Energiemanagement Erfolgscontracting: Eine „kontrollierte Partnerschaft“

11.12.2012

In dem vom BMWi geförderten und von B.A.U.M. getragenen Forschungsprojekt Naerco wurde für öffentliche Aufträge das Konzept des Erfolgscontractings entwickelt. Es soll sicherstellen, dass der Auftraggeber das bekommt, was er geplant und in Auftrag gegeben hat. Die damit erreichte Qualitätssicherung erweist sich dabei als günstiger als die nachträgliche Qualitätskontrolle.

Auf komplexe gebäudetechnische Anlagen sind die Ausschreibungs- und Vergaberegeln der öffentlichen Hand nicht optimal zugeschnitten. Sie sollen gewährleisten, dass die Anlage einwandfrei geplant und ordnungsgemäß abgenommen wird, dass Ausführungsmängel bei der Abnahme entdeckt werden und im Betrieb nicht mehr auftreten.

Doch bei der Abnahme ist nur noch eine nachträgliche Qualitätskontrolle möglich; „zugebaute“ Qualitätsmängel werden nicht mehr entdeckt, zumal die Abnahme auf Stichproben beschränkt ist. Für die eigentlich notwendige mitschreitende Qualitätssicherung bieten die Regeln keinen Anreiz, weder für den Auftraggeber noch die Auftragnehmer.

Qualitätssicherung versus Qualitätskontrolle

Qualitätssicherung ist eine baubegleitende fachkompetente Überwachung aller kritischen Arbeitsschritte durch die verantwortlich ausführende Firma selbst. Sie soll mögliche Ausführungsfehler vorhersehen und gar nicht erst entstehen lassen. Oft unterbleibt sie jedoch, weil sie nicht bezahlt wird. Sie würde die Bau- oder Sanierungskosten erhöhen, denn sie kostet mehr als die bei der Abnahme durchgeführte Qualitätskontrolle - allerdings nicht annähernd so viel wie die spätere Beseitigung der unentdeckt gebliebenen Mängel.

Die Mängel werden im Betrieb der Anlage auch deshalb oft erst nach längerer Zeit entdeckt, weil Betriebsführung und Wartung ebenfalls möglichst nichts kosten dürfen. Das hängt mit einer haushaltsrechtlichen Besonderheit zusammen - der getrennten Verbuchung der einmaligen Bau- oder Sanierungsinvestition im Vermögenshaushalt und der laufenden Kosten für die Betriebsführung im Verwaltungshaushalt. Oft ist es schon schwierig genug, den meist relativ hohen Betrag für die Investition bewilligt zu bekommen, da will der Antragsteller die Bewilligung nicht dadurch gefährden, dass auch die laufenden Ausgaben erhöht werden.

Jedoch kann sich durch das Einsparen von Qualitätssicherung und Betriebsführung das Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gegenteilig auswirken, weil an den falschen Stellen gespart wird. Dass Auftraggeber die Qualitätssicherung ernst nehmen müssen, hat sich in der Industrie längst durchgesetzt - man denke nur an Flugzeuge oder Automobile. Und was die Betriebsführung betrifft, so können die akkumulierten Folgekosten einer komplexen Anlage moderner Technik über die Lebensdauer der Anlage auf mindestens die gleiche Höhe ansteigen wie die Kosten der Investition. Also werden die öffentlichen Mittel auch durch das Einplanen von Betriebsführung und Wartung sparsamer verwendet als durch das Weglassen.

Ergebnisverantwortung organisieren

Qualitätssicherung setzt voraus, dass es eine Instanz gibt, die dafür verantwortlich ist, dass die geplante Qualität ohne Abstriche erreicht wird. Wenn aber die Arbeiten inhaltlich und zeitlich auf verschiedene Auftragnehmer verteilt werden, kann keiner von ihnen die Verantwortung für die Ziele übernehmen, die mit der Anlage insgesamt erreicht werden sollen. Dazu empfiehlt es sich, das Objekt einem Generalunternehmer zu übertragen und diesem einen wirksamen Anreiz zu geben, die Ziele zu erreichen. Der Anreiz muss über die gesamte Lebensdauer der Anlage wirksam sein, deshalb muss der Auftrag dem Contractor über wenigstens 15 Jahre erteilt werden, die mittlere Lebensdauer der Anlagentechnik. Der Anreiz besteht darin,

dass die vereinbarte Vergütung auch die Aufwendungen für die Qualitätssicherung sowie für die Betriebsführung einschließt,
dass die zu verantwortenden Ergebnisse bei normaler fachlicher Sorgfalt problemlos erreichbar sind,
dass der Contractor für den Fall der Nichterreichung eines vereinbarten Ergebnisses den Mangel beseitigt und
dass er in diesem Fall darüber hinaus eine fühlbare Buße zahlt.

Auf diese Weise wird gewährleistet, dass der Contractor die von ihm garantierten Ziele einhält. Deshalb heißt er Erfolgscontractor.

Die Ziele muss jedoch der Auftraggeber festlegen. Er darf die von der Anlage erwarteten Funktionen nicht einfach mit dem „Stand der Technik“ umschreiben, sondern muss sie spezifizieren. Das umfasst sowohl die zu erreichende Qualität im Hinblick auf Ausstattung, Raumklima - Licht, Luft, Wärme - und Nachhaltigkeit als auch die zu realisierende Effizienz hinsichtlich Energie- und Umweltverbrauch und sonstiger Kosten. Zudem muss er von Zeit zu Zeit kontrollieren können, ob die Ziele erfüllt wurden.

In diesen Bedingungen unterscheidet sich das Erfolgscontracting vorteilhaft vom Public Private Partnership (PPP). Es gestaltet das Verhältnis von Auftraggeber und Contractor als kontrollierte Partnerschaft: Ähnlich wie beim PPP kann der Contractor das zweckmäßigste Vorgehen zum Erfüllen der Zielvorgaben mitbestimmen. Anders als meist beim PPP kann der Auftraggeber schon während der Bauphase den Stand der festgesetzten Ziele periodisch überprüfen.

Fokus auf Funktionen der Anlage

Eine dem Erfolgscontracting ähnliche Zielrichtung liegt dem Forschungsschwerpunkt Enbop (Energieoptimierte Betriebsführung) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zugrunde [1]. Hier werden die herkömmlichen Leistungen an der Schnittstelle zwischen dem Errichten und dem Betrieb durch eine Evaluierungs- und Optimierungsphase ergänzt. In dieser Phase wird die Anlage nach dem Bau beziehungsweise der Grundsanierung „über mehrere Jahre evaluiert und ihre Performance mit überwiegend nichtinvestiven Maßnahmen optimiert“.

Das ist ein deutlicher Fortschritt, kommt das Optimieren doch einer professionellen Betriebsführung gleich, auf die heute noch vielfach verzichtet wird. Jedoch kann sie die baubegleitende Qualitätssicherung nicht ersetzen. Wird in der Be-triebsführung - also nachträglich - eine Zielverfehlung festgestellt, so kann das gerichtsfeste Feststellen des Mangels und des Verursachers - „Wer ist mit welchem Anteil dafür verantwortlich?“ - eine ganze Behörde lahmlegen. Um den Zeitaufwand zu vermeiden, wird diese den Mangel selbst beseitigen oder die Nutzer ihn ertragen lassen. In beiden Fällen entstehen Kosten, die eine Qualitätssicherung vermieden hätte.

Das ist besonders dann relevant, wenn es um Mängel des Raumklimas geht, zum Beispiel das Erwärmen, Belüften und Beleuchten. Diese beeinträchtigen zwar das Wohlbefinden, die Gesundheit, die Lernleistung und die Produktivität der Nutzer des Gebäudes. Sie können aber in ihren technischen Ursachen nur mit großem Aufwand ermittelt werden. Sie können ebenso schwerwiegend sein wie die Mängel in der Energieeffizienz, an die man eher denkt, weil sie sich in Einsparbeträgen berechnen lassen. Diese Mängel waren es auch, die bewirkt haben, dass das Projekt Naerco durchgeführt werden konnte [2]. In einer Vorstudie wurde für 50 Prozent aller Schulen, deren Heizanlagen in den kommenden Jahren zur Grundsanierung anstanden, berechnet, was diese Schulen mit einem Erfolgscontracting einsparen können. Wären diese weiterhin so ineffizient saniert worden wie vorher, so hätten danach 20.000 Schulen immer noch bis zu 30 Prozent ihres Energieverbrauchs und damit jährlich im Schnitt 50 Tonnen CO 2„zum Fenster hinaus geheizt“. Das hätte allein für diese Schulen ein bisher ungenutztes CO 2-Minderungspotenzial von jährlich einer Million Tonnen bedeutet, sowie ein ungenutztes Kosteneinsparpotenzial von 4,4 Milliarden Euro in 13 Jahren.

Wichtig ist die Mitarbeit der Nutzer

Da das Erfolgscontracting am Beispiel von Schulen konzipiert wurde und derzeit im Gymnasium Marktoberdorf praktisch erprobt wird [3], lag es nahe, das Verwirklichen der geplanten Funktionen auch dadurch zu sichern, dass die Schüler und Lehrer in der Betriebsphase an der Fehlersuche beteiligt werden. Denn an der Qualität der von der Anlage erbrachten Energiedienstleistungen haben sie ein großes Interesse. Das verändert den Blickwinkel von vornherein, denn die Möglichkeiten dafür müssen schon in der Planung vorgesehen und in der Qualitätssicherung berücksichtigt werden. Die Mitarbeit der Nutzer einzuplanen, kommt aber nicht nur der Qualität von Schulen zugute, denn nahezu jede gebäudetechnische Anlage dient der Produktivität und dem Wohlbefinden der Menschen, die sie nutzen.

Weitere Informationen

[1] Energieoptimierte Betriebsführung: www.enob.info/de/forschungsfelder/enbop

[2] Dokumente/Sozialwissenschaftlicher Erfahrungsbericht unter www.naerco.de

[3] Prof. Dr. Gerhard Scherhorn: Vielversprechendes Erfolgscontracting, Energy 2.0, Ausgabe 8/2010, S. 30ff

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