Verfahrenstechnik Fördersystem für alternative Brennstoffe

Der Pipe Conveyor passt sich an die örtlichen Gegebenheiten des Werks an.

Bild: Beumer Group
14.09.2015

Um alternative Brennstoffe von der Lagerhalle zu den Beschickungssystemen des Ofens zu fördern, ersetzte ein Zementwerk seine Trogkettenförderlinie durch ein komplett geschlossenes Fördersystem. Dieses transportiert nun das Schüttgut nicht nur umweltfreundlich und energieeffizient sondern ist auch an die Umgebungsbedingungen angepasst und wartungsarm.

Das Schwenk Zementwerk in Bernburg nahe Magdeburg ist mit seiner Produktvielfalt und seiner Produktionskapazität eines der größten und leistungsfähigsten Baustoffwerke Deutschlands. Die Zementproduktion an der Saale blickt auf eine lange Geschichte zurück. Denn hier befinden sich ergiebige Vorkommen an hochwertigem Kalkstein. Das Werk existiert bereits seit 1960. Nach der Wende hat Schwenk es im Jahr 1990 übernommen, die bestehenden Anlagen abgerissen und ein komplett neues Werk errichtet. Zum Produktportfolio gehört heute eine breite Palette leistungsfähiger Spezialbindemittel in konstant hoher Qualität. Mit moderner Mischtechnik stellt das Unternehmen die Produktlösungen her, die im Tunnel-, Straßen- und Brunnenbau, in der Geothermie und Umwelttechnik gefordert sind.

Für das Zementwerk spielt eine nachhaltige Produktion eine große Rolle. Weil die Herstellung dieses Baustoffs seit jeher zu den besonders energieintensiven Industrien zählt, minimiert das Unternehmen den Einsatz primärer Brennstoffe wie Kohle und Öl und setzt verstärkt auf Ersatzbrennstoffe. Dabei handelt es sich vorwiegend um Mischungen aus hochkalorischen Abfällen, hauptsächlich Kunststoff- und Verpackungsresten und Textilien. Diese werden in einer externen Aufbereitungsanlage zu hochwertigen Brennstoffen mit definierten Produktparametern aufbereitet.

Wärmeintensive Prozesse

Zur Zementherstellung wird der Kalkstein abgebaut, zerkleinert und mit weiteren Rohstoffen homogenisiert. Gurtförderer transportieren diesen Rohschotter und weitere Stoffe anschließend vom Mischbett ins Werk. Dort werden sie in den Rohmühlen auf die für den Brennprozess notwendige Feinheit gemahlen und getrocknet. Das Rohmehl wird anschließend in großen Silos homogenisiert und zwischengelagert. Um den Portlandklinker – ein grobstückiges Zwischenprodukt – zu erhalten, gelangt das Rohmehl zunächst in den Zyklonvorwärmer, anschließend in den sogenannten Kalzinator, die beide mit den alternativen Brennstoffen befeuert werden. Bei Temperaturen über 950 °C wird der Kalksteinanteil im Rohmehl entsäuert. Danach erreicht das Material das Drehrohr und wird dort bei Temperaturen von etwa 1.450 °C gebrannt.

Um die Brennstoffe von der Lagerhalle zu den Beschickungssystemen für den Hauptbrenner zu transportieren, setzte Schwenk bisher auf eine Trogkettenförderlinie. Bei diesen mechanischen Stetigförderern sind Mitnehmer an einer endlos geschlossenen Kette installiert, die das Schüttgut in einem Trog transportieren. Das Werk hatte diese Anlage nun schon seit mehr als zehn Jahren im Einsatz. Damit stieg der Wartungsaufwand. Ein weiteres Problem: Der Trogkettenförderer konnte das Schüttgut, das eine Dichte von nur 0,2 t pro Kubikmeter aufweist, nach dem weiteren Ausbau der Dosiertechnik nicht mehr in ausreichender Menge zu den Dosierwaagen und damit zum Hauptbrenner fördern. Das Unternehmen suchte eine alternative Lösung, die sowohl ökologisch als auch wartungsarm ist. Der neue Förderer sollte zudem aufgrund seiner Konstruktion optimal an die kurvige Streckenführung im Werk angepasst sein.

Um international tätige Baustoffhersteller mit Komplettlösungen zu unterstützen, hat die Beumer Group ihre Kompetenzen in dieser Branche weltweit gebündelt und verschiedene Centers of Competence geschaffen. Dazu gehört zum Beispiel das Geschäftsfeld „Pipe Conveyor“. Diese weltweit zuständigen Zentralen kümmern sich um den Vertrieb und das Projektmanagement. Sie sammeln und bereiten das Know-how der einzelnen Landesgesellschaften auf und geben es gezielt an die weltweit verteilten Fachleute der Unternehmensgruppe in den jeweiligen Bereichen weiter.

Hoher Umweltschutz, geringe Wartung

Gemeinsam mit den Verantwortlichen in Bernburg entwickelte Beumer eine Lösung, die auf die Anforderungen abgestimmt ist. Im Gespräch war zunächst eine Kombination aus einem neuen Trogkettenförderer und mehreren offenen Gurtförderern, doch diese Lösung wurde schnell verworfen.

Aufgrund des Umweltschutzes und des geringeren Wartungsaufwands kristallisierte sich rasch ein Pipe Conveyor für das Zementwerk heraus. Denn mit seiner geschlossenen Bauform schützt dieser die Umwelt sicher vor herabfallenden Transportgütern. Auf laufender Strecke kann sich außerdem kein Staub entwickeln. Diese Förderer bieten noch weitere Vorteile: Sie können lange Distanzen und enge Kurvenradien bewältigen. Und wegen ihrer Kurvengängigkeit sind im Vergleich zu anderen Gurtförderern wesentlich weniger Verteilertürme nötig, damit spart der Anwender Kosten. Mit dieser Eigenschaft kann Beumer das System zudem an individuelle Streckenführungen anpassen. Die Unternehmensgruppe lieferte und installierte eine Anlage mit einem Durchmesser von 200 mm und einer Länge von 230 m. Sie fördert bis zu 15 t Material in der Stunde. Beumer war für den Gesamtprozess verantwortlich, zudem die verfahrenstechnische Auslegung sowie der komplette Stahlbau gehörte.

Eingesetzt werden zugfeste und langlebige Fördergurte. Um bei Schwenk die passende Gurtausführung zu ermitteln, berechneten die Ingenieure die Zugkräfte sowie die Kräfte, die durch Beschleunigung und Verzögerung entstehen – und das immer unter Berücksichtigung des Eigengewichts des Gurts und des Förderguts. Vorausberechnet hat Beumer weiterhin die Gurtlagen in den entsprechenden Kurvenradien für den leeren und den beladenen Gurt. Die geringe Geräuschemission ist ein weiterer Vorteil des Pipe Conveyors. Dafür sorgen leise arbeitende spezielle Tragrollen sowie geräuscharme Lager und Elektromotoren. Das macht den Betriebsalltag für die Mitarbeiter angenehmer und die Menschen in der Umgebung des Werkes werden nicht belästigt.

Reibungsloser Betrieb

In der Lagerhalle nehmen Kräne die aufbereiteten Ersatzbrennstoffe auf und werfen sie in die Austragsbunker mit dem Austragssystem. Von dort schafft der Kettengurtförderer das Material kontinuierlich zum neuen Pipe Conveyor. Dieser fördert es zu den Dosierwaagen des Hauptbrenners. Die Linienführung des Förderers konnte an das Werk angepasst werden.

Eine weitere Anforderung, die die Experten erfüllten, ist: Stützen sollten den Lkw-Verkehr unter dem Pipe Conveyor nicht behindern. Zu diesem Zweck befestigten die Techniker die erste Stütze direkt an der Lagerhalle. Das Spannsystem des Förderers hat Beumer als Spannturm ausgelegt. Dieser befindet sich direkt bei der Aufgabestation. Von der Auftragserteilung bis zur Inbetriebnahme dauerte es insgesamt etwa acht Monate. Seit die Anlage in Betrieb ist, ist der Betreiber zufrieden: Sie ist äußerst robust und es kommt zu keinen Betriebsausfällen mehr.

Bildergalerie

  • Der Kettengurtförderer hebt das Material auf das Niveau des Pipe Conveyors an.

    Der Kettengurtförderer hebt das Material auf das Niveau des Pipe Conveyors an.

    Bild: Beumer Group

  • Die Abwurfstation befindet sich auf einer Höhe von 26 m. Dort wird das Material an das kundenseitige Beschickungssystem für den Hauptbrenner übergeben.

    Die Abwurfstation befindet sich auf einer Höhe von 26 m. Dort wird das Material an das kundenseitige Beschickungssystem für den Hauptbrenner übergeben.

    Bild: Beumer Group

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