Für die Industrie-Elektronik im Schaltschrank spielte das Gehäuse viele Jahre eine untergeordnete Rolle. Das Angebot an Elektronikgehäusen begrenzte sich zumeist auf einfache Bechergehäuse „von der Stange“. Eine geringe Baubreitenvarianz bot eingeschränkte Flexibilität. Die Auswahl des Geräteanschlusses erfolgte meist unabhängig vom Gehäuse. Es blieb dann dem Gerätebauer überlassen, die elektronischen Bauteile, das Gehäuse und die Anschlusstechnik zu einem Gerät zu „verheiraten“. Ein funktionales und ökonomisches Zusammenspiel der Einzelkomponenten war auf diese Weise kaum möglich.
Systemlösungen sind die Zukunft
So wie es aus dem Bereich der Consumer-Elektronik seit Langem bekannt ist, müssen heute auch Hersteller auf dem Gebiet der Industrie-Elektronik flexibel und schnell auf wechselnde Aufgabenstellungen reagieren. Um dem wachsenden Kosten- und Zeitdruck entgegenzuwirken, greifen immer mehr Gerätehersteller auf Systemlösungen erfahrender Gehäuseanbieter zurück. Gefordert sind flexible Gehäusesysteme, die sich komfortabel an die jeweilige Applikation anpassen lassen. Gehäusespezialisten - wie etwa Phoenix Contact - bieten eine Vielzahl tragschienenmontabler Gehäusesysteme in ganz unterschiedlichen Bauprinzipien. Doch nicht nur das Gehäusesystem selbst, auch die Anschlusstechnik bestimmt die Leistungsfähigkeit eines Gerätes. Abhängig vom Gerätetyp und von der Applikation erlauben zeitgemäße Gehäusesysteme sowohl den Einbau fest verlöteter als auch steckbarer Leiterplatten-Anschlusstechnik. Für einen schnellen Anschluss im Feld bevorzugen viele Gerätehersteller den Federkraftanschluss. Für Geräte, bei denen eine hohe Signaldichte gefordert ist, lohnt in vielen Fällen der Wechsel auf ein geringeres Rastermaß, zum Beispiel auf 3,5 mm anstatt 5mm. Im Idealfall schränken Gehäusesysteme bei der Auswahl der Anschlusstechnik nicht ein. So ist es zum Beispiel bei den Gehäusefamilien ME und ME Max von Phoenix Contact möglich, sowohl steckbare als auch fest verlötete Anschlusstechnik einzubauen, und zwar bei zum Teil identischem Leiterplatten-Layout. Überdies kann der Geräte-Entwickler zwischen den Leiterquerschnitten 1,5 mm² und 2,5 mm² wählen. Damit besteht dann auch die Möglichkeit, die Polzahl bei gleichem Anschlussraum zu variieren. Mit der zunehmenden Vernetzung der Geräte untereinander ist in den letzten Jahren der Verdrahtungsaufwand vor Ort deutlich gestiegen. Steigende Kosten, hohe Fehlerraten oder Spezialwerkzeuge stellten die Gerätehersteller vor neue Herausforderungen. Der Wunsch nach „Plug&Play“-Lösungen ist hier immer stärker geworden. So hat Phoenix Contact bereits Ende der 90-er Jahre mit der Entwicklung von Steckersystemen begonnen, mit denen sich mehrere Stand-alone-Module erheblich komfortabler zu einer Systemeinheit vernetzen lassen.Diese Tragschienen-Querverbinder werden einfach in die Hutschiene eingelegt und zusammengerastet. Nach dem Aufschwenken der Geräte ist die Querverbindung automatisch hergestellt. Unterschiedliche Polzahlen bieten ausreichende Flexibilität. So stehen etwa im Gehäusesystem ME PLC bis zu 50 Pole zur Verfügung. Damit lassen sich modular aufgebaute Steuerungssysteme errichten, wie sie häufig im mittleren bis oberen Leistungsbereich einer Automatisierungslösung benötigt werden. Das unterbrechungsfreie Ziehen einzelner Module aus dem Verbund vereinfacht auch den Gerätetausch - zum Beispiel im Wartungsfall. Für Adressierungen kann auch ein serieller Schaltkreis komfortabel aufgebaut werden. Erst die Synergie aus Elektronikgehäuse und Leiterplatten-Anschlusstechnik schafft multifunktionale Systeme, die die Anforderungen der Gerätehersteller erfüllen helfen.
Bequeme Frontanschlusstechnik
Viele Gerätehersteller wünschen sich seit Langem Elektronikgehäuse mit Anschlussmöglichkeiten im leicht zugänglichen Frontbereich des Gerätes. Die oftmals ungünstigen Platzverhältnisse im Schaltschrank fordern hier eine entsprechende Lösung. Die neue Gehäusefamilie ME PLC wurde für genau diese Anforderungen entwickelt, denn die Module für die Anschlusstechnik wurden in den Frontbereich verlegt. Die Anschlüsse sind schwenkbar und ermöglichen dadurch ein müheloses Kontaktieren auch bei hohen Polzahlen. Der rote Schwenkhebel dient dem sicheren Verriegeln ebenso wie dem bequemen Lösen der Steckverbindung. Um den Verdrahtungsaufwand vor Ort so gering wie möglich zu halten, sind komfortable Push-In-Federkraftstecker bereits vormontiert. Der Anschluss des Leiters erfolgt in unkomplizierter Direktstecktechnik - ohne zusätzliches Werkzeug.
Flexibel durch modulare Bauweise
Form und Eigenschaften eines Gehäusesystems werden durch die Anzahl und das Layout der Leiterplatten sowie durch die Einbauhöhe der elektronischen Bauteile bestimmt. Auch Art und Anzahl der Klemmstellen haben einen entscheidenden Einfluss auf das Gehäusesystem. Die Modulbauweise wird vor allem im Bereich der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik gefordert und genutzt. Das Baukasten-Prinzip hat sich dafür als ideal erwiesen. Durch anreihbare Zwischenelemente in unterschiedlichen Baubreiten kann jedes Elektronikgehäuse leicht auf die erforderlichen Maße eingestellt werden - beginnend bei 6,2 mm Baubreite etwa für Signalwandler bis hin zu 200 mm für komplexe Steuerungen. Auch unterschiedlichste Deckelausführungen schaffen Flexibilität bei der Geräteauslegung. So können bereits mit dem Standardprogramm eines Gehäuseherstellers individuelle Gerätelösungen geschaffen werden. Doch nicht immer wird auf diesem Weg die passende Lösung gefunden.Innovative Gehäusehersteller bieten auch ein „modular tooling“ an. Das bedeutet, dass die gewünschte Gehäusekontur mittels kaskadierbarer Spritzgusswerkzeuge individuell erzeugt wird. Ein Beispiel dafür sind die neuen 161,6 mm breiten Oberteile der Gehäusefamilie BC. Mit einem ausgefeilten Werkzeugkonzept kann das Gehäuse so angepasst werden, dass der Geräteentwickler sowohl den Bauraum für Leiterplatten-Anschlusstechnik als auch für die Leiterplatten-Bestückungsfläche individuell aufteilen kann - und dies alles in viel kürzeren Durchlaufzeiten als bei konventionellen Werkzeugkonzepten. Die Positionen der Gehäuseseitenwand werden anwendungsgerecht angepasst, ohne dass zusätzlicher Konstruktionsaufwand notwendig ist. Dies senkt darüber hinaus auch die Kosten.
Auch Design und Service zählen
Zeitgemäßes und funktionelles Design unterstreicht den Wert eines Gerätes. Es visualisiert die Kompetenz des Produktes und damit auch die Kompetenz des Geräteherstellers. Neu entwickelte Gehäusesysteme haben mit dem Standardprogramm heute oftmals schon ein ansprechendes Design. Für eine weitergehende Individualisierung bieten professionelle Gehäusehersteller Gehäusemodifikationen an - von der Bearbeitung und/oder Bedruckung von Standardgehäusen über Farbvarianten bis hin zu außergewöhnlichen Sonderbauformen. Ausgehend von einer funktional definierten Standardplattform lässt sich das �?ußere des Elektronikgehäuses individuell gestalten. Eine enge und frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Gehäusehersteller und Geräteentwickler ist dabei eine wichtige Voraussetzung für eine professionelle Gesamtlösung.
Zusammenfassung
Gerätehersteller erwarten heute nicht mehr einfach nur Komponenten. Gefordert sind Gehäusesysteme, die sich flexibel und wirtschaftlich an die aktuellen Geräteanforderungen anpassen lassen. Die Verbindung mit leistungsfähiger Leiterplatten-Anschlusstechnik ist unentbehrlich für eine durchdachte Gesamtlösung. Eine kundenspezifische Veredelung des Gehäusesystems sorgt für die notwendige Individualisierung im internationalen Markt. Und nicht zuletzt bestimmt auch das äußere Gehäusedesign die Wertigkeit eines Gerätes.