Smart Sensors Energieernte der dritten Generation

Bild: EnOcean
18.10.2012

Der Begriff „Energy Harvesting“ war vor zehn Jahren nur einer kleinen Gruppe von Spezialisten bekannt. Inzwischen ist die Energieernte als Ersatz für Batterien in zahlreichen Anwendungsbereichen etabliert. Ein Kernelement vieler Lösungen ist der mechanische Energiewandler, der Bewegung in nutzbare elektrische Energie umwandelt.

Seit einigen Jahren gelten verschärfte Grenzwerte für den Schadstoffgehalt in Batterien. Eine Untersuchung im Auftrag des Umweltbundesamtes zeigt, dass viele Produkte diese Werte bei den kritischen Schwermetallen Quecksilber, Cadmium und Blei überschreiten. Die Batterietechnologie hat sich also hauptsächlich in Richtung einer verbesserten Leistung, aber nicht einer (gesetzlich vorgeschriebenen) verringerten Umweltbelastung weiterentwickelt. Hinzu kommt, dass die Herstellung moderner Batterien häufig ein Vielfaches mehr an Energie verbraucht als diese liefern. Besonders bei Systemen mit vielen batteriebetriebenen Komponenten, beispielsweise in der Gebäudeautomation, belastet der Batteriewechsel nicht nur die Umwelt. Der Wartungsaufwand lässt die Betriebskosten langfristig steigen.

Alternative, die Ressourcen schont

Mit Energy Harvesting gibt es eine ressourcenschonende, wartungsarme Alternative zu Batterien. Als Energiequelle dient hierbei die Umgebung. Neben Lichtstärken und Temperaturunterschieden lässt sich Bewegung als Stromquelle nutzen: aus der Bewegung von Türen, Fenstern oder Maschinenteilen, der Vibration von Motoren, dem Betätigen von Klinken oder Schaltern. Diese Energiequellen können dank Energy Harvesting elektronische Geräte mit Strom versorgen. Ein Kernelement dieser Technik ist der mechanische Energiewandler. Er erzeugt aus einem Tastendruck genug Energie für ein Funksignal. In den heute verfügbaren mechanischen Energiewandlern wie dem EnOcean ECO 200 stecken über zehn Jahre Erfahrung mit Energy Harvesting. Diese dritte Generation ermöglicht inzwischen mehr als eine Million Schaltzyklen in optimierten Anwendungen. Dadurch eignet sich die Technologie für unterschiedlichste Einsatzfelder in der Gebäude- und Hausautomation, der Industrieautomation sowie im Transportwesen oder für Machine-to-Machine-Systeme. Das Prinzip bleibt immer gleich: Der Wandler wandelt mechanische Energie in elektrische Energie um und stellt diese unmittelbar zur Verfügung. Um so vielseitig einsetzbar zu sein, benötigt der Energiewandler bestimmte Eigenschaften. Er muss einen hohen Wirkungsgrad haben, um auch kleine Kräfte und Bewegungen effizient zu nutzen. Zudem sind für die Produktintegration eine lange Lebensdauer, eine kleine Bauform und niedrige Kosten wichtig. Mit einem effizienten Konzept vereinbart die aktuelle Wandlergeneration diese zum Teil widersprüchlichen Forderungen: Ein kleiner, aber sehr starker Magnet treibt einen magnetischen Fluss durch zwei magnetisch leitende Ankerbleche. Der Fluss schließt sich in einem U-förmigen Kern, um den eine Induktionsspule gewickelt ist. Die magnetisch wirksamen Teile halten ein Plastikrahmen und eine federnde Klammer in Position. Der durch die Spule führende U-förmige Kern kann zwei Positionen einnehmen, in denen er die jeweils gegenüberliegenden Ankerbleche berührt. In jeder Endstellung ist der magnetische Fluss im U-Kern entgegengesetzt. Diese Konstruktion liefert eine maximale magnetische Flussänderung durch die Spule mit einer minimalen Bewegung des Kerns und damit eine hohe Effizienz. Eine Blattfeder als Art mechanischer Energiespeicher sorgt dafür, dass die Energieabgabe immer konstant bleibt. Diese Feder bildet die Schnittstelle zur Betätigung des Energiewandlers. Wird sie zunehmend verbogen, speichert sie so lange mechanische Energie, bis die magnetischen Selbsthaltungskräfte den U-Kern nicht mehr in seiner Position halten können. Übersteigen nun die Federkräfte die Selbsthaltung von etwa 3,5Newton (N), klappt der Kern durch die Feder beschleunigt schnell in seine zweite Position. Dadurch wird ein Spannungspuls in der Induktionsspule erzeugt. Die Energiemenge ist immer konstant, da die Feder den U-Kern stets ähnlich beschleunigt, unabhängig davon, wie schnell sie gespannt wurde.Jede Betätigung liefert einen kleinen elektrischen Impuls, den elektronische Schaltungen sofort nutzen können. Eine besonders häufige Anwendung ist die Kombination des Wandlers mit einem Funkmodul. Mit diesem Basispaar können Entwickler verschiedene Arten eines draht- und batterielosen Schalters umsetzen. Die Anwendungen reichen dabei von Lichtschaltern über Notfallknöpfe und Busstopptasten bis hin zu Industrieschaltern, beispielsweise in der Kabelbaumprüfung.

Spezifische Eigenschaften

Mit 8 Gramm Gesamtgewicht und nur 7 mm Bauhöhe lässt sich der Wandler auch in leichten, flachen Geräten unterbringen. Die typische Betätigungskraft von 3,5 N lässt sich zum Beispiel durch einen manuellen Tastendruck leicht aufbringen. Falls nötig, können Produkthersteller in der Gesamtkonstruktion den Kraftaufwand weiter reduzieren. Die Anzahl der Schaltzyklen, die der Wandler bietet, hängt von der Präzision der Anregung ab. Bei den maximal erlaubten Schaltwegen von 1,2 mm absolviert der Wandler mehr als 300.000 Schaltzyklen. Bei kleineren Schaltwegen (0,7 mm Federhub) sind deutlich mehr als eine Million Schaltzyklen möglich. Damit lässt sich ein Schalter mehr als 25 Jahre täglich 100-mal betätigen. Mit einer Energiemenge von 120 µWs bei einer stabilisierten Spannung von 2 Volt und dem passenden Funkmodul ist es möglich, pro Betätigung drei Funktelegramme über eine Entfernung von bis zu 300 Metern im Freifeld beziehungsweise 30Metern im Inneren von Gebäuden zu übertragen. Die Energiewandlung funktioniert in beide Betätigungsrichtungen. Auch die Rückbewegung liefert wieder einen Energiepuls und erlaubt so das Aussenden von Start/Stop-Signalen für Funktionen wie Torsteuerung, Jalousiesteuerung oder Dimmen.

Optimale Entfaltung

Der Energiewandler ist so konstruiert, dass sich ein batterieloses Funkmodul lötfrei über goldbeschichtete Federkontakte verbinden und in passende Plastikgehäuse einrasten lässt. Die Kontaktfedern gleichen auch mögliche Montagetoleranzen aus. Beim Einbau des Wandlers in eine Anwendung sollten Entwickler einige Designregeln beachten. Grundlegend muss der Wandler an den gekennzeichneten Flächen bis zu einer Toleranz von maximal 0,05 mm eben aufliegen. Zudem sollte der gesamte Betätigungsweg der Blattfeder wirken können und der Wandler selbst fest im Gehäuse sitzen. Je nach Anwendung können Produktdesigner die Blattfederlänge um maximal 0,2 mm variieren. Wird die Blattfeder über diesen Wert hinaus gekürzt oder verlängert, kann das deutliche Auswirkungen auf die erzeugte Energiemenge und die Zyklenanzahl haben. Bei einer kürzeren Länge verringern sich beide Parameter, bei einer längeren Variante ist der Effekt umgekehrt. Hier müssen Entwickler jedoch darauf achten, dass die verlängerte Feder bei der Betätigung dicht an der Außenkante nicht aus der Betätigungsgabel rutschen kann. Zudem sind eine spielfreie Befestigung des Wandlers über die gekennzeichneten Schnittstellen und die strikte Einhaltung der minimalen Betätigungshübe von >1,82 mm an der Blattfeder entscheidend für einen sicheren Betrieb. Auch der maximal eingebrachte Betätigungshub von <3,43 mm ist zu beachten, damit es nicht zu einer vorzeitigen Beschädigung des Wandlers kommt.Eine wichtige Rolle spielt auch die Gestaltung der Betätigungsgabel an der Schnittstelle zur Blattfeder. Diese stellt als wesentliches Element die spezifizierte Energieabgabe sicher. Dabei liegt die minimale Gabelöffnung bei 0,4 mm. Nur dadurch ist sichergestellt, dass sich U-Kern und Blattfeder ohne jede Behinderung bewegen können, sobald der Umschlagpunkt des U-Kerns erreicht ist. Größere Gabelöffnungen wirken sich ab einem Betätigungsweg von minimal 0,7 mm leicht vorteilhaft auf die abgegebene Energiemenge aus. Allerdings verlängert sich dadurch der Betätigungsweg, was nicht für alle Anwendungen geeignet ist. Setzen Designer den Energiewandler in einer leicht nachfedernden Konstruktion ein, beispielsweise bei einem Taster, kann sich die Energieabgabe leicht erhöhen. Diese Eigenschaft können sich Produkthersteller zunutze machen, wenn der dadurch verlängerte Betätigungsweg die Anwendung nicht beeinträchtigt.

Teil im Gesamtsystem

Durch die kompakte Bauweise des Wandlers ermöglicht das elektromagnetische Prinzip verschiedenste Schalterdesigns. Dadurch können Produkthersteller eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen mit Energy Harvesting umsetzen und die Nachteile von Batterien umgehen. Als Teil einer Plattformstrategie verringert der mechanische Energiewandler die Integrationshürde zusätzlich. Zusammen mit dem entsprechenden Funkmodul steht dem Hersteller ein Komplettsystem zur Verfügung, mit dem er allein mit mechanischem Know-how individuelle, batterielose Funkschaltlösungen verwirklichen kann.

Literatur

[1] Dr. Sebastian Recknagel, Hendrik Radant, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), AG 1.11 „Metallanalytik, anorganische Referenzmaterialien“, Berlin: Überprüfung der Queck- silber-, Cadmium- und Blei-Gehalte in Batterien; http://www.umwelt-daten.de/publikationen/fpdf-l/4438.pdf [2] EnOcean, Datenblatt ECO 200; http://www.enocean.com/de/enocean_module/ECO_200_Data_Sheet_Sep12_03.pdf/ [3] EnOcean, ECO 200 Einbauanweisung; http://www.enocean.com/de/enocean_module/ECO_200_Installation-Instruction_Nov_2012_05.zip/

Bildergalerie

  • Abbildung 1: Bestandteile des mechanischen Energiewandlers:  1 Klammer, 2 Blattfeder, 3 Ankerblech, 4 Spule, 5 Magnet, 6 U-Kerne, 7 Spulenkörper. Jede Betätigung des Energiewandlers liefert einen kleinen elektrischen Impuls, der sofort für den kurzzeitigen Betrieb elektronischer Schaltungen zur Verfügung steht.

    Abbildung 1: Bestandteile des mechanischen Energiewandlers: 1 Klammer, 2 Blattfeder, 3 Ankerblech, 4 Spule, 5 Magnet, 6 U-Kerne, 7 Spulenkörper. Jede Betätigung des Energiewandlers liefert einen kleinen elektrischen Impuls, der sofort für den kurzzeitigen Betrieb elektronischer Schaltungen zur Verfügung steht.

    Bild: EnOcean

  • Abbildung 2: Die aktuelle Generation mechanischer Energiewandler hat einen höheren Wirkungsgrad und ermöglicht unter optimalen Bedingungen bis zu 1.000.000 Schaltzyklen.

    Abbildung 2: Die aktuelle Generation mechanischer Energiewandler hat einen höheren Wirkungsgrad und ermöglicht unter optimalen Bedingungen bis zu 1.000.000 Schaltzyklen.

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