Gesalzene Erdnüsse gibt es schon lange, auch mit Teigmantel. Eher ungewöhnlich sind aber die teigummantelten Erdnüsse in den Geschmacksrichtungen Currywurst und Hamburger, über die sich die Fußball-Fans zur diesjährigen Europameisterschaft freuen können. Nicht nur die Lebensmittelindustrie, auch die Hersteller von Getränken, Reinigungsmitteln oder Kosmetik sind kreativ, wenn es ums Finden von Düften und Geschmäckern geht. Die Variationen sind unermesslich. Rund 2.500 Aromastoffe stehen Flavoristen für Duftkreationen und diverse Geschmacksrichtungen zur Verfügung. Zehn bis 30 verschiedene Schlüsselstoffe bilden zum Beispiel das Aroma von Früchten nach. Für Parfüms und Düfte von Wasch- und Reinigungsmitteln werden gar zehn bis 200 Riechstoffe gemischt. Dabei setzen Unternehmen wie Procter& Gamble für Waschmittel mit Duftnoten wie „Sonnenstrahl mit Orangenblüte“ oder „Sommerregen mit weißer Lilie“ auf die Assoziation mit der Natur. Aus wirtschaftlichen und allergologischen Gründen werden dafür die Düfte synthetisch nachgebaut. In Lebensmitteln und Getränken hingegen werden immer mehr natürliche Aromen eingesetzt. Dieser Trend ist laut Wild, einem Hersteller von natürlichen Zutaten für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, ungebrochen. Liebhaber von Chips, Mineralwasser oder Schokolade finden inzwischen zahlreiche Sorten mit natürlichen Aromen.
Zehn Tonnen Erdbeeren pro Kilo Aroma
Doch die Natur hat ihre Grenzen: So kann zum Beispiel der Bedarf an Erdbeeraromen ausschließlich aus Erdbeeren nicht gedeckt werden - dafür sind die Früchte gar nicht in ausreichenden Mengen vorhanden. Hinzu kommt, dass der Gehalt an Aromastoffen in der Frucht sehr gering ist - im Schnitt etwa nur 0,01Prozent. Für 1kg konzentriertes Erdbeeraroma müssten zehn Tonnen Erdbeeren eingesetzt werden. Dr. Andreas Wäsche, Verfahrenstechniker bei SPX Flow Technology: „Aufgrund der hohen Rohstoffkosten werden wirtschaftliche Verfahren benötigt, mit denen neben den natürlichen Aromen weitere Produkte gewonnen werden können.“ Technologisch bedeutet das zum Beispiel, zwei Extraktionsverfahren in Reihe anzuwenden. Aus Rosmarinblättern können so zum einen ätherische Öle für Aromen und Düfte gewonnen werden, zum anderen geruchlose Antioxidantien für die Lebensmittelindustrie oder auch für Kosmetik. Damit eröffnen sich neue Märkte. So erweitert zum Beispiel der Aromenhersteller Symrise sein Angebotsspektrum auf den Gesundheitsmarkt. Mit seinem weiterentwickelten SymTrap-Verfahren kann das Unternehmen flüchtige Aromastoffe und biofunktionale Wirkstoffe in natürlichen Extrakten anreichern - wie zum Beispiel die sogenannten Anthocyane im Extrakt aus der wilden Heidelbeere. Diese Stoffe haben antioxidative Eigenschaften und können beispielsweise die Funktion der Kapillargefäße unterstützen. Hans Holger Gliewe, Vorstand Flavor & Nutrition bei Symrise, sagte bei der Einweihung der Anlage im Jahr 2011: „Mit dem SymTrap-Verfahren in zweiter Generation beweisen wir, dass sich für unsere Aromastoffe etablierte Technologien auch dazu eignen, botanische Extrakte mit standardisierten biofunktionalen Wirkstoffen herzustellen.“ Natürliche Aromen werden mit unterschiedlichen physikalischen Verfahren - zum Beispiel Destillation oder Extraktion - gewonnen, aber auch mit biotechnologischen Verfahren. Letztere sind für einige Dutzend Aromen schon etabliert. Und es wird daran gearbeitet, die Ausbeute an Aromen mit speziellen Enzymen zu erhöhen.
Fruchtgeschmack aus dem Champignon
Attraktiv werden könnte jedoch eine ganz neue Art, Geschmack in bestimmte Lebensmittel zu bringen, wie Prof. Dr. Holger Zorn vom Institut für Lebensmittelchemie und -biologie der Universität Gießen meint: „Es gibt die Tendenz hin zu fermentativen Methoden mit höheren Pilzen, mit denen Lebensmittel ready-to-use hergestellt werden.“ Zu den höheren Pilzen zählen kultivierbare Sorten wie Champignons oder Shiitake-Pilze. „Aus den Pilzen erwarten wir noch sehr interessante Geschmacksrichtungen“, sagt Prof. Zorn: zum Beispiel aus Reis- oder Sojamilch fermentativ hergestellte Erfrischungsgetränke, die fruchtig schmecken und demnach Aromaeigenschaften haben, denen aber keine Aromen hinzugefügt wurden. Auch wenn für einige Lebensmittel ein fruchtiger Geschmack ohne Zusatz von Aromen erzeugt werden kann, wird die Lebensmittel- und Getränkeindustrie weiterhin mit Aromen - natürlichen, naturidentischen oder synthetischen - schmackhafte Produkte herstellen. In geschätzt 15Prozent aller Lebensmittel in Deutschland sollen Aromen enthalten sein - Tendenz steigend. Aromenhersteller sind bestrebt, die kleinteilige Produktion der Aroma- und Duftstoffe so weit wie möglich zu automatisieren - zum Beispiel bei der Mischung der Aroma- und Duftöle. Hat sich die Produktion großer Aromenhersteller schon längst von Handmischen zu einem automatisierten High-Tech-Mischbetrieb gewandelt, holen kleinere Unternehmen der Branche dies nach, wie Stephan Fricke, Geschäftsführer von Fricke Abfülltechnik beobachtet: „In den vergangenen zwei Jahren interessieren sich immer mehr kleinere Firmen aus der Duft- und Aromenindustrie für die automatisierte Dosiertechnik.“ Aroma- und Duftöle können damit präzise, reproduzierbar und in einer kalkulierbaren Zeit ausgemischt werden.