Differenzierte Betrachtung gefordert Gefährdet ein PFAS-Verbot die Klimaziele des European Green Deal?

Ist das Erreichen der Klimaziele bei einem generellen Verbot von PFAS-Chemikalien noch möglich?

Bild: iStock, Lemon_tm
10.08.2023

Ohne die Verwendung von PFAS könnte die Umstellung auf erneuerbare Energien und Mobilität abrupt gestoppt werden. Die Verbände VDA, VDMA und ZVEI plädieren für eine differenzierte Betrachtung dieser Stoffgruppe.

Kein Windrad, kein Energiespeicher, kein E-Auto, keine Halbleiter. Ohne per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) lassen sich die Schlüsseltechnologien der Transformation zur Klimaneutralität nicht produzieren und damit die Energie- und Mobilitätswende nicht umsetzen, warnen die drei großen Industrieverbände VDA, VDMA und ZVEI. Gemeinsam wenden sie sich gegen das aktuell von der EU geplante pauschale PFAS-Verbot und plädieren für eine differenzierte Betrachtung der Gruppe mit über 10.000 Stoffen.

Sie fordern: Die Stoffe, für die es aktuell noch keinen Ersatz gibt und solche, von denen kein Risiko für Mensch und Umwelt ausgeht, sollen der Industrie weiterhin zur Verfügung stehen. Es darf nicht zu unverhältnismäßigen Verboten kommen. PFAS, von denen Risiken für Mensch und Umwelt ausgehen, sollen demgegenüber kontinuierlich substituiert werden, wie es bereits heute gängige Praxis ist.

Relevant für Querschnittstechnologien

Für die von den Verbänden vertretenen Branchen – Automobilindustrie (VDA), Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) sowie Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) – sind viele PFAS aus der Stoffgruppe aktuell unverzichtbar. Die Stoffe werden umfassend in Querschnittstechnologien, beispielsweise als Dichtungen und Kabel, verbaut und in allen relevanten Schlüsseltechnologien eingesetzt, die maßgeblich über den Erfolg des Green Deal mitentscheiden werden. Auch Lithium-Ionen-Batterien oder Wasserstofftechnologien sind dringend auf PFAS angewiesen.

Plädoyer der Industrie-Vertreter

VDA-Präsidentin Hildegard Müller: „Die Elektromobilität ist die zentrale Technologie auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität der Zukunft und zentraler Teil des European Green Deals der EU. Dabei ist klar: Um das Ziel klimaneutraler Mobilität erreichen zu können, ist und bleibt der Einsatz von PFAS unverzichtbar. Ohne sie sind heute weder die bestehenden Fahrzeuge noch zukünftige Fahrzeugtechnologien denkbar - das geplante pauschale PFAS-Verbot droht, zum Klimaschutz-Boomerang zu werden. Mit einer differenzierten Betrachtung dieser riesigen Stoffgruppe hingegen lassen sich Klima-, Umwelt und Gesundheitsschutz zusammenführen. Sicher ist: Die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie nehmen den verantwortungsvollen Umgang mit PFAS ernst und werden dies selbstverständlich auch in Zukunft tun.“

VDMA-Präsident Karl Haeusgen: „Klimaschutz und Energiewende sind ohne die Technologien aus dem Maschinen- und Anlagenbau nicht möglich. Ein umfassendes PFAS-Verbot gefährdet viele grüne Technologien, von Windenergieanlagen über die Wasserstofferzeugung bis hin zur Produktion von Brennstoffzellen. Komponenten aus PFAS sind für diese Produkte und auch für ihre industriellen Herstellungsprozesse unverzichtbar. Zugleich sind die PFAS tief im Inneren von Maschinen verbaut und haben keinen direkten Kontakt mit der Umwelt.“

ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel: „Halbleiter sind für ein klimaneutrales Europa bis 2050 unverzichtbar. Die EU fördert den Aufbau eines leistungsstarken Halbleiter-Ökosystems unter anderem deshalb zurecht mit dem EU Chips Act und dem IPCEI Mikroelektronik. Ein pauschales PFAS-Verbot stände diesem Ziel entgegen. Um diesen Zielkonflikt zu lösen, müssen PFAS differenziert und risikobasiert betrachtet werden, nicht pauschal mit dem Holzhammer.“

Eine Präsentation mit interaktiver Grafik und vielen Hintergrundinformationen zeigt anschaulich, wie grüne Technologien von einem pauschalen PFAS-Verbot betroffen wären. Sie finden diese im Anhang, sowie auf der Website von Zvei. Hinweis: Durch Klick auf die Lupen auf der Grafik gelangen Sie zu den jeweiligen Informationsseiten der Präsentation.

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