Ob Lebensmittel- und Getränkeindustrie, Intralogistik oder Maschinenbau: Nicht zuletzt die aktuellen Ökodesign-Vorschriften der EU haben dafür gesorgt, dass hocheffiziente Drehstrom-Asynchronmotoren – kurz Drehstrommotoren – sich weiter durchsetzen und heute in allen Branchen und Industrien für Bewegung sorgen. Störungen und Ausfälle können hier schnell zu erheblichen Schäden und Kosten führen. Vor diesem Hintergrund kommt Motorstartern eine wichtige Rolle zu: Sie starten Motoren nicht nur zuverlässig, sondern schützen diese auch vor Überlast und Kurzschlüssen.
Herkömmliche elektromechanische Schalt- und Schutzgeräten schalten dabei zwar sicher ab, das Gerät ist danach aber normalerweise nicht mehr betriebsfähig und die gesamte Anlage steht bis zum Austausch der Komponente still. Vor allem für Anwendungen mit generell erhöhtem Kurzschlussrisiko fehlte es bisher an einer echten Alternative.
Vollelektronischer e-Starter im Fokus
Vor diesem Hintergrund brachte Siemens Smart Infrastructure 2024 erstmals einen vollelektronischen Starter mit Halbleitertechnologie auf den Markt: den Simatic ET 200SP e-Starter. Siemens geht mit einem vollelektronischen Produkt damit nun noch einen elementaren Schritt weiter: Die Neuentwicklung, die in enger Abstimmung mit potenziellen Anwendern entstanden ist, nutzt Halbleitertechnologie mit SiC MOSFETs (Siliziumkarbid Metalloxid-Halbleiter-Feldeffekttransistoren) und kombiniert moderne Leistungshalbleiter, leistungsfähige Microcontroller und ultraschnell reagierende Elektronik. Auch das jüngst vorgestellte vollelektronische Schutzschaltgerät Sentron ECPD basiert auf diesem Prinzip.
Im Ergebnis zeichnet sich der Simatic ET 200SP e-Starter damit durch einen – im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen – bis zu tausendmal schnelleren Kurzschlussschutz aus und ist darüber hinaus nahezu verschleißfrei. Dies gewährleistet dauerhaft optimalen Schutz für Motoren sowie andere Lastenarten und die damit betriebenen Applikationen.
Ultraschnell, verschleißfrei und smart
Die praktischen Vorteile liegen auf der Hand: Weil der vollelektronische e-Starter einen Kurzschluss in weniger als 5 µs (Millionstel Sekunden) erkennt und die Leistungshalbleiter abschaltet, kann bei einem Kurzschluss erst gar kein hoher und potenziell gefährlicher Kurzschlussstrom auftreten. Die elektrische Belastung des Abzweigs reduziert sich dadurch deutlich. Darüber hinaus können keine mechanischen Komponenten verschleißen. Das Gerät muss also nicht ausgetauscht werden, sondern ist nach der Fehlerbehebung sofort wieder einschaltbereit. Dies erhöht nicht nur Verfügbarkeit und Produktivität der Maschinen und Anlagen, sondern verringert auch den Aufwand und die Kosten für die Wartung und Lagerhaltung von Ersatzgeräten.
Der integrierte Smart Start des e-Starters reduziert Anlaufströme deutlich und damit auch die damit verbundenen Drehmomentstöße beim Startvorgang. Schäden an der Antriebsmechanik, zum Beispiel an Zahnrädern, werden stark reduziert. Durch phasenoptimiertes Schalten der Halbleiter werden die Inrush-Ströme neutralisiert, was Fehlauslösungen verhindert.
Der vollelektronische Starter in der Praxis
In der industriellen Praxis kommen die charakteristischen Vorteile des Simatic ET 200SP e-Starters speziell in zwei Bereichen zum Tragen: Bei besonders kurzschlussgefährdeten Anwendungen und überall dort, wo beim Start von hohe Stromspitzen auftreten. Im ersten Fall geht es darum, Stillstandzeiten sowie Schäden am Motorstarter und an den nachgelagerten Applikationen zu reduzieren, im zweiten Fall um einen schonenden Betrieb des Motors ohne unnötige mechanische Belastungen.
In der Lebensmittelindustrie zum Beispiel herrschen strenge Hygienevorschriften. So müssen etwa Förderanlagen häufig mit Hochdruckreinigern regelmäßig gründlich gereinigt werden. Oft gelangt dabei Feuchtigkeit an porösen Stellen der Isolierung in die Leitungen, was zum Beispiel an den Antrieben von Förderbändern Kurzschlüsse verursachen kann. In diesem Fall schaltet der e-Starter ultraschnell ab, so dass die Kurschlussströme nicht mehr zerstörerisch sind. Gleichzeitig erleichtern Status-LEDs netz- und lastseitig die Diagnose und ermöglichen im Fehlerfall eine einfachere und schnellere Vor-Ort-Lokalisierung des
Fehlerursprungs.
Voll integriert in Simatic und TIA-Portal
Als weiterer Vorteil lässt sich der vollelektronische e-Starter nahtlos in das marktführende Automatisierungskonzept Totally Integrated Automation (TIA) von Siemens einbinden. Die uneingeschränkte Datenverfügbarkeit und das Engineering mit Simatic STEP 7 im TIA Portal vereinfachen die Projektierung, Parametrierung und Inbetriebnahme. Entsprechende Diagnosefunktionen sind bereits integriert, was eine ausführliche Systemdiagnose ohne Programmieraufwand ermöglicht. Durch den Kompatibilitätsmodus ist es einfach, einen bestehenden ET 200SP Hybrid-Motorstarter durch einen ET 200SP e-Starter zu ersetzen.
Die CPU muss dabei nicht gestoppt werden, denn die Parameter werden automatisch per Anlaufparametrierung in das neue Gerät übernommen. Darüber hinaus ist die Neuentwicklung – wie es der Name schon sagt – integraler Bestandteil des dezentralen, kompakten I/O-Peripheriesystems Simatic ET200SP. Über die neuen e-Starter können Abzweige einzelner motorischer, ohmscher oder kapazitiver Lasten in die Automatisierung eingebunden und die von den Geräten erfassten Daten für Transparenz und Predictive Maintenance genutzt werden.
Der kompakte e-Starter ist weltweit zugelassen (zum Beispiel IEC, CCC und cULus), IE3 / IE4 ready und benötigt mit nur 30 mm Baubreite minimalen Platz im Schaltschrank. Die einfache Montage durch Rückwandbus und Stecktechnologie ermöglicht eine schnelle und einfache Inbetriebnahme. Nicht zuletzt präsentiert sich der Simatic ET 200SP – etwa durch die Verwendung recycelter Materialien – als ein besonders nachhaltiges Produkt, das deshalb auch das Siemens EcoTech-Label trägt. Sein geringer Energieverbrauch in der Funktionsphase ermöglicht einen effizienteren Betrieb, das verschleißfreie Schalten eine erheblich längere Lebensdauer.
Fazit
Ultraschneller Kurzschlussschutz, nahezu verschleißfrei und nahtlos in die Automatisierung eingebunden: Der vollelektronische Simatic ET 200SP e-Starter ermöglicht für anspruchsvolle Motoren und kostspielige Applikationen einen tausendmal schnelleren Kurzschlussschutz als herkömmliche Technologien und reduziert damit Ausfallzeiten und Wartungskosten enorm. Zudem bietet er einen schonenden Smart Start und ist vollständig in Simatic STEP 7 sowie in das Automatisierungskonzept Totally Integrated Automation (TIA) integriert.