Automatisierte Fahrzeuge, bei denen der Fahrer über längere Streckenabschnitte die Kontrolle an sein Fahrzeug abgibt, brauchen besondere Zulassungen für den Straßenverkehr. Das Projekt SET Level (Simulationsbasiertes Entwickeln und Testen von automatisiertem Fahren) hat deshalb an Werkzeugketten für digitale Tests gearbeitet. Am 11. und 12. Oktober 2022 wurde es im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung mit Gästen aus Wirtschaft und Wissenschaft abgeschlossen, beteiligt waren das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie 19 weitere Projektteilnehmer.
„Simulationsbasierte Werkzeuge sind im Kontext des Entwickelns und Testens automatisierter Fahrfunktionen unverzichtbar“, sagt Prof. Frank Köster vom DLR-Institut für KI-Sicherheit als einer der beiden Koordinatoren von SET Level. „Umfangreiche Erprobungen können beispielsweise bereits entwicklungsbegleitend durchgeführt werden, wobei dann auch seltene oder kritische Situationen ohne Risiko für Menschen und Technik betrachtet werden können. Auch im Zusammenwirken mit Hardware-, Software- oder Vehicle-in-the-Loop-Tests sind Simulationen essenzielle Bestandteile der Prüfmittel.“
Was passiert, wenn kritische Situationen auftreten?
Die Forschenden haben im Projekt Werkzeugketten entwickelt, die möglichst viele Verkehrssituationen zuverlässig und detailliert abbilden sollen. Ein zentraler Teil dieser Ketten sind die sogenannten Modelle für die Fahrzeugsimulation, wie beispielsweise Fahrdynamik-, Automations- und Sensormodelle. Mit ihnen bilden die Projektbeteiligten die Realität auf vereinfachte Weise ab, können gezielt kritische Situationen herbeiführen und analysieren, was passiert, wenn diese eintreten. Auch Prognosen lassen sich damit treffen.
„Im Projekt haben wir beispielsweise geprüft, was die Sensoren erkennen und warum. Und was dann mit der Automation passiert“, sagt Dr. Hardi Hungar vom DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik. „Außerdem haben wir daran gearbeitet, wie wir einzelne Modelle in die Gesamtsimulation einbinden können und wie insgesamt die Simulation möglichst schnell und flexibel definiert und durchgeführt werden kann.“ Dabei helfen Standards für die Beschreibung der Simulation, die Einbindung von Modellen und die Kommunikationsstrukturen der Simulation, welche im Rahmen des Projektes aufgegriffen, erprobt und zum Teil weiterentwickelt wurden.
Sicherheit an ausgewählten Szenarien testen
Neben dem zu testenden Auto mit seiner Software und Sensorik haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Projekt ein digitales Abbild eines Verkehrsraums erstellt. Auch die anderen Verkehrsteilnehmenden, wie Radfahrer, Fußgänger oder weitere Fahrzeuge, die Straßen mit der Infrastruktur oder das Wetter müssen in der Simulation berücksichtigt werden.
Da die Forschenden auch hier nicht die Möglichkeit hatten, alle denkbaren Szenarien abzudecken, mussten sie genau die Szenarien identifizieren, die für die Beurteilung der Sicherheit eines automatisierten Fahrzeugs repräsentativ sind. So wurden die Werkzeugketten anhand dreier spezifischer, repräsentativer Anwendungsfälle umgesetzt und erprobt. Dabei analysierten die Projektpartner beispielsweise, wie kritisch Kreuzungssituationen sind, führten Systemanalysen von automatisierten Fahrzeugen bei Abbiegemanövern durch und testeten einzelne Sensoren.
„Die Modelle und Methoden stehen anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen bereits Open Source zur Verfügung“, sagt Hungar. Köster ergänzt: „Sie können frei genutzt, weiterentwickelt und dem eigenen Bedarf angepasst werden.“ Außerdem nutzen die Forschenden die Ergebnisse schon jetzt in weiteren Projekten und Standardisierungsaktivitäten.