E&E:
Bürklin Elektronik erweitert sein Sortiment gerade massiv. Von welchen Zahlen sprechen wir dabei?
Jürgen Melm:
Da lassen wir uns selbst noch ein bisschen überraschen. (lacht) Aktuell sind wir bei 375.000 angelangt.
Wie viele Artikel hatten Sie vor dem Ausbau?
Melm:
Um die 75.000. Wir haben die Anzahl also fast verfünffacht. Ich schätze bis Ende des Jahres werden wir bei einer halben Million angelangt sein und dann müssen wir schauen, wie es weitergeht. Wir überlegen die ursprüngliche Anzahl zu verzehnfachen. 750.000 halte ich für realistisch.
Alfred Lipp:
Es können aber auch noch mehr werden. Wir sehen unser größtes Wachstumspotential bei unseren wichtigsten Lieferanten. Wir möchten vor allem bei diesen wachsen. Es hängt also davon ab, wie viele Artikel sie anbieten. Schauen wir auf unsere 50 Toplieferanten, dann kommen wir auf 800.000 bis 1.000.000. Das ist durchaus eine realistische Größenordnung.
Was ist der Grund für den Ausbau?
Lipp:
Das Einkaufsverhalten der Kunden hat sich radikal verändert. Der Kunde möchte One-Stop-Shopping; also Aufträge nicht mehr splitten sondern alle Bauteile und Komponenten bei einem Distributor kaufen. Damit wir ihm das anbieten können, brauchen wir ein wesentlich breiteres Sortiment. Wir vermeiden dadurch natürlich auch, dass er überhaupt zu einem anderen Lieferanten geht.
Melm:
Wir stellen außerdem fest, dass Kunden immer öfter Sonderartikel bestellen. Also Artikel, die wir normal gelistet haben, bei denen die Kunden aber eine andere Verpackungsvariante oder eine andere Ausführung möchten.
Was genau kann man sich darunter vorstellen?
Melm:
Wir haben zum Beispiel Kabel als 100 Meter Rolle auf Lager. Für einen Prototypen reichen dem Kunden aber beispielsweise 10 Meter. Geht er nachher in Serienproduktion, möchte er aber vielleicht eine 500 oder 1.000 Meter Trommel haben. Solche Verpackungsgrößen haben wir dann immer separat besorgt. In den letzten eineinhalb Jahren ist die Anzahl dieser Sonderbestellungen allerdings sehr stark angestiegen. Deshalb haben wir beschlossen, diese Artikel ins reguläre Sortiment zu nehmen.
Konzentrieren Sie sich bei dem Ausbau auf eine bestimmte Produktgruppe?
Melm:
Wie gesagt vergrößern wir unser Sortiment vor allem bei unseren Hauptlieferanten. Wir listen nach und nach praktisch deren ganze Produktangebote bei uns ein. Von Steckverbindern haben wir bei diversen Serien beispielsweise nur die Standardpolzahlen angeboten. Da nehmen wir jetzt auch die anderen Polzahlen ins Sortiment. Den größten Zuwachs verzeichnen aber sicherlich die passiven Bauelementen. Das liegt schlicht daran, dass es dort so viele Ausführungen der Komponenten gibt und wir bisher einige Lücken in den Produktreihen hatten. Peu à peu ziehen wir aber auch in den anderen Produktbereichen nach. Der Ausbau betrifft also das ganze Sortiment.
Bisher war der Anspruch von Bürklin Elektronik, alle gelisteten Artikel auch auf Lager zu haben. Werden Sie das weiterhin erfüllen?
Melm:
Das können wir nicht mehr ganz einhalten. Ein Teil des Sortiments, das wir momentan ausbauen, werden wir nicht mehr im Lager vorhalten.
Lipp:
Das ist aber kein Problem, sondern entspricht dem Kundenverhalten. Dieser erwartet gar nicht, dass wir alles auf Lager haben, sondern dass wir es in einer angemessenen Frist besorgen können. Unsere Aufgabe ist es, die Ware zu dem ausgewählten Zeitpunkt an dem er sie braucht, zur Verfügung zu stellen. Die Bauteile und Geräte, die regelmäßig gekauft werden, haben wir auch in ausreichenden Mengen vorrätig. Aber gerade bei Investitionsgütern ist das nicht zwingend erforderlich. Denken Sie zum Beispiel an Messgeräte. Von denen muss man nicht ständig 100 Stück eines Typs auf Lager haben. Da ist der Kunde bereit, etwas zu warten.
Bei einer solchen Ausweitung mussten Sie sicherlich auch einiges in der Logistik und Lagerhaltung verändern?
Lipp:
An der Logistik mussten wir eigentlich nicht viel umstellen und Lagerfläche haben wir auch genug. Entscheidend waren stattdessen unser neue Webshop und ein neues Content-Management-System. Das sind die Grundvoraussetzungen für den Ausbau. Ohne sie hätten wir die großen Datenmengen, die dadurch entstehen, gar nicht handhaben können.
Melm:
Wir wollen schließlich nicht nur die Artikel einlisten, sondern auch die technischen Daten einpflegen, damit sie für den Kunden besser filterbar sind und er alle Informationen bekommt, die er braucht. Dadurch kann er zum Beispiel leichter Alternativen für Produkte finden, falls diese mal nicht lieferbar sind. Dieser Service ist uns sehr wichtig.