In Zentraleuropa herrschen ab einer Tiefe von etwa 15 Metern das ganze Jahr über konstante Temperaturen, die je 100Meter Tiefe um zirka drei Kelvin zunehmen. So liegt das Temperaturniveau 100 Meter unter der Erde bei etwa 13°C, bei 500 Metern bei 25°C und bei 800 Metern sogar bei 34°C. Die derzeitigen Systeme oberflächennaher Geothermie zum Heizen von Gebäuden in Verbindung mit Wärmepumpen erreichen lediglich Maximaltiefen von 250 bis 300 Metern.
Wirtschaftlichkeit und Effizienz
Werden jedoch größere Tiefen zu Heizzwecken erschlossen, ergeben sich verschiedene Vorteile im Vergleich zur oberflächennahen Erdwärmenutzung. So können einerseits die Leistung der Wärmepumpe durch die höheren Temperaturniveaus verbessert werden, anderseits lassen sich Bohrmeter einsparen . Denn beim Einsatz einer Tiefensonde anstelle mehrerer kurzer Sonden erhöht sich die Leistungszahl durch die angehobene Fluidtemperatur. Dieser Effekt stellt sich ein, da etwa bei der Betriebsweise einer Wärmepumpe B0/W35 bereits eine Erhöhung der Vorlauftemperatur von fünf Kelvin einen um 10Prozent besseren Coefficient of Performance (COP) ergibt. Damit sinken die Betriebskosten dank der geringeren benötigten Pumpenleistung, wodurch sich wiederum die Amortisationszeit verkürzt.
Aufgrund der höheren Temperaturniveaus in größeren Tiefen besteht darüber hinaus die Möglichkeit, die Anzahl an Gesamtbohrmetern zu reduzieren, was sich positiv auf die Installationskosten auswirken kann. Erste Simulationen ergaben, dass beispielsweise eine 800m lange Sonde die Leistung von 10 bis 12 Sonden à 100m ersetzen kann.
In Gegenden mit thermischen Anomalien besteht sogar die Möglichkeit auf eine Wärmepumpe ganz zu verzichten, wenn die Rücklauftemperatur für die Beheizung des Gebäudes ausreichend ist. Zusätzlich dazu hat eine tiefe Sonde weniger Platzbedarf an der Oberfläche als ein Sondenfeld bestehend aus kurzen Sonden. Dadurch kann die Erdwärme auch an Orten mit beschränkten Platzverhältnissen genutzt werden, beispielsweise bei Objekten mit großer Heizlast in Innenstädten.
Damit die höheren Kosten für das Bohren im Maß bleiben, sollten geologische Regionen erschlossen werden, die erhöhte Temperaturgradienten bieten und Gebirge aufweisen, die eine bohrtechnische Erschließung mit temporären Verrohrungen ermöglichen. Weiterhin spielen der Bohrungsdurchmesser und das Verfahren eine wichtige Rolle für die Erschließungskosten. Hier überzeugen Koaxial-Sonden mit dem geringeren Sondenfuß-Durchmesser gegenüber Doppel-U-Sonden.
Unterschiedliche Sondentypen
Um die Wärme des Erdreiches zu nutzen, kommen zwei Bautypen von Erdwärmesonden zum Einsatz: Bei Koaxial-Sonden - Rohr-im-Rohr-System - wird das Wärmeträgermedium im äußeren Ringraum nach unten geleitet. Am Sondenfuß angelangt, wird es umgeleitet, um dann im Innenrohr wieder nach oben zu steigen. Die koaxiale Bauweise der Sonde ermöglicht durch die langsame Abwärtsströmung und die große Sondenoberfläche eine optimale Entzugsleistung aus dem Erdreich ins Wärmeträgerfluid. Ein kleineres Innenrohr sorgt für die Rückführung des Wärmeträgerfluids zur Erdoberfläche mit höherer Geschwindigkeit und damit eine Reduzierung des Wärmeverlustes. Eine auf dem Innenrohr aufgebrachte Wärmeisolierung kann den thermischen Kurzschluss zusätzlich mindern. Durch die auf diese Weise erhöhte Fluidtemperatur arbeitet die angeschlossene Wärmepumpe mit einer besseren Jahresarbeitszahl. Außerdem resultieren aus der schlanken Bauweise der Koaxial-Sonde ein geringer Bohrdurchmesser sowie ein gleichmäßiger Ringraum.
Doppel-U-Sonden dagegen bestehen aus vier Rohren, die mit einem Sondenfuß miteinander verbunden sind. Durch zwei Vor- und Rückläufe entziehen sie der Erde mehr Wärme als nur mit einer Rohrleitung, wie es bei Einfach-U-Sonden der Fall ist. Dies führt zu einer Steigerung der Leistungszahl der Wärmepumpe. Generell sind Doppel-U-Sonden aufgrund ihres größeren Rohrdurchmessers besser für Anwendungen mit großem Volumenstrom geeignet als Koaxial-Sonden.
Temperatur- und Druckbeständigkeit
Rohre für Erdwärmesonden bestehen nach dem Stand der Technik aus PE100, PE-RC oder PE-Xa mit der Druckstufe PN16. Unter Berücksichtigung des Betriebsdrucks von ein bis drei bar und dem hydrostatischem Druck von ein bar je zehn Meter Tiefe sind heutige Erdwärmesonden somit bis zu einer Einbautiefe von etwa 130 Metern aus eigenem Vermögen druckbeständig - unter Berücksichtigung von Sicherheitsfaktoren sogar bis etwa 200 Metern.
Wenn Erdwärmesonden tiefer als 200 Meter eingebaut werden, ist ihre dauerhafte Standsicherheit davon abhängig, dass Wasser im Bohrloch steht oder das Bohrloch ohne jegliche Hohlräume mit einem Verpressmaterial gefüllt ist. Dies kann jedoch mit den heutigen Mitteln bei zunehmender Tiefe immer schwerer gewährleistet werden, da Erdbewegungen, Ausschwemmungen und Schrumpf des Verfüllmaterials im langfristigen Betrieb auftreten können. Eine nachträgliche Kontrolle oder Prüfung ist nicht möglich.
Zum Erschließen der Erdwärmepotenziale in großen Tiefen ist es somit erforderlich, dass die eingesetzten Sonden unabhängig von der Verpressung selbständig den hydrostatischen Druck und den Betriebsdruck halten können, zum Beispiel bei 500 Metern Tiefe 50bar hydrostatischer + 3bar Betriebsdruck = 53 bar.
Aufgrund der höheren Temperaturen in tieferen Erdschichten kommen herkömmliche Sonden auch an die Grenzen ihrer thermischen Belastbarkeit. So reduziert sich beispielsweise die Zeitstandfestigkeit von PE100 oder PE-RC ab Temperaturen von 40°C signifikant. Aufgrund dessen müssen Erdwärmesonden für größere Tiefen, insbesondere bei geothermischen Anomalien, für dauerhaft hohe Temperaturniveaus geeignet sein.
Rehau hat eine Erdwärmesonde entwickelt, die diese speziellen Anforderungen erfüllt. Sie besteht aus einem Sondenrohr, das aus drei Schichten aufgebaut ist. Das Innenrohr besteht aus hochdruckvernetztem spannungsrissbeständigem Polyethylen PE-Xa, welches eine Temperaturbeständigkeit bis zu 95°C aufweist. Umflochten ist es mit einer Armierung aus Edelstahldraht zur Aufnahme der auftretenden Drücke. Eine äußere Mantelschicht aus zähem PE100 schützt die Armierung vor potenziellen Beschädigungen beim Einbringen.
Erfahrungen aus der Praxis
Erste Praxiserfahrungen wurden sowohl mit Doppel-U-Sonden als auch mit Koaxial-Sonden gemacht. So erfolgten im Rahmen der Sanierung des Schweizer Architektenhauses von Dr. Lewis in Zumikon die ersten Verteufungen von koaxialen Raugeo-HPR-Tiefensonden. Anlass für den Einsatz einer Sonde in solcher Tiefe war der Wunsch nach einem geothermisch betriebenen Heizungssystem bei beschränkter Platzsituation im innerstädtischen Bestand.
Der aus den beiden 450 Meter langen Koaxial-Sonden d90 bestehende Erdreichspeicher dient in Kombination mit den Photovoltaik-Hybridkollektoren und einer 80-kW-Wärmepumpe als Energiequelle zur Klimatisierung des Gebäudes. Dabei wird die Überschusswärme aus den Hybridkollektoren im Sommer ins Erdreich eingespeist und die höheren Temperaturen im Winter wiederum zur effizienten Heizung genutzt.
Die beiden Bohrungen in einer Tiefe von 450 Metern hat das Bohrunternehmen trotz knapper Platzverhältnisse mit normaler Bohrgeschwindigkeit durchgeführt. Die Verteufung der Sonde konnte mit konstanter Geschwindigkeit in etwa 50Minuten eingebracht werden, mit zirka 9 Metern pro Minute somit vergleichbar mit einer herkömmlichen Doppel-U-Sonde. Abschließend wurde das Bohrloch mit thermisch verbessertem Verfüllmaterial verpresst.
Ebenfalls in der Schweiz wurde eine Doppel-U-Sonde verbaut. Bei dem Projekt in Zürich handelte es sich um die Sanierung eines Mehrfamilienhauses mit vier Wohneinheiten in der Innenstadt. Aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse kam für die Nutzung von Erdwärme nur der Einsatz einer Tiefensonde in Frage.
Auch hier entsprachen Einbauzeit und Handling dem Aufwand einer normalen PE- oder PE-Xa-Sonde gleicher Länge. Der Betrieb der Sonde funktioniert seitdem einwandfrei.