Ihren Anfang nimmt die Herstellung in Moses Lake im US-Bundesstaat Washington: Das Joint Venture SGL Automotive Carbon Fibers (ACF) erzeugt dort mit Hilfe von umweltschonendem Strom aus Wasserkraft eine 7 Mikrometer dünne, aus nahezu reinem Kohlenstoff bestehende Faser mit stabiler Graphitstruktur. Etwa 50.000 dieser haarfeinen Filamente zusammen ergeben erst die Faser, wie sie für die Verwendung in automobilen Anwendungen (oder in den Rotorblättern von Windkraftanlagen) geeignet ist. Im Innovationspark Wackersdorf entstehen aus den Faserbündeln textile Gelege - kein Druckfehler: In Geweben wären die Fasern miteinander verschränkt und verwoben, während im Gelege die Faserorientierung innerhalb einer Ebene erhalten bleibt und so die günstigen Eigenschaften des späteren Bauteils gewährleistet. Die eigentlichen CFK-Karosserieteile entstehen aber erst in den Presswerken in Landshut und Leipzig: In Landshut schon seit geraumer Zeit die Dächer für die BMW-Modelle M3 und M6 sowie die Stoßfängerträger des M6 in industrialisierter CFK-Produktion, in Leipzig nun erstmals Seitenteile und andere Karosserieelemente im Minutentakt. Im neuen Presswerk in Leipzig erhalten die aus Wackersdorf angelieferten zugeschnittenen Kohlefasergelege zunächst im sogenannten Preform-Prozess ihre spätere Form. Der Trick, der die spätere korrekte Orientierung garantiert: Heizwerkzeuge verleihen den Lagenpaketen ihre stabile, dreidimensionale Form. Mehrere dieser vorgeformten Preform-Rohlinge können dann zu einem größeren Bauteil - etwa ein kompletter Seitentürrahmen - aufeinandergelegt werden. So lassen sich großflächige Karosseriebauteile herstellen, die in Aluminium oder Stahlblech nur schwer zu realisieren wären. Nach dem Konfektionieren und Vorformen folgt der nächste Prozessschritt: das Harzen unter Hochdruck nach dem RTM-Verfahren (Resin Transfer Moulding). Bei dem aus Luft- und Raumfahrt sowie Boots- und Windräderbau bekannten RTM-Harzinjektionsverfahren dringt flüssiges Harz unter hohem Druck in die Preform-Rohlinge ein und gibt in der Verbindung mit den Fasern nach dem Aushärten dem Material seine enorme Steifigkeit.
Spezielles Verfahren erlaubt kurze Taktzeiten
Entscheidend für die kurze Taktzeiten sind die von BMW entwickelten Zeit-, Druck- und Temperaturparameter, bis sich das Harz mit dem Härter vollständig verbunden hat und ausgehärtet ist. Das Prozedere spart den sonst nötigen zeitraubenden Aushärteprozess im Ofen. Lediglich Feinarbeiten wie das saubere Zuschneiden der Bauteilkontur sowie das Einbringen fehlender Öffnungen sind noch zu erledigen. Dazu werden die Teile mit einer speziellen Wasserstrahlschneideanlage bearbeitet, danach gesandstrahlt und die Klebeflächen für die Weiterverarbeitung aufgeraut. Denn die beherrschende Form der Weiterverarbeitung ist das Kleben: Insgesamt ergibt sich pro gefertigtem i3 eine 20 Millimeter breite, aber 160 Meter lange Klebestrecke. In dem im Hause entwickelten Prozess fügen Roboter die einzelnen Bauteile berührungslos bis auf einen Klebespalt von 1,5 Millimeter zusammen. Weil alle Verbindungsbauteile im sogenannten Life-Modul immer mit gleichem Abstand zueinander stehen, bekommen sie die gleiche Menge Klebstoff - die geplante Kraftübertragung und damit die Festigkeit zwischen den CFK-Bauteilen ist gewährleistet. Der neu entwickelte Klebstoff baut bereits nach 90 Sekunden Haftung auf; nach anderthalb Stunden ist er hart - zehnmal so schnell wie ein herkömmlicher Kleber. Um die Karosserieteile dennoch schon nach wenigen Minuten transportieren zu können, erhitzt BMW bestimmte Heftstellen an den zu klebenden CFK-Teilen zusätzlich, was den Aushärteprozess noch einmal um das 32fache beschleunigt.
Schritte zum CFK-Recycling
Und was passiert mit den CFK-Resten? Der Autobauer hat zur i-Produktion einen geschlossenen Kreislauf aufgebaut: Sortenreine Produktionsabfälle können in der Produktion wiederverwertet werden, Wertstoffe aus Unfall- oder Altfahrzeugen wenigstens in anderen Anwendungen eingesetzt werden. Das „trockene“ (nicht verharzte) Material, also etwa Verschnittreste können wieder zu hochwertigen Vliestextilien aufbereitet werden und zur Weiterverwendung in den Herstellungskreislauf eingehen. Rund zehn Prozent der beim BMW i3 eingesetzten Carbonfasermenge sind bereits heute recyceltes Material, bilanziert der Hersteller die nach eigenen Angaben weltweit einmalige Leistung stolz. Bei der Verarbeitung der mit Harz vernetzten Carbonfasern, dem sogenannten Verbundstoffrecycling, dient das energiereiche Harz als Brennstoff zur Abtrennung der Kohlefasern, die in strukturell anspruchsloseren Bauteilen - etwa einer Sitzschale - wieder zum Einsatz kommen können. Gemahlen oder als Kurzfaser geschnitten finden recyceltes CFK oder Carbonfasern auch außerhalb der Autoindustrie in vielen Bereichen wieder Verwendung, etwa als Gehäusewerkstoff.