bild: Rethink Robotics
01.06.2018

Viele Automatisierungslösungen basieren auf speicherprogrammierbaren Steuerungen. Bei kleinen Losgrößen und variablen Produktionsbedingungen bekommt die SPS aber zunehmend Konkurrenz von einer neuen Robotergeneration: Kollaborative Roboter sind flexibel, platzsparend und auch für Nicht-Spezialisten leicht zu programmieren.

Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) wurden in den 1960er Jahren entwickelt und haben sich seither in unzähligen Werkhallen und Applikationen auf der ganzen Welt bewährt. Obwohl moderne SPSen mit Mikrocontrollern ausgestattet sind, ist ihre Abstammung von elektromagnetischen, relaisbasierten Geräten nach wie vor offensichtlich. Besonders in Zeiten hoher Nachfrageschwankungen und individualisierter Produkte wird ein entscheidender SPS-Nachteil sichtbar: Ihre Verwendung ist so komplex, dass es spezielle Fachleute für ihre Programmierung braucht – angesichts des allgemeinen Fachkräftemangels ein gewichtiger Faktor. Hinzu kommt, dass SPSen in erster Linie für eine langfristige Nutzung konzipiert sind und in den variablen Produktionsumgebungen moderner Industrieanlagen oft zu unflexibel sind.

Mobil einsetzbar

SPSen sind jedoch nicht die einzige Möglichkeit, um Fertigungsschritte zu automatisieren: Bei vielen Applikationen stellen kollaborative Roboter – auch Cobots genannt – eine sinnvolle Alternative zur SPS dar.

Cobots sind von vornherein darauf ausgelegt, unmittelbar mit dem Menschen zusammenzuarbeiten und monotone, gefährliche oder unergonomische Aufgaben zu übernehmen. Während traditionelle Industrieroboter fest am Boden installiert sind und in der Regel über Jahre hinweg dieselbe Aufgabe verrichten, lassen sich Cobots mobil einsetzen und mit mehreren verschiedenen Aufgaben gleichzeitig betrauen.

Der Cobot „Sawyer“ von Rethink Robotics wurde speziell für den flexiblen Einsatz entlang der gesamten Produktionslinie entwickelt. Dank seiner intuitiv zu bedienenden Nutzeroberfläche und seiner Train-by-Demonstration-Funktionalität, mit deren Hilfe sich neue Abläufe durch das bloße Führen des Roboterarms programmieren lassen, erlernt Sawyer neue Aufgaben innerhalb von Minuten, ohne dass dafür spezielle Programmierkenntnisse erforderlich sind.

Entscheidungsbaumsteuerung

Weitere Besonderheiten von Sawyer sind sein Betriebssystem Intera 5.2 und seine einfache, auf Entscheidungsbäumen (Behaviour Trees) basierende Programmiersprache. Das Konzept der Entscheidungsbäume stammt ursprünglich aus der Gaming-Industrie, wo Ingenieure rar und zudem ein entscheidender Kostenfaktor sind. Spieledesigner hingegen verfügen oft nicht über dezidierte Programmierkenntnisse – dennoch müssen sie komplexe Verhaltensmuster für die Spielcharaktere mit einfachen Mitteln erstellen können.

Dieses Dilemma lässt sich elegant umschiffen, indem die Programmierung über Entscheidungsbäume erfolgt: Ihr modularer Aufbau und ihre anschauliche grafische Darstellung ermöglichen es auch Nicht-Spezialisten, komplexe Vorgaben wie das Verhalten eines Spielcharakters praktisch umzusetzen. Bei Sawyer lässt sich nicht nur der Cobot selbst, sondern auch die gesamte Arbeitszelle, in der er eingesetzt wird, über Entscheidungsbäume steuern und automatisieren. Zudem erlaubt die neue Funktion „Intera Insights“ eine Echtzeiterfassung und -darstellung von Leistungsdaten wie der Zyklusdauer oder der Teilezahl über Sawyers elegantes On-Board-Display.

Flexibel adaptierbar

Bleibt die Frage, für welche Applikationen kollaborative Roboter eine sinnvolle Alternative zur SPS darstellen. Die Antwort: Cobots eignen sich besonders gut für den Einsatz in kleinen, spezialisierten Arbeitszellen. Überall dort, wo individuelle und flexibel adaptierbare Applikationen benötigt werden, sind kollaborative Robotiklösungen wie Sawyer klar im Vorteil. Ein typisches Cobot-Anwendungsbeispiel ist die Maschinenbeschickung, wenn ein Roboter also andere Maschinen wie zum Beispiel eine Fräse bedient. Auch Test- und Prüfanwendungen im Bereich der Qualitätskontrolle sind geeignete Einsatzfelder für kollaborative Roboter.

Im Firmensitz von Rethink Robotics in Boston zeigt eine Demo-Applikation, wie Sawyer gleich drei Maschinen gleichzeitig bedient. Erst legt er ankommende Leiterplatten in einen Testadapter. Falls die Baugruppe den Test besteht, legt er sie in einen zweiten und anschließend noch in einen dritten Testadapter. Sind die Ergebnisse aller drei Prüfverfahren positiv, legt Sawyer die Leiterplatte in einen dafür vorgesehenen Behälter. Andernfalls erkennt er das negative Testergebnis und legt die Platte in einen anderen Behälter. Kurz gesagt: Sawyer kontrolliert die gesamte Arbeitszelle.

Einfache Programmiersprache

Wie könnte man dieselbe Arbeit in dieser Zelle mit Hilfe von SPSen organisieren? Zuerst einmal bräuchte es für jeden der Testadapter (die auf der Basis von Mikrocomputern arbeiten) eine eigene SPS. Diese könnte den Testadapter aber lediglich anweisen, wann er anfangen oder aufhören soll. Dem Greifroboter könnte die SPS nur mitteilen, ob eine Baugruppe erfolgreich oder fehlerhaft getestet wurde. Und was die Kommunikation zwischen SPS und Roboter angeht, steckt der Teufel im Detail: Ein Ingenieur müsste sowohl die SPS (und zwar eine für jeden Testadapter!) als auch den Roboter in zwei verschiedenen Programmiersprachen programmieren.

Sawyer hingegen kann alle anfallenden Daten eigenständig verarbeiten und auf der Basis seiner Berechnungen sinnvolle Entscheidungen treffen. Er kann den Testadaptern sagen, wann sie starten oder stoppen sollen. Basierend auf den Rückmeldungen der Adapter kann er herausfinden, ob das jeweilige Bauteil das Prüfverfahren bestanden hat – und das alles mit nur einer einzigen Programmiersprache, die sehr übersichtlich und auch für Nicht-Spezialisten leicht erlernbar ist!

Alternative zur SPS

An dieser Gegenüberstellung wird deutlich, dass kollaborierende Roboter wie Sawyer von Rethink Robotics eine Alternative zu SPSen sein können, wenn bei einer Applikation die flexible Anpassbarkeit im Vordergrund steht. In groß angelegten Produktionslinien, die dauerhaft nur ein einziges Produkt herstellen oder schwere Teile bewegen müssen, haben SPS-Lösungen hingegen weiterhin ihre Berechtigung. Solche Produktionslinien, wie sie beispielsweise in der Automobilindustrie zu finden sind, lassen sich mit SPSen vergleichsweise einfach steuern. Zudem zahlt sich die Investition in eine teurere SPS-Lösung durch die lange Nutzungsdauer aus.

Bildergalerie

  • Ein intuitives User Interface, das auch Nicht-Spezialisten bedienen können, zählt zu den Stärken von Cobots wie dem Sawyer von Rethink Robotics.

    Ein intuitives User Interface, das auch Nicht-Spezialisten bedienen können, zählt zu den Stärken von Cobots wie dem Sawyer von Rethink Robotics.

    Bild: Rethink Robotics

  • Robotersteuerung hat beim Sawyer nichts mehr mit klassischer Programmierung zu tun.

    Robotersteuerung hat beim Sawyer nichts mehr mit klassischer Programmierung zu tun.

    Bild: Rethink Robotics

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