Im Projekt MANTIS werden speziell die Vorteile der sogenannten MDI-QKD gegenüber klassischen QKD-Verfahren erforscht. Das Projekt im Umfang von fünf Millionen Euro ist nun offiziell mit einem Kickoff gestartet. „Die jüngsten Überschwemmungen in Süddeutschland haben gezeigt, was es bedeuten kann, wenn Strom, Gas oder Wärmeversorgung zusammenbrechen“, sagt Dr. Christopher Spiess. Der Fraunhofer-Forscher koordiniert das Projekt MANTIS, das in Jena in seine dreijährige Laufzeit gestartet ist.
Kritischen Infrastrukturen revolutionieren
Ziel des Projektes ist es, die Sicherheit von kritischen Infrastrukturen wie Gasleitnetzen, Stromtrassen oder Kommunikationssystemen zu revolutionieren. Denn im digitalen Zeitalter sind es nicht allein Naturkräfte, sondern allem voran Cyberangriffe von Menschenhand, die eine akute Bedrohung für die Sicherheit derartiger Netzwerke darstellen.
MANTIS will diese Netzwerke daher robuster gegen solche Angriffe machen. Die Technologie, die im Mittelpunkt der Forschungs- und Entwicklungsarbeit steht, ist die Quantenkommunikation, insbesondere die sogenannte Quantenschlüsselverteilung (QKD). Diese nutzt Prinzipien der Quantenphysik, um hochsichere Kommunikationswege zu schaffen.
Neues Maß an Sicherheit dank QKD unabhängig von Messgeräten
Gegenüber standardmäßiger QKD will das Projekt MANTIS einen wichtigen Schritt weitergehen: Das Projekt zielt auf die Entwicklung einer messgeräteunabhängigen und chipbasierten QKD (MDI-QKD) ab. Als spezifischer Anwendungsfall wird der Einsatz für Gasleitsysteme untersucht werden. Die Abkürzung MANTIS steht daher für: „Messgerätunabhängige QKD und sichere Systemsynchronisation für Anwendungen in Gasleitsystemen und kritischer Infrastruktur.“
MANTIS adressiert damit eine der größten Herausforderungen bei der Umsetzung von klassischen QKD-Systemen: Die sogenannten Seitenkanalangriffe. Diese können bei standardmäßiger QKD auftreten, wenn Angreifer Zugang zu den Messgeräten haben, die zur Entschlüsselung der Quantenschlüssel beim Empfänger genutzt werden.
„Bei standardmäßiger QKD befinden sich die Messgeräte des Empfängers in einer sicheren Umgebung. Auf diese Weise wird ein Zugriff durch Unbefugte von außen verhindert“, erklärt Projektleiter Christopher Spiess. „Wenn allerdings ein Angreifer physischen Zugang zu den Messgeräten bekäme, dann ist das standardmäßige QKD nicht mehr sicher.“
Vorteile der MDI-QKD gegenüber traditionellen QKD-Ansätzen
Demgegenüber ist die MDI-QKD, um die sich beim Projekt MANTIS alles dreht, eine spezielle Form der QKD. Hier übermitteln mehrere Nutzer Quantensignale an einen zentralen Knoten. Durch die Überprüfung der Korrelation von Messergebnissen wird die Vertraulichkeit des Schlüsselaustauschs gewährleistet und eine Reihe bekannter Angriffsvektoren auf das Detektionssystem ausgeschlossen.
Anders als die standardmäßige QKD ermöglicht die MDI-QKD selbst dann einen sicheren Austausch von Quantenschlüsseln, wenn ein Angreifer physischen Zugang zu den Messgeräten hat. „Alle Messgeräte können hier praktisch direkt in den Händen eines Hackers liegen. Allerdings nützt der Zugang zu den Messgeräten dem Angreifer nichts, denn das MDI-QKD-Protokoll stellt sicher, dass die Messinformationen für den Abhörer unbrauchbar sind“, führt Spiess weiter aus.
„Mit MANTIS setzen wir neue Maßstäbe in der Quantenkommunikation. Die MDI-QKD geht über die traditionellen Ansätze hinaus und bietet daher auch unter extremen Bedingungen maximale Sicherheit.“ Zusätzlich soll das Projekt ein wichtiger Zwischenschritt hin zur sogenannten Twin-Field QKD (TF-QKD) sein.
Stabilisierung für weite Übertragungsstrecken
Im Gegensatz zu klassischen Methoden, bei denen Sender und Empfänger direkt miteinander kommunizieren, wird bei MANTIS ein dritter Punkt, eine Zwischenstation, eingeführt. Dieser Aufbau ist sehr ähnlich zu TF-QKD, wo zusätzlich noch eine hochgenaue Stabilisierung der Wegstrecken eine Rolle spielt. Diese Stabilisierung ermöglicht es mit TF-QKD besonders weite Übertragungsstrecken zu erreichen.
„Aktuelle Forschungen zeigen, dass mit TF-QKD Distanzen von bis zu 1.000 km in optischer Glasfaser überbrückt werden können“, erläutert Spiess. „Aufbauend auf dem Vorhaben in MANTIS soll es perspektivisch ein solches Twin-Field-Protokoll geben. Die Arbeit im Projekt MANTIS ist daher auch ein wichtiger Meilenstein hin zu extremen Entfernungen für die Quantenkommunikation.“
Projektpartner im Projekt MANTIS
Das Projekt MANTIS wird mit einem Budget von 5,11 Millionen Euro umgesetzt werden. Davon fließen circa 1,45 Millionen Euro an das Fraunhofer IOF in Jena. Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben ist bis 2027 angelegt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einem Förderanteil von 86 Prozent unterstützt.
Zu den Partnern gehören neben dem Fraunhofer IOF auch das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS/EAS aus Dresden sowie das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT mit seinem Standort Aachen. Weiterhin gehören die Universität Münster sowie das Unternehmen PSI Software SE aus Berlin dem Konsortium an.