A&D: Herr Stemmer, Ihr Unternehmen hatte vor kurzem 25-jähriges Jubiläum. Wie haben Sie das gefeiert?
Wilhelm Stemmer: Wir dachten uns: In einer jungen Branche seit 25 Jahren erfolgreich zu sein, das müssen wir ausgiebig feiern! Die Aktionen rund um unser Jubiläum starteten wir dann schon ab dem 1. Juli, der ja der offizielle Geburtstag von Stemmer Imaging ist. Da das aber auch der Beginn unseres neuen Geschäftsjahres ist, haben wir das Jubiläumsfeier auf Anfang Oktober verschoben. Dafür luden wir Mitarbeiter, deren Partner sowie Kunden, Lieferanten und andere langjährige Wegbegleiter zu einem großen Gala-Dinner. Außerdem haben wir eine interessante und amüsante 25-Jahrebroschüre mit historischen Rückblicken, Einblicken in unser Unternehmen und Ausblicken auf die Zukunft der Bildverarbeitung erstellt.
Seit der Gründung des Unternehmens ist ein viertel Jahrhundert verstrichen. Was waren die wichtigsten Eckpunkte?
Vor der Gründung 1987, als Stemmer PC-Systeme, haben wir bereits 1975 unser erstes Bildverarbeitungssystem ausgeliefert. Weitere wichtige Eckpunkte der Unternehmensgeschichte waren aus meiner Sicht die Entwicklung und Einführung unserer Bildverarbeitungssoftware Common Vision Blox im Jahr 1997, die Beteiligung leitender Mitarbeiter vier Jahre später sowie die Gründung der Stemmer Imaging Group im Jahr 2004. Mit diesem damals sehr mutigen Schritt hatten wir uns entschieden, europaweit tätig zu werden. Diese Ereignisse zählten sicher zu den wesentlichen Höhepunkten der Firmenhistorie.
Gab es Zeiten an die Sie gerne zurück denken, und welche, die nicht so glücklich waren?
Ich denke, ich kann mit großer Zufriedenheit auf die 25 Jahre zurückblicken. Was mit einer kleinen Gruppe von gerade einmal fünf Mitarbeitern begann, hat sich dank richtiger Entscheidungen und natürlich dank fähiger, motivierter Mitarbeiter äußerst positiv entwickelt. Es ging mit unserem Unternehmen nahezu stetig aufwärts, und trotz einiger kleinerer Rückschläge wie etwa in den Jahren 2001/2002 und 2008/2009 haben wir es geschafft, ein Durchschnittswachstum von über 15Prozent pro Jahr zu erzielen. Natürlich gab es auch mal schwierige Zeiten und Phasen mit besonderen Herausforderungen, aber die positiven Momente waren klar in der Überzahl.
Wann und warum haben Sie sich entschieden sich auf industrielle Bildverarbeitung zu spezialisieren?
Mein erstes, 1973 gegründetes Unternehmen war der Wilhelm Stemmer Vertrieb für elektronische Bauelemente. Damals war mein Weg noch nicht klar definiert, ich wollte aber unbedingt mit Computern arbeiten und suchte deswegen nach Geschäftsfeldern in diesem Bereich. Am Anfang waren wir in der computergestützten Messwerterfassung schnell erfolgreich. Parallel leisteten wir Pionierarbeit in der Vernetzung von Computern. Die Bildverarbeitung war damals nur ein kleines Pflänzchen innerhalb unserer Firma. Erste Ansätze gab es etwa ab Mitte der 70er-Jahre. Mitte der 80er-Jahre trennte ich dann mein Unternehmen in die Stemmer Elektronik und die Stemmer PC-Systeme. Letzteres wurde später in Stemmer Imaging umbenannt. In beiden Firmen hatte ich schon jeweils einen Nachfolger als Geschäftsführer etabliert. Als dann 1998 tragischerweise der Geschäftsführer von Stemmer Imaging verstarb, habe ich mich zum Verkauf der Stemmer Elektronik entschieden und mich komplett auf die Bildverarbeitung konzentriert. Als Techniker und Ingenieur war mir dieser Bereich sehr viel näher als die schon langsam sehr kommerziell werdende Computervernetzung, mit dem sich das andere Unternehmen vor allem befasste. Inzwischen zählt die Bildverarbeitung zu den etablierten Techniken in der Automatisierung, doch sie hat deren Grenzen schon deutlich überschritten und kommt zunehmend in vielen anderen und zum Teil fast schon exotisch anmutenden Bereichen zum Einsatz. Bildverarbeitung ist und bleibt weiterhin ein sehr spannendes Thema!
Sie haben eine eigene Software entwickelt. Wieso?
Wir fanden damals keine Software, die die von uns ausgewählten Bildverarbeitungskomponenten als Systeme zum Laufen bringen konnte. Um die gewünschte Modularität zu erreichen, entwickelten wir die Softwarebibliothek Common Vision Blox (CVB). Das Problem war, dass jeder Hersteller von Bildverarbeitungskomponenten eine andere Programmiersprache nutzte und seine eigenen Treiber hatte. CVB ist eine einheitliche Software-Schnittstelle, die das Bild-Handling übernimmt und den Einsatz von Hardwarekomponenten unterschiedlicher Hersteller erleichtert. Letztendlich war diese eigene Software ein Meilenstein, ohne den wir das heutige Umsatzniveau niemals erreicht hätten.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Firmenstrategisch wollen wir natürlich unsere Position als Europas führender Techniklieferant für Bildverarbeitung behalten und weiter ausbauen. Ein Schritt in diese Richtung war die Erweiterung in die Benelux-Länder diesen Oktober. Mit der dort ansässigen Firma Iris Vision holen wir einen langjährigen Partner unter unser Dach. Dies wird möglicherweise nicht die letzte europäische Erweiterung unseres Unternehmens sein. Wir haben die Vision, einen Gesamtumsatz der Gruppe im dreistelligen Millionenbereich zu erzielen, und wollen dabei versuchen, eine Art „bodenständiger Mittelständler im Geiste“ zu bleiben. Auf technischer Ebene sehe ich unsere Rolle auch in den kommenden Jahren darin, Innovationen in der Bildverarbeitung mit voranzutreiben. Wir haben in der Vergangenheit immer ganz gut am Markt agiert und stets nach Zukunftsmärkten Ausschau gehalten. Das wird auch weiterhin so bleiben. Die Bildverarbeitung ist noch lange nicht ausgereizt: Es warten noch ganz viele interessante Aufgabenstellungen im industriellen wie auch in anderen Lebensbereichen darauf, mit Bilderverarbeitung gelöst zu werden. Ich freue mich daher auf weitere spannende und erfolgreiche Zeiten.