Optoelektronik, Displays & HMI Funktionalität und Design kombiniert

18.10.2012

Kunststoff löst Metall als bevorzugtes Material für Gehäuse von Industrieanwendungen zunehmend ab. Denn neben rein funktionalen Aspekten wie Schutz, Stabilität und Bedienfreundlichkeit erlaubt es auch nahezu unbegrenzte Design-Möglichkeiten. Fast ebenso groß ist die Auswahl an Materialien und Verarbeitungsverfahren.

Moderne thermoplastische Kunststoffe ermöglichen unverwechselbare, ästhetische Form- und Farbgebungen und eine angenehme Haptik. Trotz dieser Individualität lassen sich Kunststoffgehäuse sowohl in kleineren als auch größeren Stückzahlen wirtschaftlich fertigen. Zum Einsatz kommen aufgrund ihrer vielseitigen Eigenschaften in mechanischer, thermischer, elektrischer, haptischer, optischer und chemischer Hinsicht hauptsächlich technische Kunststoffe wie PA, POM, PC, ABS, PBT oder auch PP. Durch Additive lassen sich deren Eigenschaftsprofile noch weiter für den jeweiligen Einsatzzweck optimieren. Nennenswerte Zusätze sind unter anderem Glasfasern zur Verbesserung der Festigkeit, Stabilisatoren zur Erhöhung der Witterungsbeständigkeit (UV, Wärme, Alterung), Flammschutzmittel, um die Entzündbarkeit sowie die Verbrennung zu beeinflussen, und Antistatika, damit sich die Kunststoffteile nicht elektrisch aufladen und keinen Staub anziehen.In einigen Fällen kommen auch Hochleistungskunststoffe wie beispielsweise PPS, LCP, PSU und PEEK zum Einsatz. Sie zeichnen sich vor allem durch besonders gute Beständigkeit gegen Chemikalien sowie hohe Temperaturen aus. Bei Massenkunstoffen wie PE und PS ist sehr genau auf die geforderten Eigenschaften zu achten, da sie die Anforderungen zum Beispiel an Brandverhalten, Festigkeit, Chemikalienbeständigkeit, thermische Beständigkeit oftmals nicht oder nur bedingt erfüllen. Für die Ver- und Bearbeitung der verschiedenen Kunststoffe stehen zahlreiche Verfahren zur Verfügung: Sie reichen vom Spritzgießen, Schäumen (TSG oder MuCell), Insert- und Mehrkomponentenverfahren über Bedrucken, Lackieren, mechanische Bearbeitung und Kleben bis hin zum Ultraschallschweißen. Dabei kommt je nach Anforderung an Geometrie, Festigkeit, Optik, usw. des Bauteils das jeweilige Verfahren zum Tragen. Da sowohl jeder Kunststoff als auch jedes Verfahren seine spezifischen Charakteristika hat, bedarf es fundierten Wissens und langjähriger Erfahrung, um die optimalen Kunststoffe für die jeweilige Applikation auswählen und deren spezifischen Eigenschaften optimal nutzen zu können. Ist dieses beim Kunden nicht vorhanden, bieten Gehäusespezialisten bereits bei der Entwicklung und Konstruktion von Teilen Unterstützung durch kompetente Kunststoff- und Werkzeugspezialisten. Sie helfen, nachträgliche �?nderungen in einem fertigen Werkzeug zu verhindern, die meist mit wesentlich höheren Kosten verbunden sind als eine �?nderung der Konstruktion im Vorfeld.

Design und Wirtschaftlichkeit von Anfang an

Hat der Kunde zu Beginn lediglich eine grobe Vorstellung, wie das Gehäuse aussehen soll, übernimmt der Gehäusepartner in Zusammenarbeit mit dem Kunden die komplette Entwicklung. Liegen hingegen schon detaillierte Konstruktionsunterlagen sowie ein Lastenheft vor, kann der Gehäusespezialist die Konstruktion prüfen, ob sie sich wirtschaftlich und technisch realisieren lässt, und kann bei Bedarf optimieren. So sorgt manchmal bereits eine leicht variierte Gehäuseöffnung in Form oder Platzierung für eine kostengünstigere Herstellung. Steht das Design, folgt das Prototyping. Hier gibt ein Modell einen ersten realistischen Eindruck von der geplanten Lösung und hilft bei der Beurteilung der optimalen Machbarkeit. Problemstellungen, die später im Entwicklungsprozess aufkommen können, lassen sich damit besser beurteilen und lösen. Auch hierfür stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung, zum Beispiel Stereolithographie (STL), selektives Lasersintern (SLS), Vakuumguss oder 3D-Print. Die Stereolithographie eignet sich hervorragend für Schnapphaken und Rastnasen und ermöglicht auch transparente Teile, gerade bei kleinen Stückzahlen. Dank guter mechanischer Bearbeitbarkeit lassen sich zum Beispiel Gewinde leicht einbringen. Für die Stereolithographie sind auch eingeschränkte Materialien verfügbar, die Fertigungstoleranzen liegen bei circa ±0,1 mm. Die Stereolithographie ist Ausgangsbasis für den Vakuumguss, sie erlaubt die Designbegutachtung und die Prüfung von Funktionsprinzipien. Mit dem selektiven Laserintern lassen sich auch überhängende Strukturen ohne Stützgeometrien, Hinterschnitte und komplexe Geometrien umsetzen. Große Teile, die über die Standard-Bauraumgrößen von 350 cm x 350 cm x 500 cm hinausgehen, werden am Schluss durch Schweißtechnik exakt zusammengefügt. Auch für das selektive Laserintern sind eingeschränkte Materialien verfügbar, die Längentoleranzen liegen hier bei ±0,15 mm. Aufgrund der schnellen Fertigung ohne Formenbau kommt dieses Verfahren häufig zum Einsatz, wenn lediglich wenige Stück benötigt werden. Es ermöglicht eine leichte mechanische Nachbearbeitung und die Prüfung von Funktionsprinzipien.

Hohe Qualität durch Vakuum-Guss

Der Vakuum-Guss ist die Methode der Wahl für Kunststoff, Gummi und Silikon. Es lassen sich damit komplizierte Gießteile mit Einlegeteilen, zum Beispiel Leiterbahnen, Spulen oder Kühlkörper, Zweikomponententeile sowie glasklare Gießteile und Silikonabgussteile fertigen. Die Temperaturbeständigkeit beträgt bis zu 200 °C. Gewinde können problemlos abgeformt werden. Mittels Vakuum Guss entstehen Teile und Baugruppen höchster Güte, die hoch hitzebeständig, glasfaserverstärkt, transparent oder gummiartig sein können und nach Kundenwunsch oberflächenbearbeitet und eingefärbt werden können - auch in Kleinserien. Der nächste Schritt ist die Gesamtkonstruktion und die Werkzeuggestaltung. Dabei taucht meist eine ganze Reihe an Herausforderungen auf, zum Beispiel, wie sich trotz Gehäuseöffnungen eine hohe Schutzart (IP-Klasse) erhalten lässt. Ob das Heizelement mit einem elektrisch leitenden Kunststoff im Spritzgussverfahren realisiert werden kann. Oder auf welche Art und Weise die Hartkomponente der Gehäuseschale mit der Weichkomponente für die Abdeckung eines Bedienelements verbunden werden kann. Außerdem sollte bereits in der Konzeption die sortenreine Trennung der Materialien berücksichtigt werden. Sind diese Fragen beantwortet, steht die Konstruktion. Sie ist die Basis für die Werkzeuggestaltung. Hierbei empfiehlt es sich, frühzeitig aktuelle elektronische Simulationswerkzeuge, wie die Füllsimulation oder Verzugsanalyse, zu nutzen. Denn diese zeigen Schwachstellen auf und stellen sicher, dass die Konstruktion hinsichtlich ihrer Herstellbarkeit optimal ausgelegt. Sollte sich zeigen, dass das nicht der Fall ist, lässt sich die Konstruktion zu diesem Zeitpunkt noch relativ schnell und unkompliziert ändern - im Gegensatz zu nachträglichen Korrekturen, die deutlich zeit- und kostenaufwändiger ausfallen.

Hochwertige Oberflächen mit Folienhinterspritzen

Mit steigendem Fokus auf Design und eine angenehme Haptik erfreut sich das Folienhinterspritzen wachsender Beliebtheit. Dieses Verfahren steht für vollständig nachbearbeitungsfreie, hochwertige Oberflächen in feinstem Finish. Dabei wird eine plane Folie zuerst bedruckt, anschließend dreidimensional verformt und zugeschnitten. Um die Wirtschaftlichkeit und die automatische Weiterverarbeitung an der Maschine zu gewährleisten, ist beim Folienhinterspritzen von Anfang an besonderes Augenmerk darauf zu richten, wie die Folie optimal in die Spritzgussform hinein und das fertige Teile nach dem Hinterspritzen auch wieder optimal heraus kommt. Hierfür müssen Kunde und Gehäusespezialist ab einem sehr frühen Zeitpunkt des Projektes - idealerweise ab dem Projektstart - eng zusammenarbeiten. Um folienhinterspritzte Teile in möglichster kurzer Zeit zu realisieren, können einige Prozesse parallel ablaufen. So kann, während die Folie entwickelt wird, zeitgleich das Spritzwerkzeug konstruiert und gefertigt und die Handlingsysteme für das automatische Bestücken und Entnehmen konzipiert werden. Erfahrungsgemäß nehmen diese Phasen ungefähr dieselbe Zeit in Anspruch. Ebenfalls zeitgleich durchgeführte Prozessfähigkeitsuntersuchungen stellen die optimale Serienproduktion sicher. Trotz aller Vorzüge der Kunststoffe - für manche Anwendungen oder Einsatzgebiete bleibt Metall das optimal geeignete Material, etwa wenn das Gehäuse eine extrem hohe Festigkeit aufweisen oder hohe EMV-Anforderungen erfüllen muss. Sind außerdem eine individuelle Form oder Oberfläche gefordert, können beide Werkstoffe kombiniert werden. Häufig stellt sich auch erst im Entwicklungsprozess heraus, welches Material und welches Verfahren tatsächlich geeignet sind. Deshalb ist es entscheidend, sich nicht von vorne herein auf eine Option festzulegen, sondern alle Möglichkeiten zu behalten. Denn nur so entstehen individuelle Gehäuse, die Form, Funktion und eine wirtschaftliche Fertigung ideal miteinander verbinden.

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