1 Bewertungen

Zentralelektrik im Traktor Mehr Power mit geteiltem Management

Bild: Fendt; Sensor-Technik
31.10.2016

Die Anforderungen an Power Boards steigen, denn die Zentralelektrik muss eine wachsende Zahl an Verbrauchern bewerkstelligen. In einem neuem Ansatz sorgen zwei getrennte Einheiten der Zentralelektrik für intelligentes Energiemanagement mit einfacher Diagnose und Wartung.

Der neue Traktor 1000 Vario von Fendt fällt nicht nur durch seine Größe und Leistungsfähigkeit auf. Auch bei der Energieverteilung im Fahrzeug wurden neue Ideen in der Zentralelektrik mit Sensor-Technik Wiedemann (STW) umgesetzt. Während es anfangs allein um das Schalten großer Ströme ging, wird heute Intelligenz gefordert. Dabei kann es sich um einen CAN-Anschluss handeln, über den das Schalten durchgeführt wird und ein Rücklesen des Schalterzustands möglich ist. Aber auch Rechen- und Speicherkapazität innerhalb der Zentralelektrik gewinnen an Bedeutung, damit zusätzlich eine dezentrale Steuerung vorgenommen werden kann. Dies hängt auch mit der wachsenden Komplexität der über die Zentralelektrik versorgten Einheiten zusammen. Waren zunächst einfache Verbraucher wie Fahrlicht oder Arbeitsscheinwerfer an das Power Board angeschlossen, werden heute mehrstufige Gebläse oder regulierbare Scheibenheizungen versorgt. Mit der wachsenden Anzahl an Verbrauchern steigt auch die Summe der Ströme, die eine Zentralelektrik bewerkstelligen muss.

Das neue Power Board sollte die gesamte Elektrik im Traktor versorgen, absichern und ansteuern. Dabei sollte es für die Aufteilung der Stromkreise sorgen und alle nötigen Stecksockel für Relais und Sicherungen beinhalten. Aufgrund der beiden Faktoren Intelligenz und Anzahl der E/As wurde nach dem Prinzip „teile und herrsche“ verfahren. Statt auf eine Zentralelektrik wurde auf einen zweigeteilten Ansatz gesetzt. Während sich eine Einheit vorrangig um die Kommunikation mit der Hauptsteuerung und die Übernahme programmierbarer Schaltvorgänge kümmert, ist die zweite Einheit für das Absichern und Schalten der Ströme verantwortlich. Wichtiges Argument für die Trennung war auch eine einfachere Verkabelung. Mit dem Design musste auf die Zugänglichkeit der Anschlüsse, die ergonomischen Notwendigkeiten und die räumlichen Vorgaben Rücksicht genommen werden.

Fehler direkt im Cockpit anzeigen

Hinsichtlich der intelligenten Einheit (ZE) hatte Fendt klare Vorstellungen. Herz des Boards sollte ein LPC1778 von NXP sein, ein ARM Cortex-M3 Prozessor mit 512 kByte Flash, 96 kByte SRAM und 4032 Byte EEPROM Speicher. Einer seiner beiden CAN-Kanäle, der über je einen CAN-Transceiver nach außen geführt wird, ist an den zentralen Steuer-Bus des Vario 1000 angeschlossen und kann mit bis zu 250 kbit/s kommunizieren. Der Zweite ist als Reserve vorgesehen. Drei der fünf UART Schnittstellen werden über Transceiver für den Anschluss an LIN (Local Interconnect Network), einen Ein-Draht-Bus, genutzt. Darüber können Verbraucher wie die Wischer der Front- und Seitenscheiben eingestellt werden. Außerdem bietet der Prozessor 165 beliebig nutzbare E/A Pins, womit die Zuordnung ausreichend Freiraum erhielt.

Da auf dieser Platine das Schalten großer Ströme vermieden werden sollte, wurden Ausgangspins genutzt, um Relais auf der zweiten Einheit anzusteuern. Die Kommandos für das Schalten erhält die ZE entweder über den zentralen Steuer-Bus oder auch direkt über einen Eingang, an den ein Schalter angeschlossen ist. Ein Vorteil der Einheit liegt in ihrer Diagnosefähigkeit. Sie erlaubt das Rücklesen des Zustands wichtiger Verbraucher wie Fahr- und Positionslichter oder Blinker. Ohne ihre einwandfreie Funktion ist ein Betrieb im Straßenverkehr nicht erlaubt. Durch die Diagnosefähigkeit und die Kommunikation über den CAN-Bus kann ein Fehler direkt im Cockpit angezeigt werden. STW war auch verantwortlich für die Implementierung der Testsoftware und eines Flashloaders. Die Applikationssoftware wurde von Fendt geschrieben.

Über 250A auf der Platine möglich

Auf dem Relaisbord (RB) geht es nur um die Strom- und Leistungsverteilung über Sicherungen. Dabei sind drei Möglichkeiten vorgesehen. Der einfachste Stromverlauf, bei dem das RB nur als Sicherungskasten wirkt, geht über den Stecker auf das Bord, durch die Sicherung und wieder über den Stecker hin zum Verbraucher. Dabei handelt es sich meist um Sensoren. Bei der zweiten Version erfolgt die Stromversorgung vom Powerbolzen, einer M8 Schraube, die direkt mit dem Pluspol der Batterie verbunden ist. Von hier läuft der Strom über ein Relais, das über einen Ausgang der ZE geschaltet wird. Steht das Relais auf „Ein“, geht es weiter über eine Sicherung, einen Stecker und zum Verbraucher. Typisch sind hier Heizungen oder Arbeitslampen. Die Verteilung der Ströme vom Powerbolzen zu den Steckern auf der Platine war eine der großen Anforderungen beim Layout. Zur gleichen Zeit kann auf der Platine ein Strom von über 250 A fließen.

In einer weiteren Version, die als Reserve vorgesehen ist, wird die Schaltung des Relais von einer externen Quelle vorgenommen. Damit können beliebige Spannungs- und Stromkombinationen realisiert werden. Insgesamt sind auf dem RB über 100 Sicherungs- und 26 Relaissockel realisiert worden. Die eingesetzten Sicherungen und Relais sind typische Produkte aus dem Kfz-Bereich. Die automotive-tauglichen Stecker bieten Platz für über 40 Eingänge und 125 Ausgänge.

Einfaches Wechseln der Relais

Aufgrund der langen Einsatzzeiten der Traktoren wurde besonderes Augenmerk auf die Qualität der Produkte gelegt. Hinzu kommt eine 100 Prozent Prüfung der Zentralelektriken in der hauseigenen Produktion bei STW. Für die ZE und RB wurden eigene Prüfadapter entwickelt. Diese kommen während des Produktionstests und des Burn-In im Klimaschrank zum Einsatz. Über die ebenfalls im Haus entwickelte Prüfsoftware werden alle Ein- und Ausgänge angesprochen und die Funktionen auf den Boards getestet.

Die beiden Einheiten sind oberhalb des Hinterrads auf einer Montageplatte unter einer Abdeckung angebracht. Obwohl dies ein relativ trockener Platz ist, sind die Boards mit Polyurethangießharz vergossen, um sie gegen Feuchtigkeit zu schützen. Die Stecker und Sicherungen sind leicht zugänglich, was vorteilhaft beim Anbringen des Kabelbaumes ist. Um ein einfaches Wechseln der Relais zu ermöglichen, musste der ursprünglich geplante Abstand zwischen den Relais auf Daumengröße angepasst werden. Da es sich um eine Niedrig-Spannungsversorgung handelt (nur 12V oder 8,5V Anschlüsse), fallen beide Einheiten unter die Schutzklasse III für elektrische Geräte. Sie sind so angeschlossen, dass auch bei Berührung von leitenden Komponenten keine Gefahr für Menschen besteht. Damit ist der wichtige Aspekt der Wartungsfreundlichkeit gewährleistet.

Bildergalerie

  • Power Board: Die intelligente Einheit versorgt, sichert und steuert die gesamte Elektrik im Traktor.

    Power Board: Die intelligente Einheit versorgt, sichert und steuert die gesamte Elektrik im Traktor.

    Bild: STW

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel