E&E:
Herr Ihrke, wie sollten Unternehmen bei der Entwicklung neuer Produkte vorgehen?
Joachim Ihrke:
Mein erster Tipp wäre, frühzeitig mit demjenigen zu sprechen, der später prüfen und zertifizieren soll. Der Kunde muss sich außerdem die Frage stellen, welche Funktion er realisieren will und welchen Zielmarkt er ansteuert. Hat der Kunde darüber erst einmal Klarheit und ist eine grundsätzliche Produktidee vorhanden, kann man mit dieser früh in Diskussion treten und die Weichen stellen. Eine frühe Berücksichtigung der Randbedingungen sichert den Unternehmen einen möglichst großen Einfluss auf das Produktdesign. Zu diesem Zeitpunkt sind die Hersteller in ihrer Entwicklung noch flexibel.
E&E:
Die Standards und gesetzlichen Vorgaben schränken das Design ein. Sie sagen, sie frühzeitig einzubeziehen mache den Entwicklungsprozess flexibler. Ist das nicht ein Widerspruch?
Ihrke:
Die Standards geben natürlich gewisse Grenzen vor. Berücksichtige ich sie allerdings nicht von Beginn an, bin ich nachher vielleicht gezwungen mein Design zu ändern, sofern mein Produkt die Richtlinien nicht erfüllt. Dann laufen bereits die Terminpläne und die Projektbudgets – und die technischen Möglichkeiten sind schon stark eingeschränkt.
E&E:
Viele Produkte müssen nicht nur gesetzliche Richtlinien erfüllen, sondern auch Unternehmen machen bestimmte Vorgaben. Beraten Sie auch in solchen Fällen?
Ihrke:
Kundenspezifische Anforderungen sind zum Beispiel in der Automobilbranche weit verbreitet. Gerade wenn es um EMV oder sehr komplexe technische Anforderungen geht, haben die Hersteller oft eigene Standards. In solchen Fällen gilt es, verschiedene Anforderungen in einem Produkt unter einen Hut zu bekommen. Auch das bieten wir natürlich an – mit einer gewissen Vorliebe sogar. Effektive Lösungen zu finden, ist in solchen Fällen meist sehr schwer, aber das bringt unsere Expertise besonders hervor. Dafür schätzen uns unsere Partner ausdrücklich.
E&E:
Wie bleiben Sie auf dem neuesten Stand hinsichtlich der Standards und Gesetzesänderungen? Gibt es da einen heißen Draht zu den Verantwortlichen?
Ihrke:
Absolut. Wir sind in allen wichtigen Normengremien mit Experten vertreten. Durch unsere zahlreichen Niederlassungen in allen relevanten Ländern und Regionen bekommen wir außerdem mit, wenn sich etwas an den Vorgaben vor Ort ändert. In der Regel gibt es dann Übergangsfristen. Möchte ein Kunde während dieser Zeit ein Produkt einführen, empfehlen wir ihm von vornherein zweigleisig zu fahren oder frühzeitig den neuen Standard zu adaptieren.
E&E:
Wenn Kunden mit Ihnen das Design neuer Produkte besprechen, gibt es sicher auch Befürchtungen, Firmengeheimnisse könnten dadurch nach draußen dringen. Wie gehen Sie damit um?
Ihrke:
Geheimhaltung ist bei uns ein Riesenthema. Informationen bekommen wir nämlich nur, wenn wir dem Kunden Geheimhaltung gewährleisten. In unserem Hause befinden sich sehr häufig zur gleichen Zeit verschiedene Produkte konkurrierender Hersteller. Da ist die Geheimhaltung und saubere Trennung das A und O. Unsere Mitarbeiter werden dafür besonders sensibilisiert und regelmäßig darauf geschult, wie die Kundenanforderungen lauten. Bei sehr speziellen Forderungen ist es manchmal nötig, den Expertenkreis einzuschränken. Das versuchen wir jedoch wenn möglich zu vermeiden, da es unsere Bandbreite an Möglichkeiten einschränken kann. Für mein Team und mich persönlich steht im Mittelpunkt, dass unsere Partner sicher zum Ziel kommen. Dazu gehört neben einem sicheren Marktzugang und dem Markenschutz natürlich auch die Geheimhaltung.