Die Professur Alternative Fahrzeugantriebe der Technischen Universität Chemnitz (TUC) ist Teil eines sächsischen Konsortiums, das Ende 2026 in Görlitz Europas erste Straßenbahn mit Wasserstoffantrieb auf die Schiene bringen will.
Für dieses ehrgeizige Projekt wurden Fördermittel von rund acht Millionen Euro zugesagt, von denen 1,2 Millionen Euro an die TUC gehen. Unter Federführung von Hörmann Vehicle Engineering in Chemnitz ist das Forschungsprojekt „HyTraGen“ (Hydrogen-Tram for next Generation) gestartet.
Projektpartner für den Prototyp sind der Straßenbahnhersteller Heiterblick aus Leipzig und Flexiva Automation & Robotik aus Amtsberg im Erzgebirge. Die Erprobung der Straßenbahn wird gemeinsam mit den Görlitzer Verkehrsbetrieben (GVB) erfolgen.
Alternative zu bestehenden Oberleitungsbahnen
„Wasserstoffantriebe werden zukünftig ein fester Bestandteil neuer Fahrzeugentwicklungen sein“, sagt Dr. Volkmar Vogel, Senior Vice President von Hörmann Vehicle Engineering. Mit Blick nach Asien, wo H2-Trams im Einsatz sind, hat Hörmann bereits 2019 die Projektidee für eine oberleitungsfreie Straßenbahn mit Wasserstoff- und Brennstoffzellenantrieb entwickelt.
Die Wasserstoff-Straßenbahn soll dabei nicht in direkter Konkurrenz zu bestehenden Oberleitungsbahnen stehen, sondern eine Alternative für Strecken sein, auf denen Oberleitungen nicht notwendig oder sinnvoll sind. Neue Stadtteile und Stadtrandgebiete können so wesentlich einfacher und mit geringeren Infrastrukturkosten erschlossen werden.
„Wasserstoff kann seine Vorteile in Zukunft vor allem dort ausspielen, wo große Massen über lange Strecken transportiert werden, also insbesondere im Schwerlast-, Güter- und Personenverkehr“, sagt Prof. Dr. Thomas von Unwerth, Inhaber der Professur Alternative Fahrzeugantriebe der TUC.
Für ihn ist die Wasserstoff-Straßenbahn daher eine sinnvolle Option, deren praktikabler Einsatz aber von vielen Parametern abhängt, insbesondere auch vom Vorhandensein von Wasserstoff-Tankstellen. „Außerdem dürfen H2-Trams nicht viel schwerer sein als konventionelle Straßenbahnen, das Mehrgewicht der Wasserstofftanks muss also an anderer Stelle kompensiert werden“, so von Unwerth.
„Das Forschungsteam der Professur Alternative Fahrzeugantriebe konzentriert sich in den kommenden drei Jahren insbesondere auf die Erarbeitung einer Betankungsstrategie, die Entwicklung von Simulationsmodellen zur Alterung des Antriebstranges und die Vermessung des Brennstoffzellensystems vor der Integration in die Straßenbahn im Laborumfeld“, erläutert Projektleiter Erik Pohl, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Alternative Fahrzeugantriebe.
Neue Wertschöpfung generieren
Mit den Projektergebnissen will das sächsische Konsortium die Weichen für den Bau neuer moderner Schienenfahrzeuge in Sachsen legen. Sowohl Fahrzeuge als auch Systemkomponenten sollen neue Wertschöpfungen generieren, da die Projektergebnisse auch für weitere Schienenfahrzeugtypen wie Tramtrains genutzt werden sollen. Auch für das Chemnitzer Modell könnte dieser Ansatz in Zukunft von besonderem Interesse sein. Dieses Modell ist die in der Region Chemnitz angewandte Variante eines Stadtbahnnetzes zur Verknüpfung zwischen Straßenbahn und Eisenbahn.
Gefördert wird das Projekt „HyTraGen“ durch das Bundesministerium für Verkehr und Digitales innerhalb des „Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie Phase 2“.