Machine Vision Braucht man künftig noch Framegrabber?

16.10.2014

Schnell und genau geht es in der IBV zu. Das bedeutet auch, dass hohe Datenraten transportiert und verarbeitet werden müssen. A&D fragt: Spielen bei moderner, leistungsfähiger Schnittstellen- und IPC-Technik Framegrabber überhaupt noch eine Rolle?

Michael Noffz, Silicon Software: Die Aufgaben der Framegrabber gehen heute über die ursprünglichen einer Schnittstellenkarte hinaus. Bilddaten werden eingezogen, umsortiert, Farb­informationen berechnet, die Bildqualität verbessert und anschließend sicher zur Weiterverarbeitung über eine BV-Software in den Hauptspeicher transportiert. Gerade in dem Bereich der schnellen oder hochauflösenden Sensoren ist der Bedarf gestiegen. Die Entwicklung der CoaXPress- und CameraLink-HS-Standards ist ein Indiz dafür. Da bereits Standards wie USB3 Vision für Bildverarbeitungsaufgaben mit höheren Bandbreiten entwickelt wurden, die keine expliziten Framegrabber benötigen, werden die Bilderfassungskarten jedoch immer mehr in Nischenmärkte gedrängt.

Wir sehen aber neue Chancen im Markt. Die Produktionsprozesse sind in ihrer Geschwindigkeit, Genauigkeit, Inspektionsqualität und Flexibilität noch nicht ausgereizt. Über die neuen Bildverarbeitungsstandards werden höhere Frequenzen und Auflösungen der Kameras unterstützt. Diese können zum Beispiel bei Vermessungsaufgaben direkt in eine höhere Messgenauigkeit umgesetzt werden. Hierfür wird eine robuste, industrielle Bilderfassungstechnik erwartet.

Insbesondere in der Bildverarbeitung direkt auf dem Framegrabber sehen wir großes Potenzial. Kleinere, dezentrale, energiesparende Systeme werden eine immer größere Bedeutung erlangen. Industrie 4.0 wird schleichend Einzug in die Produktion halten und den Umgang mit der visuellen Qualitätssicherung verändern. Begreift man den Framegrabber nicht als reine Schnittstellenkarte, sondern als ein spezialisiertes Gerät für anspruchsvolle Bildverarbeitungsaufgaben, hat das Revival gerade erst begonnen.

Stefan Waizmann, Framos: Laut unserer aktuellsten Umfrage unter 54 Kameraherstellern und -nutzern basieren 64 Prozent der industriellen Digitalkameras auf PC-Schnittstellen wie Ethernet, Gigabit Ethernet, 10 Gigabit Ethernet, USB 2.0 und USB 3.0. In zwei Jahren soll laut der Einschätzung der Teilnehmer dieser Wert auf 80 Prozent steigen. Framegrabber wurden bislang vor allem für Analog- und CameraLink-Kameras verwendet. Ihr Marktanteil soll hingegen in den kommenden zwei Jahren von 38 auf 8 Prozent sinken.

Eine deutliche Tendenz in der Industriellen Bildverarbeitung ist der Bedarf nach Kameras zur detaillierten Analyse von zahlreichen bewegten Objekten pro Zeit. Aktuelle Fortschritte in der Sensortechnik machen dies nun möglich, doch wie überträgt man all die Bilddaten an einen PC? Neue Standards wie 10 GigE, CameraLink HS und CoaXPress widmen sich diesem Problem.

Während 10 GigE mit moderner IT-Hardware auskommt, benötigen alle anderen Schnittstellen dedizierte Framegrabber. Die aufkommenden Datenraten können heutige PC-Komponenten jedoch noch nicht verarbeiten. Bis sich dies in Zukunft ändert, spielen Framegrabber die entscheidende Rolle, um die Datenflut von bis zu 24 Gigabit pro Sekunde zu bewältigen. Operationen, die auf der gesamten Pixelmatrix ausgeführt werden, verarbeiten die hoch-parallelisierten Rechenbausteine der Grabber deutlich performanter als jegliche mulitcore CPU. Die Grafik-Prozessoren böten zwar ausreichend Performance, aber allein das Kopieren der Daten in den Arbeitsspeicher der Grafikkarte bringt selbst moderne PC-Architekturen an ihre Grenzen. Für derart anspruchsvolle Applikationen sind Framegrabber also eine echte Lösung. Die Tage in denen sie zu tausenden zur Erfassung von Analog- und CameraLink-Kameras verkauft wurden, sind jedoch gezählt.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel