Chemie, Pharmazeutik oder Nahrungsmittel – durch brennbaren Staub kann in Anlagen der Verfahrenstechnik schnell eine zündfähige Atmosphäre entstehen. Die Ursachen für den Staubgehalt in kritischen Konzentrationen sind dabei so vielfältig wie meist unvermeidbar. Das Gefahrenpotenzial geht neben Staub und pulverförmigen Stoffen auch von grobkörnigem Schüttgut aus, wenn durch Abrieb Staub entsteht.
Ansätze gegen Explosionsgefahr
Staubexplosionen sind nicht zu unterschätzen: Sie bilden eine große Bedrohung für Menschen, Anlagen und Materialien. Denn wegen des extremen Druckanstiegs können sie eine verheerende Zerstörungskraft entwickeln. Betreiber und Sicherheitsverantwortliche benötigen daher einen konstruktiven Explosionsschutz, der die Folgen notfalls effektiv eindämmt.
In sehr wenigen Einzelfällen werden Anlagen bereits so stabil ausgelegt, dass sie dem Druck einer Explosion standhalten können. Das bedeutet aber, dass sie für ein Vielfaches des regulären Prozessdrucks konstruiert und gebaut sein müssen – eine kostspielige und ineffiziente Lösung.
Sicherheitszone einrichten
Wesentlich sinnvoller und wirtschaftlicher für die allermeisten Anwendungen sind maßgeschneiderte Schutzsysteme. Welche Variante in welchem Umfeld jeweils die angemessene ist, zeigt eine detailliertere Betrachtung: Explosionsschutz-Berstscheiben bilden als konventionelle Druckentlastungen überall dort einen effektiven Basisschutz vor den Auswirkungen einer Explosion, wo das Entweichen von brennenden Stäuben und Partikeln oder Flammen und heißem Gas aus sicherheitstechnischer Sicht akzeptiert werden kann.
Das Volumen dieser Emission kann dabei ein Vielfaches der eigentlichen Anlagengröße betragen und die Einrichtung einer ausreichenden Sicherheitszone ist notwendig. Der Einsatz erfolgt darum ausschließlich in Außenbereichen oder mit einem nach außen führenden Abblaskanal, der dem entstehenden Druck standhalten muss.
Sofortiges Bersten vermeidet Schäden
Explosionsschutz-Berstscheiben werden entsprechend des Prozessdrucks und des für Behälter oder Anlage zulässigen Drucks ausgelegt. Wird ein definierter Ansprechdruck erreicht, birst die Druckentlastung unmittelbar – je nach Ausführung schon ab Überdrücken von 50 Millibar. Dank der schnellen Reaktion und dem schlagartigen Freigeben einer großen Entlastungsöffnung sind die Anlagen und Behälter vor der Druckeinwirkung geschützt. Schäden werden vermieden.
Für den Einsatz bei prozessseitigen Vakuumdrücken gibt es ebenfalls Explosionsschutz-Berstscheiben mit einer patentierten Gestaltung, die sie gegenüber schwankenden Prozessdrücken unempfindlich macht. Edelstahl- und Verbundwerkstoffe für die Berstscheibe und angepasste Materialien für Dichtungen und Dämmung ermöglichen den Einsatz auch bei Prozesstemperaturen über 250 °C. Für Umgebungen, in denen für das Austreten von Flammen keine notwendige Sicherheitszone zur Verfügung steht, sind flammenlose Druckentlastungen eine mögliche Alternative. Ein mehrlagiges Edelstahl-Filtergewebe verhindert das Austreten von Flammen und brennenden Partikeln und erlaubt im gleichen Schritt, dass die Druckwelle entweichen kann.
Unterdrückung bremst Explosion aus
Wenn es darum geht, die Auswirkungen von Staubexplosionen noch weiter zu minimieren, werden aktive, schnell wirkende Löschsysteme zur Explosionsunterdrückung eingesetzt. Diese Systeme ersticken jede Flamme einer anlaufenden Explosion innerhalb von Sekundenbruchteilen schon in der Entstehungsphase – lange bevor der Explosionsdruck seine Zerstörungskraft entfalten kann.
Anwender profitieren vor allem dadurch, dass der unterbrochene Prozess schneller und nach geringem Instandsetzungsaufwand wieder aufgenommen werden kann und außerdem kein Prozessmedium in die Umwelt gelangt.
Hochempfindliche Drucksensoren erkennen einen kritischen Druckanstieg bereits im Millibarbereich und ermöglichen dem Unterdrückungssystem ein sofortiges Reagieren: Ihre Löschkanone bringt in wenigen Millisekunden ein hochwirksames, zugleich für Mensch und Umwelt ungefährliches Löschmittel in den Prozessbehälter ein und unterdrückt die Explosion auf einen anlagenspezifisch reduzierten und akzeptablen Druck.
Schnelle Wiederinbetriebnahme
Die aktiven Systeme bieten einen hohen, zuverlässigen Schutz und erlauben zugleich ein prozessoptimiertes Anlagendesign in Gebäuden, wo kein Sicherheitsbereich für eine Entlastung zur Verfügung steht. Bei der Entscheidung für eine Unterdrückung gilt es allerdings, einige relevante Kriterien zu beachten: Wenn keines der Bauteile als Gefahrgut eingestuft ist, ergeben sich Vorteile.
Sinnvoll ist der Verzicht auf pyrotechnische Auslöser und der Einsatz von Kraftschaltelementen. Löschkanonen sollten so modular aufgebaut sein, dass ihr Druckbehälter erst bei der Installation mit Stickstoff befüllt und mit einer leicht austauschbaren Löschmittelpatrone verbunden wird. Denn dann werden Transport und Lagerung sowie Ersatzteillogistik und -management erheblich vereinfacht; die bei konventioneller Gestaltung obligatorischen Sicherheitsvorschriften entfallen.
Vereinfache Logistik verkürzt Lieferzeiten
Anlagenbetreiber können die wenigen notwendigen Ersatzteile für eine schnelle Wiederinbetriebnahme vor Ort ohne Beschränkungen lagern. Ein besonderer Vorteil ist, dass die Instandsetzung vom eigenen, vorab vom Hersteller geschulten Personal mit relativ wenig Aufwand schnell durchgeführt werden kann. Wartezeiten auf externe Montagetechniker oder Teile entfallen vollständig.
Selbst wenn einmal Teile benötigt werden, ist die Lieferzeit dank der vereinfachten Transportlogistik verkürzt. Anlagenstillstände, also kostspielige Produktionsunterbrechungen, bleiben so auf ein absolutes Minimum reduziert.
Ausbreitung einer Explosion verhindern
Dem gleichen technischen Funktionsprinzip wie Explosionsunterdrückungen folgen Systeme zur chemischen Explosionsentkopplung. Hier wird durch das Einbringen von Löschmittel eine Sperre errichtet, die zusätzlich das Ausbreiten der Explosion durch verbundene Rohrleitungen und Kanäle auf angrenzende Anlagenbereiche stoppt. So werden Effekte wie eine Flammenstrahlzündung verhindert, die ein noch höheres Zerstörungspotenzial entwickeln kann als die ursprüngliche Explosion.
Weitere Maßnahmen zur Eingrenzung von Explosionen sind mechanische Systeme: Beispiele für passive Varianten sind selbstbetätigte Schutzventile und Rückschlagklappen, für aktive Systeme fremdbetätigte Ventile und Schutzschieber. Chemische Entkopplungssysteme haben hier den Vorteil, dass sie sowohl bei runden wie bei eckigen Leitungsquerschnitten eingesetzt werden können.
Fazit
Konstruktiver Explosionsschutz muss immer dann ergriffen werden, wenn mit vorbeugenden Maßnahmen kein ausreichendes Schutzniveau erreicht werden kann. Unabhängig davon, welches System eingesetzt wird, ist die Auslegung entscheidend für die Gewährleistung von so viel Sicherheit wie nötig und der größtmöglichen Begrenzung des Risikos.
Dabei müssen sich moderne Schutzsysteme am Bedürfnis der Betreiber orientieren und hohe Sicherheit mit langfristiger Wirtschaftlichkeit verbinden. Das ist eine Voraussetzung, um ein angemessenes Schutzniveau für Personen und Anlagen nachhaltig sicherzustellen. Je nach Rahmenbedingungen und gefordertem Schutzlevel bieten sich verschiedene Strategien an, um den konstruktiven Explosionsschutz umzusetzen: Explosionsschutz-Berstscheiben etwa bewahren Anlagen nach dem Prinzip einer Druckentlastung vor übermäßigem Druck; als Sollschwachstelle geben sie bei einer Explosion kontrolliert nach und lassen den Druck nach außen entweichen.
Chemische Explosionsunterdrückungssysteme wiederum bremsen eine Staubexplosion schon im Keim aus; das schnelle Einbringen von Löschmittel erstickt jede Flamme einer anlaufenden Explosion innerhalb von Sekundenbruchteilen in der Entstehungsphase. Nach der gleichen technischen Wirkungsweise begrenzen chemische Entkopplungen ein Ereignis räumlich. Sie verhindern somit, dass die Flammenfront einer Explosion sich in verbundene Prozessbehälter und Leitungen ausbreitet.