Die Deutsche Telekom hat gemeinsam mit einem Industriekonsortium bestehend aus Citronics, Evonik, Fairphone, Infineon, MaxLinear, Sagemcom und dem INC Innovation Center einen zukunftsweisenden Ansatz entwickelt. Damit können aus Altgeräten herausgelöste Elektronikkomponenten für die Produktion von Neugeräten genutzt werden. Der erste Prototyp eines DSL-Routers ist bereits voll funktionstüchtig: der NeoCircuit Router. Mit ihm werden CO2-Emissionen in der Produktion verringert, wertvolle Ressourcen wie Metalle, Edelmetalle und Seltene Erden im Kreislauf gehalten und der weltweite Ressourcenverbrauch reduziert. Für den NeoCircuit Router bedeutet das:
Weiterverwendung von zentralen Elektronikkomponenten wie Hauptplatine, Prozessor, Speicherchips aus einem alten Smartphone wie dem Fairphone 2
Weiterverwendung physischer Konnektoren wie DSL- und USB-Stecker
Weiterverwendung physischen Zubehörs wie Kabel und Netzstecker
Insgesamt wird damit bereits in der ersten Ausbaustufe des Prototyps in der Elektronik ein Zirkularitätsgrad von circa 70 Prozent erreicht. Das bedeutet, weit mehr als die Hälfte der eingesetzten Ressourcen kommt aus weiterverwendeten oder recycelten Quellen. Gleichzeitig wird vor allem durch die Weiterverwendung der bestehenden Prozessoren der entsprechende CO2-Fußabdruck und damit die CO2-Emissionen in der Größenordnung von circa 50 Prozent reduziert. Aktuell hat der Prototyp noch kein Gehäuse, damit die Elektronik sichtbar ist. Das Gehäuse wäre aber bei Realisierung zu 100 Prozent aus Recyclat.
Ausbau der Kreislauffähigkeit
„Neu ist, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern nicht wie bisher ausschließlich auf das traditionelle Elektrorecycling setzen, bei dem immer noch große Teile verbrannt werden. Stattdessen konzentrieren wir uns auf die Weiterverwendung noch funktionsfähiger Komponenten wie zum Beispiel Prozessoren, Speicher und Transistoren. Unser Ansatz ähnelt dem Baukasten-Prinzip: Wir nehmen gebrauchte Einzelkomponenten und bauen daraus voll funktionsfähige neue Geräte, erläutert Projektleiter Dr. Henning Never von der Deutschen Telekom den Ansatz. „Beim Design und der Produktion von Endgeräten wie unserem NeoCircuit Router kann das ein echter Gamechanger in der Branche werden.“
Als Konzern hat sich die Deutsche Telekom verpflichtet, bis 2030 bei Technologien und Endgeräten nahezu vollständig kreislauffähig zu sein. Doch die Digitalbranche funktioniert in diesem Punkt noch weitgehend linear: Geräte werden entwickelt, gebaut und nach kurzer Nutzungszeit ausrangiert, Smartphones zum Beispiel nach durchschnittlich 2,5 bis 3 Jahren. Die Möglichkeit, Geräte auseinanderzunehmen und einzelne Elektronikbestandteile weiterzuverwenden, ist kaum gegeben. Geräte sind oftmals verklebt, Platinen und Komponenten nicht oder kaum herauslösbar und viele Prozessoren vom Aufbau und der Software her auf sehr spezifische Aufgaben ausgelegt. Sie sind daher nur schwer für andere Aufgaben einsetzbar. Kein Wunder, dass allein 2022 rund 5,3 Milliarden Mobiltelefone zu Elektroschrott wurden, obwohl viele der verbauten Elektrokomponenten noch funktionsfähig waren. Hier braucht es ein Umdenken der Hersteller, damit Endgeräte bereits vom Design her modular und im Sinne der maximalen Wiederverwertbarkeit aufgebaut werden.
Bertrand Pascual, VP Sales Broadband Business Solutions Sagemcom sagt: „Die rasante Entwicklung elektronischer Geräte bietet eine einzigartige Gelegenheit, die Art und Weise zu überdenken, wie Komponenten und Materialien verwendet werden. Ziel des NeoCircuit-Projekts ist es, zu zeigen, dass voll funktionsfähige Geräte, wie zum Beispiel Router, aus überwiegend wiederverwendeten oder recycelten Komponenten gebaut werden können. Ein Beispiel ist die Umwidmung von Prozessoren aus mobilen Geräten für alternative Anwendungen, wodurch deren Lebenszyklus verlängert und der Bedarf an neuen Rohstoffen reduziert wird. Durch die Anwendung zirkulärer Designprinzipien erforschen wir neue Wege, um die Ressourceneffizienz zu erhöhen und ein nachhaltigeres Produktionsmodell für Geräte der nächsten Generation zu schaffen.”
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Fazit
Der Prototyp des NeoCircuit ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg hin zu einer kreislauffähigeren ICT-Branche. Die Projektpartner wollen mit dem Prototyp Impulse im Markt auslösen und ein Umdenken beim Design neuer Endgeräte anregen. Für die Umsetzung braucht es Akzeptanz und eine breite Allianz innerhalb der Industrie. Damit die wirtschaftlichen Skaleneffekte greifen, müssen der Ausbau und die Funktionsprüfung von Komponenten automatisiert werden. Gelingt dies, wären im Vergleich zu Abbau, Produktion und Transport neuer Komponenten Kosteneinsparungen von mindestens 20 Prozent möglich.