Georg Stawowy war mit diesem Beitrag im E&E-Kompendium 2019/2020 als einer von 100 Machern der Elektronikwelt vertreten.
Die Art und Weise, wie wir Strom erzeugen, verteilen und verbrauchen, hat sich in den letzten Jahren rasant verändert. Jetzt folgt der nächste Schritt: die Einführung von Gleichstromnetzen (DC-Netzen). Für die Übertragung großer Leistungen über tausende Kilometer hat sich die Hochspannungsgleichstromübertragung bereits etabliert. Jetzt folgt die Industrie, wo es schon erfolgreiche Pilotprojekte mit Fertigungszellen gibt, die komplett mit DC versorgt werden.
Aber auch in Haushalten könnte DC Einzug halten. Denn viele Verbraucher, vom Smartphone über die LED-Leuchte bis zum Maschinenantrieb, brauchen eigentlich Gleichstrom. Mehr noch: Immer mehr Stromerzeuger wie Photovoltaikanlagen liefern Gleichstrom, auch die Batterien von Elektroautos tanken ihn.
Kohlekraftwerke abschalten
Doch Gleichstrom kommt heute noch nicht aus der Steckdose, er muss aus Wechselstrom (AC) umgewandelt werden. Man denke nur an die Steckdosenleisten zuhause oder im Büro mit dutzenden Steckernetzteilen, die heiß werden und folglich Energie verschwenden. Ein konsequent auf Gleichstrom ausgelegtes Energienetz käme auf einen Gesamtwirkungsgrad von 90 Prozent – gegenüber heute 56 Prozent. Mehrere große Braunkohlekraftwerke könnte man dann abschalten.
Die Gleichstromtechnik bringt Veränderungen für die Verbindungstechnik mit sich, also auch für Lapp. Wir haben uns dafür entschieden, nicht bloß zuzuschauen, sondern den Wandel aktiv mitzugestalten. So sind wir assoziierter Partner im Forschungsprojekt DC-Industrie. Es beschäftigt sich mit der Frage, wie man Gleichspannungsnetze mit einer zentralen Wandlung als energiesparende Alternative insbesondere für Antriebe in der Produktion etablieren und regenerative Energien besser einbinden kann.
Gleichspannung reagiert anders auf Kunststoff
Als erstes Unternehmen geht Lapp der Frage nach, ob sich gängige Wechselstromleitungen genauso gut für Gleichstrom eignen. Viele Experten sagten bisher: Ja. Wir wollen es genauer wissen und haben in Kooperation mit Prof. Frank Berger von der Technischen Universität Ilmenau wissenschaftliche Untersuchungen gestartet. Seine Tests zeigen, dass das elektrische Feld einer Gleichspannung tatsächlich anders auf die Kunststoffisolierung einer Leitung wirkt als ein Wechselspannungsfeld.
Laut Prof. Berger ist es für eine abschließende und umfassende Bewertungen noch zu früh, doch zeichnet sich bereits ab, dass für bestimmte DC-Anwendungen andere Materialien gefordert sein werden als für AC. Für statische Anwendungen kann allerdings weiterhin, wie in AC-Anwendungen, PVC verwendet werden, für dynamische Anwendungen ist aber TPE die bessere Wahl.
Eigens entwickelte DC-Leitungen
Lapp hat auf Basis dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse als erster Hersteller bereits Leitungen eigens für Gleichstrom auf den Markt gebracht – darunter die Ölflex DC 100 mit neuer Farbcodierung der Adern nach der 2018 aktualisierten Norm DIN EN 60445 (VDE 0197):2018-02 für Gleichstromleitungen: rot, weiß und grün-gelb. Weitere Leitungen sind die Ölflex DC Servo 700 für stationäre und die Ölflex DC Chain 800 aus TPE für bewegte Anwendungen. Außerdem haben wir für die Partner in DC-Industrie eine Hybridleitung entwickelt, die alle Funktionen zur Ansteuerung eines Antriebs in einem Mantel vereint.
Damit ist Lapp Vorreiter bei der Entwicklung von Leitungen für Niederspannungsgleichstromnetze für industrielle Anwendungen. Unsere Kunden können sich darauf verlassen, dass diese Leitungen die gleichen hohen Qualitätsansprüche erfüllen wie alle Produkte von Lapp.