10-Punkte-Fahrplan
Bereits im Jahr 2007 hat Emerson Network Power einen Fahrplan zur Effizienzsteigerung und Energieeinsparung im Rechenzentrum entworfen. Jede der dabei vorgestellten Strategien wurde anschließend in einem 464,5 Quadratmeter großen Modellrechenzentrum mit 210 Serverracks und einer durchschnittlichen Rackdichte von 2,8 kW auf Herz und Nieren geprüft und die Auswirkungen auf den Energieverbrauch berechnet.
Insgesamt ergaben sich bei Anwendung aller zehn Strategien eine Energieeinsparung von 52 Prozent und eine Reduzierung des Platzbedarfs um 65 Prozent. In den vergangenen Jahren sind neue Möglichkeiten für die Optimierung der Effizienz und Kapazität entstanden. Mit dem überarbeitetenKonzept Energy Logic 2.0 lässt sich inzwischen mithilfe verfügbarer Technologien der Energieverbrauch in Rechenzentren um mehr als 70 Prozent senken. Wie das geht, zeigen die folgenden Tipps:
1 Energiesparende Komponenten
Um den Kaskadeneffekt voll zu nutzen, lohnt sich die Anschaffung energiesparender Komponenten. Dabei müssen keine Einbußen bei der Leistung hingenommen werden. Denn es gibt hocheffiziente Prozessoren am Markt, die 40 bis 60 W weniger Energie als Standardprozessoren verbrauchen. Die Senkung des Stromverbrauchs der Prozessoren von durchschnittlich 91 W auf 54 W reduziert den Energieverbrauch um rund 11,2 Prozent.
2 Effiziente Stromversorgung
Potenzial besteht auch bei den Netzteilen. Schätzungen zufolge liegt ihr Wirkungsgrad im Schnitt nur bei 86,6 Prozent, dabei könnte er bei 93 Prozent liegen. Die Effizienz der Netzteile ist abhängig von der Auslastung der Server. Netzteile, die bei Teillast eine bessere Leistung aufweisen, eignen sich besonders für Geräte mit zwei Netzkabeln, denn diese haben eine durchschnittliche Auslastung der Stromversorgung von weniger als 30 Prozent. Einsparungen bei den Netzteilen können der Gesamtenergie-verbrauch um 7,1 Prozent reduzieren.
3 Stromverwaltung für Server
In vielen Rechenzentren sind zahlreiche Server nur zu 20 Prozent ausgelastet, verbrauchen jedoch 80 Prozent der Energie, die für eine volle Auslastung notwendig ist. Dabei lässt sich der Energieverbrauch von Servern durch eine intelligente Stromverwaltung um rund 10 Prozent senken.
Moderne Lösungen für Data Center Infrastructure Management (DCIM) übernehmen diese Aufgabe. Sie sammeln zusätzlich Betriebsdaten in Echtzeit und führen sie mit den Nutzungs-daten der Server zusammen. Das schafft die notwendige Transparenz, um ungenutzte Kapazitäten und leistungsschwache Server zu identifizieren und die Stromverwaltung für Server sicher und effektiv gestalten zu können.
4 Gesamtkonzept für IKT-Architektur
Viele Rechenzentren werden immer wieder erweitert. Die Folge sind siloartige Architekturen, bei denen die Virtualisierung häufig auf die jeweilige Anwendungsebene beschränkt ist. Weitere Probleme solcher nicht optimierter Netzwerkarchi-tekturen sind Doppelungen, mangelnde Ressourcenüber-wachung und Koordination der Switching/Routing-Infrastruktur des Netzwerks. Darunter leiden Effizienz und Leistung des Netzwerks. Eine Möglichkeit, die Effizienz zu steigern, ist der Einsatz leistungsfähigerer Netzwerkkabel. Die Verlustleistung von Cat-7-Kabeln liegt deutlich unter der von Cat 5.
Für die Implementierung einer zusammenhängenden IKT-Architektur benötigt man Regeln und Richtlinien, die für alle Systeme des Rechenzentrums gelten. Die IT-Ressourcen werden nach einem Gesamtkonzept installiert, das sich an der Arbeitsbelastung orientiert und den Umfang des Netzwerks sowie die Kosten minimiert. Dadurch lassen sich die Vorteile einer zentralen Kontrolle durch ein DCIM-System voll ausschöpfen.
5 Virtualisierung und Konsolidierung der Server
Auch eine verstärkte Virtualisierung kann bekanntlich zu Energieeinsparungen führen. Ältere Server lassen sich auf deutlich weniger Hardware konsolidieren und Kapazitäten flexibler zuweisen. Wird die Server-Virtualisierung von 30 auf 60 Prozent erhöht, sinkt der Energieverbrauch des Rechenzentrums um 29 Prozent. Bei einem Rechenzentrum mit 1543 kW bedeutet das Einsparungen von 448 kW. Eine effiziente Überwachung der virtualisierten Umgebung mit einem leistungsstarken DCIM-Tool ist allerdings die Voraussetzung. Diese schafft die notwendige Transparenz in Bezug auf die Verwendung der virtuellen Server und die freie Kapazität.
6 Architektur der Stromversorgung
Früher mussten sich Rechenzentrumsverantwortliche zwischen Verfügbarkeit und Effizienz bei der Stromversorgung entscheiden: USV-Systeme mit Double-Conver-sion boten die größte Verfügbarkeit, Line-Interactive-Systeme die bessere Effizienz. Inzwischen haben USV-Systeme mit Double-Conversion in punkto Effizienz mächtig aufgeholt. Sie verbrauchen aber weiterhin 4 bis 6 Prozent der zugeführten Energie für die Wandlung Wechselstrom-Gleichstrom-Wechselstrom. Dieser lässt sich durch den Einbau eines Bypass-Schalters in das USV-System umgehen, wenn das Rechenzentrum nicht sehr kritisch oder die Netzstromversorgung von höchster Qualität ist. Der Bypass gewährleistet einen unterbrechungsfreien Transfer der Last auf ein Hilfs- oder Sicherungssystem. So können Wartungsarbeiten durchgeführt werden und bei Überlastung und akutem Verlust der Busspannung bleibt die Stromversorgung unterbrechungsfrei. Das USV-System überwacht die Qualität der Bypass-Stromversorgung. Die Implementierung eines Eco-Modus und die Optimierung des Leistungspfads von der USV zu den Servern und anderen Geräten senken den Energie-verbrauch eines Rechenzentrums um vier Prozent des Gesamtverbrauchs beziehungsweise um zehn Prozent der nach der Implementierung der anderen Strategien verbleibenden Last von 614 kW.
7 High-Density-Kühlung
Eine weitere Möglichkeit, den Energieverbrauch zu senken, ist die Erhöhung der Rechenzentrumsdichte, vorausgesetzt man schafft eine Umgebung, die wesentlich höhere Dichten unterstützt. Dafür muss das Kühlgerät näher an die Wärmequellen herangebracht werden, um heiße Luft aus dem Warmgang zu ziehen und dem Kaltgang kalte Luft zuführen zu können. Dabei wird ein Teil der Kühllast von herkömmlichen Umluftkühlgeräten auf zusätzliche Kühl-einheiten übertragen, die an oder entlang der Racks angebracht sind. Eine solche High-Density-Kühlung senkt den Energieverbrauch im Rechenzentrum um weitere 1,5 Prozent.
8 Temperatur- und Luftstrom-Management-
Eine weitere Senkung des Energieverbrauchs ist durch eine strikte Trennung von warmer und kalter Luft und eine Erhöhung der Rücklufttemperatur zu erreichen. Dafür sorgt eine Kaltgangeinhausung. Zusätzlich sollte für eine präzise Steuerung von Ventilatorendrehzahl, Kühlwassertemperatur und Economizer gesorgt werden. Intelligente Steuerungen ermöglichen es, die Kühlung nicht nur an der Umgebungstemperatur und der Luftfeuchtigkeit, sondern auch am konkreten Bedarf der Server auszurichten. Sind Kompressor und Luftstrom optimal eingestellt, lässt sich die Temperatur im Kaltgang erhöhen. Wird zum Beispiel eine um 5,6 Grad wärmere Rückluft toleriert, kann die Effizienz der Kühleinheit um 30 bis 38 Prozent steigen - abhängig vom System.Ein DCIM-System ermittelt die optimale Temperatur, indem es die Temperaturen mit den Energie-verbrauchsmustern der Kühlsysteme und Server vergleicht. Eine sehr wirkungsvolle Möglichkeit, die Effizienz zu optimieren, bietet die freie Kühlung. Durch die Optimierung des Kühlsystems kann der Energieverbrauch um weitere 5,2 Prozent gesenkt werden, vorausgesetzt, die anderen Strategien wurden ebenfalls umgesetzt.
9 Kühlung mit variabler Kapazität
Spitzenlasten kommen in Rechenzentren nur selten vor. Es ist deshalb wichtig, dass die Kühlsysteme auch im Teillast-betrieb effizient arbeiten. Bei Kaltwassersystemen sind die Ventilatoren die hungrigsten Energiefresser. Stufenlos regelbare EC-Ventilatoren sind deshalb zu präferieren. Diese können in bestehende Kühleinheiten eingebaut und über die intelligente Steuerung geregelt werden. Kompressoren mit variabler Kapazität für Direct-Expansion-Systeme (DX) sowie Kaltwassersysteme können die Effizienz weiter erhöhen. Der Energieverbrauch des Rechenzentrums sinkt durch ein derart optimiertes Kühlsystems um weitere 2,6 Prozent.
10 Infrastrukturmanagement von Rechenzentren (DCIM)
DCIM-Lösungen (Data Center Infrastructure Management) helfen, die Effizienz, die Kapazität und die Verfügbarkeit des Rechenzentrums zu optimieren. Die für ein Rechenzentrum verantwortlichen Personen erhalten mit Hilfe eines solchen Systems nicht nur einen Überblick über das gesamte Rechenzentrum, sondern das System kann beispielsweise eigenständig Alarm auslösen, wenn gewisse Grenzwerte überschritten werden. Zudem werden die Vorgänge in Rechenzentren mit Hilfe einer DCIM-Lösung so transparent, dass ungenutzte Server-kapazitäten identifiziert und ungenutzte Infrastrukturkapazitäten genutzt werden können.
Fazit
Der hier vorgestellte herstellerneutrale Fahrplan "Energy Logic 2.0" hilft den für ein Rechenzentrums Verantwortlichen, die Effizienz zu steigern und auf diese Weise den Energie-verbrauch zu senken. Jede der genannten Strategien leistet bereits einen Beitrag. Alle zusammen ermöglichen, den Energieverbrauch eines "typischen" Rechenzentrums mit einer Größe von 464,5 Quadratmetern um mehr als 70 Prozent zu senken. Gleichzeitig bleiben dabei aber auch die Verfügbarkeit und Flexibilität des Rechenzentrums erhalten.