„Wie verändern Umwelttechnologien unsere Zukunft?“ Dieser Frage stellten sich Verbandsvertreter für Umwelttechnik, Industrie, Abfall- und Rohstoffwirtschaft auf einer Podiumsdiskussion während der Ifat. Diskutiert wurde nicht sehr kontrovers - man war sich einig: Unser Müll ist die Zukunft. Doch bevor wir ins Übermorgen schreiten, müssen erst kleine Schritte im Jetzt gemacht werden. Zu mehr Kommunikation fordert Patrick Hasenkamp, Vizepräsident im Verband kommunaler Unternehmen, auf. In einer Zeit, in der aus Abfall Rohstoffe gewonnen werden sollen, müssen die Entsorgungsunternehmen wissen, was sie aus dem weggeworfenen Produkt herausholen können - und, wie sie das anstellen. Leider hinken sie besonders den sich immer rasanter entwickelnden Technologiebranchen hinterher. Bei Fernsehgeräten zum Beispiel können sie nicht nachvollziehen, welche Rohstoffe dort verwendet wurden und wie die einzelnen Elemente zusammengesetzt sind.
Materialkenntnis ist Voraussetzung für Recycling
Um aber aus einem weggeworfenen Gerät Ressourcen zu schöpfen, muss man wissen, welche Materialien wie verarbeitet wurden. Patrick Hasenkamp insistiert, Produktverantwortung solle bereits bei der Rohstoffwirtschaft beginnen. Anschließend müsse das Design des Produkts mit Blick auf seine Weiterverarbeitung gestaltet werden. Das Produktdesign ist nicht der einzige Vorgang, bei dem sich Hersteller mehr Gedanken machen sollten. Durch neue Verfahren entdeckt man heute Spuren von Stoffen im bereits gereinigten Wasser, die vorher nicht sichtbar waren. So werfen beispielsweise Arzneimittelrückstände Fragen auf: Ist die Menge der auftretenden Spuren kritisch? Was ist das beste Verfahren, das Wasser von diesen Stoffen zu befreien? Dafür testen bereits einige Krankenhäuser End-of-Pipe-Anlagen. Außerdem lenkt Otto Schaaf, Präsident der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), den Blick auf eine weitere Kategorie: Viele der Spurenstoffe in unserem Wasser kommen von kosmetischen Produkten. Auch hier sind Hersteller gefordert, Rezepturen auf die Abbaubarkeit der Bestandteile zu hinterfragen. Aber auch Verbraucher sollten sich überlegen, welche Reststoffe sie ihrem Abwasser zumuten wollen.Gedanken über die Zukunft des Mülls machte sich auch Dr. Armin Vogel, Geschäftsführer von Faun Umwelttechnik und Präsident des Verbands der Arbeitsgeräte- und Kommunalfahrzeug-Industrie. „Ohne ein geordnetes und professionelles Urban Mining wird der Rohstoffbedarf der Weltbevölkerung, aber insbesondere auch der Materialbedarf rohstoffarmer Volkswirtschaften nicht zu decken sein“, so sein Statement. Als wichtige Messgrößen für umwelttechische Produkte sieht er Effizienz, tägliche Verfügbarkeit sowie Verbrauchs- und Unterhaltskosten. Dr. Johannes F. Kirchhoff, Gesellschafter der Kirchhoff-Gruppe Automotive, wagte im Rahmen der Diskussion die These, dass die Industrie in Zukunft nur durch richtig angewandte Umwelttechnologien bestehen kann.
Kläranlagen können wertvolle Rohstoffe liefern
Der Stoffkreislauf müsse dafür mit thermischen und mechanischen Verfahren verbessert werden. Um den Stoffkreislauf in der Wasserwirtschaft zu optimieren, bietet die DWA Interessenten ein Regelwerk an, mit Arbeits- und Merkblättern zur technischen Umsetzung wasserwirtschaftlicher Fragen. Abwasser ist nicht zu unterschätzen, denn Kläranlagen sind lukrative Ressourcenlieferer. Aus den Gasen lassen sich Energie und Strom gewinnen, und der Klärschlamm führt Wertstoffe zutage - zum Beispiel Phosphor. Doch nicht immer rechnet sich die Aufbereitung: Silizium zum Beispiel ist so billig, dass sich das Recycling des Stoffs nicht lohnt. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft, Peter Kurth, fordert daher: „Abfall muss zur Ressource gemacht werden.“ Seiner Meinung nach ist dies eine Aufgabe der Politik. Die hat somit zusammen mit Produktherstellern, Recyclingunternehmen und Verbänden die Zukunft des Mülls in der Hand.