Qualitätssteigerung durch Perowskit-Pixel Bessere Fotos bei schlechtem Licht: Forscher entwickeln Kameratechnik weiter

Mit einer vielfach besseren Lichtaufnahme als klassische Silizium-Sensoren könnte der Perowskit-Sensor in Zukunft gerade für Smartphone-Hersteller interessant sein.

Bild: Empa
31.05.2024

Wissenschaftler der Empa und ETH Zürich haben einen Bildsensor entwickelt, der dreimal so viel Licht einfangen soll wie bisherige Technologien. Dadurch ließen sich in Zukunft eventuell auch bei schlechten Lichtverhältnissen hochqualitative Fotos aufnehmen. Der Trick liegt in platzsparenden Perowskit-Pixeln.

Familie, Freunde, Vierbeiner: Heute lichten wir alles ab, was uns vors Objektiv kommt. Digitale Fotografie, ob mit Handy oder Kamera, ist simpel und entsprechend weit verbreitet. Jedes Jahr versprechen die neuesten Geräte einen noch besseren Bildsensor mit noch mehr Megapixeln.

Die gängigste Art von Sensor basiert dabei auf Silizium, das durch spezielle Filter in einzelne Pixel für rotes, grünes oder blaues (RGB) Licht unterteilt wird. Dies ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit, einen digitalen Bildsensor herzustellen – und möglicherweise auch nicht die beste.

Forschende der Empa und der ETH Zürich arbeiten derzeit an einer Alternative: einem Bildsensor aus Perowskit. Dieser ist in der Lage, wesentlich mehr Licht einzufangen als sein Gegenspieler aus Silizium. In einem Silizium-Bildsensor sind die RGB-Pixel gitterförmig nebeneinander angeordnet. Dabei fängt jeder Pixel nur rund ein Drittel des einfallenden Lichts ein; die restlichen zwei Drittel werden vom Farbfilter blockiert.

Dreimal so viel Licht pro Fläche

Pixel aus Bleihalogenid-Perowskiten brauchen keinen Extra-Filter: Der Filter ist im Material sozusagen „eingebaut“. Den Empa- und ETH-Forschenden ist es gelungen, Bleihalogenid-Perowskite so herzustellen, dass sie nur das Licht einer bestimmten Wellenlänge – und somit Farbe – absorbieren, für andere Wellenlängen hingegen transparent sind. Somit lassen sich die Pixel für Rot, Grün und Blau übereinanderschichten, anstatt sie nebeneinander anzuordnen. Der resultierende Pixel kann alle Wellenlängen des Lichts absorbieren.

„Mit einem Perowskit-Sensor ließe sich also dreimal so viel Licht pro Fläche einfangen wie mit einem herkömmlichen Silizium-Sensor“, erklärt Empa-Forscher Ivan Shorubalko. Außerdem konvertiert Perowskit einen größeren Anteil des absorbierten Lichts zu einem elektrischen Signal, was dem Bildsensor eine noch höhere Effizienz verleiht.

Kooperation mit der Elektronikindustrie

Die Herstellung von einzelnen funktionierenden dreifarbigen Perowskit-Pixeln konnte die Forschungsgruppe an der Empa und ETH Zürich bereits 2017 zeigen. Um den nächsten Schritt in Richtung echter Bildsensoren zu machen, hat sich das von Maksym Kovalenko geleitete ETH-Empa-Konsortium mit der Elektronikindustrie zusammengetan.

„Zu den Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, gehören die Suche nach neuen Verfahren zur Herstellung und Strukturierung von Materialien sowie das Design und die Implementierung von Perowskit-kompatiblen elektronischen Auslese-Architekturen“, sagt Kovalenko. Nun arbeiten die Forschenden daran, die ursprünglich bis zu 5 mm großen Pixel zu miniaturisieren und zu einem funktionierenden Bildsensor zusammenzufügen. „Im Labor stellen wir zwar nicht die großen Sensoren mit mehreren Megapixeln her, wie sie in Kameras zum Einsatz kommen“, erklärt Shorubalko, „aber bereits mit einer Größe von rund 100.000 Pixeln können wir zeigen, dass die Technologie funktioniert.“

Geringe Stabilität als Problem

Ein weiterer Vorteil von Perowskit-basierten Bildsensoren ist ihre Herstellung. Im Gegensatz zu anderen Halbleitern sind Perowskite wenig empfindlich auf Materialdefekte und lassen sich dadurch verhältnismäßig unkompliziert herstellen, etwa indem sie aus einer Lösung auf das Trägermaterial abgelagert werden. Konventionelle Bildsensoren brauchen hingegen hochreines monokristallines Silizium, das in einem langsamen Verfahren bei fast 1.500 °C hergestellt wird.

Die Herausforderung liegt in der Stabilität des Perowskits, das empfindlicher auf Umwelteinflüsse reagiert als Silizium. „Mit Standardverfahren würde man das Material zerstören“, erklärt Shorubalko. „Also entwickeln wir neuartige Verfahren, bei denen das Perowskit stabil bleibt. Und unsere Partnergruppen an der ETH Zürich arbeiten daran, die Stabilität des Bildsensors im Betrieb zu gewährleisten.“

Attraktiv für Handyhersteller

Sollte dies im Rahmen des noch bis Ende 2025 laufenden Projekts gelingen, ist die Technologie bereit für den Transfer in die Industrie. Shorubalko ist zuversichtlich, dass das Versprechen von einem besseren Bildsensor Handyhersteller anzieht. „Viele Menschen suchen sich heute ihr Smartphone anhand der Kameraqualität aus, weil sie dann keine separate Kamera mehr brauchen“, sagt er. Da könnte ein Sensor, der bei viel weniger Licht erstklassige Bilder liefert, durchaus ein Pluspunkt sein.

Das Konsortium, das an dem Perowskit-Sensor arbeitet, besteht aus Maksym Kovalenko aus dem Empa-Labor „Thin Film and Photovoltaics“, Ivan Shorubalko aus dem Empa-Labor „Transport at Nanoscale Interfaces“ sowie den ETH-Forschenden Taekwang Jang und Sergii Yakunin.

Bildergalerie

  • Empa-Forscher Erfu Wu (links) und Ivan Shorubalko untersuchen den Bildsensor.

    Empa-Forscher Erfu Wu (links) und Ivan Shorubalko untersuchen den Bildsensor.

    Bild: Empa

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