Bislang ist es noch weit verbreitet, ein altes Gesamtprojekt zu kopieren und es den individuellen Kundenwünschen anzupassen. Doch damit nimmt der Entwickler alle Fehler wieder mit, die bei der vorherigen Inbetriebnahme behoben wurden. Die Dokumentation ausgelieferter Projekte wird oft nur lückenhaft überarbeitet. Verbesserungen gehen so verloren. Geprüfte Standardbausteine, zusammen mit übersichtlichem Optionen- und Variantenmanagement, können dagegen Projektlaufzeiten verkürzen und die Qualität der Anlagen erhöhen. „Außerdem sichern vorgefertigte Bausteine wichtiges Know-how, das sonst nur in den Köpfen des Fachpersonals steckt“, erklärt Norbert Ott, Produktmanager bei Aucotec. Mit qualitätsgeprüften Bausteinen sei es möglich, ohne elektrotechnisches Detailwissen Anlagen zu konfigurieren; auch von außen mit externen Konfiguratoren oder aus SAP.
Mit Aucotecs Advanced Typical Manager (ATM) für das datenbankbasierte Software-System Engineering Base werden die einzelnen Komponenten nur ein einziges Mal, in der Regel von der Entwicklung, projektiert und dann für zigfache Wiederverwendung im „Baukasten“ des Engineeringsystems gehalten. Änderungen müssen nur einmalig eingegeben werden, der nächste User erhält sicher den neuesten Stand. So bleibt der Konstruktionsabteilung mehr Kapazität für die zügige Abwicklung realer Projekte.
„Die Idee des Konfigurierens ist ein entscheidender Schritt zu mehr Effizienz, denn fertige Bausteine zu einem neuen Ganzen zusammenzufügen, spart natürlich Arbeit und Zeit“, sagt Ott. „Vorher sollte sich der Entwickler allerdings gründlich überlegen, wie so ein Baustein aussehen und auf welcher Detaillierungsstufe er stehen soll, das heißt, wie weit die Granulierung der Vorlagen geht“, betont der Produktmanager. Je kleinteiliger die Bausteine, desto mehr sind es und desto schwieriger werden Pflege und Überblick. Bei umfangreicheren Bausteinen fehlt es oft an der nötigen Flexibilität und sie müssen vor dem Einsatz immer wieder angepasst werden.
Funktionsorientierte Bausteine
Die Planung großer Anlagen ist eine enorme Herausforderung. Tausende Geräte stehen miteinander in Verbindung und sollen definierte Anforderungen in reale Anlagenleistung umsetzen. Der Systementwickler Aucotec nutzt diese Vorgaben als Strukturierungshilfe. Engineering Base (EB) setzt auf die funktionale Sicht, bei der Anforderungen wie Greifen, Transportieren oder Heizen zu funktionalen Bausteinen zusammengefasst werden. Das kann ein Greifer samt Steuerung, Mechanik, Hydraulik und Software-Programmierung sein, ein Baustein kann aber auch kleinere Einheiten, wie Teilschaltungen, repräsentieren.
„Eine Pumpe oder SPS hat natürlich auch eine Funktion, die ist aber nicht als ordnender Faktor geeignet. Richtig verstanden erleichtert die funktionale Sicht, die Anforderungen an die Anlage zügig und auftragsgerecht umzusetzen“, erklärt Ott. Mit vorgefertigten Funktionsbausteinen kann der Planer die Anlagenstruktur übersichtlich aufbauen. Funktionen gruppieren darüber hinaus Bauteile übergreifend. Sie sind real bestellbar und vom Vertrieb über das Management, die Bearbeiter bis hin zum Kunden nachvollziehbar. Damit sprechen Auftraggeber und -nehmer von Anfang an dieselbe Sprache beim Auftragsgegenstand. Das spart Zeit, reduziert Missverständnisse und verringert den Korrekturaufwand.
Mit der Funktionsorientierung, bei der die Bausteine nicht aus einzelnen Geräten bestehen, ist die Konfiguration weg von der Blattebene einen Level höher angesiedelt. Ott erläutert: „In EB wird eine Funktion in einer qualitätsgeprüften Vorlage dokumentiert. Dieses „Typical“ enthält die zugehörigen Blätter, Geräte, Kabel und Drähte und wird in ihrem funktionalen Zusammenhang „am Stück“ gehandhabt. Das minimiert die Typical-Anzahl und erspart das Zusammenkopieren eines Projekts aus Tausenden von unabhängigen Einzelblättern, die gar nicht kontinuierlich zu pflegen sind.“
Zudem seien die im Entstehungsprozess unvermeidlichen Änderungen jederzeit einbaubar, ohne bereits fertige Anpassungen wieder zunichte zu machen. Bei nachträglichen Änderungen muss nicht mehr das gesamte Projekt neu generiert oder ab dem Änderungswunsch der Rest „per Hand“ erstellt werden. Voraussetzung: Eine „single source of truth“, also ein im System hinterlegtes Datenmodell sämtlicher erarbeiteten Informationen, in dem allen Beteiligten jederzeit die aktuellen Anlagendaten und Typicals zur Verfügung stehen.
Varianten- und Optionenberge meistern
Um effizient konfigurieren zu können, ist ein komfortables Varianten- und Optionen-Management unerlässlich. Optionen, also mögliche Erweiterungen eines Standardbausteins, lassen sich mit dem Advanced Typical Manager separat als Teilschaltungen in EB hinterlegen. Zum Beispiel eine Rückwärtsschaltung für ein Transportband oder ein Frequenzumrichter für variable Geschwindigkeit. Die ansonsten notwendigen Blattvarianten mit allen möglichen Optionskombinationen für einen Motor sind damit passé. Bei Änderungen tauscht der Entwickler nur die optionale Teilschaltung, anstatt in Varianten und Optionen zu ertrinken.
Varianten sind machbare Kombinationen von Optionen. Sie lassen sich als separate Vorlagen in der EB-Datenbank hinterlegen. So wird das wenig praktikable Definieren komplizierter Regelwerke vermieden. „Im Automobilbau beispielsweise ergibt es keinen Sinn, für die Variante Cabrio die Option Schiebedach vorzuhalten. Anstatt so etwas wortreich zu erklären und auf Einhaltung der Regeln zu hoffen, gibt es solche Varianten einfach nicht in EB“, sagt Produktmanager Ott. Varianten können sich aus unterschiedlichen Dimensionierungen oder Herstellern ergeben und liegen auch als qualitätsgeprüfte Bausteine in der EB. Im Advanced Typical Manager sind alle Logiken in den jeweiligen Typicals mit gespeichert.