A&D: In der Automatisierungstechnik laufen die Lösungsanbieter den reinen Produktanbietern zunehmend den Rang ab. Braucht niemand mehr den klassischen Lieferanten?
Till Schreiter: Der Lieferant wird global und lokal nach wie vor noch gebraucht. Gleichzeitig ist aufgrund der komplexeren Themen und Märkte ein kompletter Lösungsansatz stärker gefragt. Auch klassische Produktlieferanten suchen immer wieder nach neuen Wachstumsfeldern, um ihr Angebotsspektrum zu erweitern.
Schon seit Jahren versichern Anbieter Mehrwert durch Integratoren und Serviceteams. Was hat sich am Lösungsgedanken geändert?
Sie haben vollkommen Recht, den Lösungsansatz hat es immer schon gegeben. Er liegt heute aber nicht mehr nur im hauseigenen Service-Team. Denn der Wettbewerb wird immer intensiver und die Anwendungen anspruchsvoller. Der Lieferant kann nur Mehrwert bieten und sich vom Wettbewerb unterscheiden, wenn er seine Produkte in Kombination kennt und genau um das Zusammenspiel in der jeweiligen Applikation weiß. Getreu dem Motto: Das Ganze ist mehr wert als die Summe seiner Teile. Darin liegt der zeitgemäße Lösungsansatz.
Steht der Lösungsanspruch nicht im direkten Gegensatz zur Konzentration auf die Kernkompetenz?
Nein, ich denke nicht. Die Kernkompetenz wird durch den Markt definiert, in dem sich ein Unternehmen bewegt. Unsere Kernkompetenz liegt ganz klar in der Automationstechnik, und hier bauen wir Lösungen auf unserem Produkt-Know-how auf.
Welches Verhältnis zwischen Lösungen und Komponenten erachten Sie als wünschenswert?
Der richtige Mix aus Produkt und Lösung ist davon abhängig, aus welchem Bereich das Unternehmen kommt und welchen Mehrwert man dem Kunden bieten kann. Es gibt etliche Branchen, in denen unsere Lösungskompetenz stark gefragt ist. Vornehmlich dort, wo auch unsere Kunden hohem Wettbewerb ausgesetzt sind und sich auf dem internationalen Markt durch anspruchsvolle Lösungen etablieren müssen.
Welchen Stellenwert sehen Sie in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Lieferant und Kunden?
Es geht nicht nur darum, neue Geschäftsfelder zu erobern, sondern auch einen Mehrwert für das eigene Unternehmen zu erzeugen. Beim Lösungsgeschäft liegt dieser im partnerschaftlichen Miteinander, in der gemeinsamen Suche nach dem richtigen Weg und dem Austausch von Informationen. Wenn man diesen Schritt macht und zusammenarbeitet, sollte von Anfang an eine entsprechende Win-win-Situation definiert werden. Jede Seite muss ihre Vorteile kennen, nur dann kann man eine echte Partnerschaft leben.
Findet hier eine Know-how-Verschiebung vom Kunden zum Lieferanten statt?
Wo Partnerschaften gelebt werden, wird auch Wissen hin und her geschoben. Aber dieser Prozess ist keine Einbahnstraße. Für eine exakt passende Lösung muss der Kunde an der genauen Umsetzung teilhaben. Dann kann auch der Lieferant viel über die Branche lernen. Es ist wie bei jeder Partnerschaft ein Geben und Nehmen. Letztendlich geht es auch nicht um das Wissen, das man hin und her schiebt. Viel entscheidender ist das Know-how, welches man in der Partnerschaft zusammen generiert - hier liegt ein unglaubliches Potenzial.
Wie sehen Sie die Lösungspartnerschaft in Bezug auf den Produktlebenszyklus?
Die Zyklen werden immer kürzer. Je weiter sich ein Industriebereich oder eine Anwendung entwickelt, desto schneller wechseln sie. Der Anwender muss bei Anlagen vorausschauend über das Design von Produkten nachdenken, die noch gar nicht fertig entwickelt sind. Deshalb ist es für den Maschinenbauer oder OEM wichtig, sich frühzeitig auszutauschen.