Das RAMI wurde im Frühjahr 2015 von der Arbeitsgruppe Referenzarchitekturen, Standards und Normung der Plattform Industrie 4.0 erarbeitet. Im Gegensatz zum jüngeren US-amerikanischen Modell der Industrial Internet Reference Architecture, das von vielen gleichberechtigten Teilnehmern des Internet of Things (IoT) ausgeht, ist das RAMI auf die Industrie fokussiert. Es geht von der hierarchischen Produktionsrealität aus. Darin bildet etwa ein Sensor eine Einheit für sich, ist als Teil einer Anlage aber zugleich in eine natürliche Hierarchie eingebunden.
3D-Modell der Produktionsrealität
Das RAMI beschreibt die Kommunikation vom Feldgerät bis zur kompletten Produktionsstätte in einem dreidimensionalen Koordinatensystem. Die erste seiner drei Achsen beschreibt die hierarchischen Abstufungen. Sie verläuft entlang der Hierarchiestufen der internationalen Normenreihe IEC 62264 über die Integration von Unternehmens-EDV und Leitsystemen. Die zweite Achse stellt den Lebenszyklus von Anlagen und Produkten dar. Ihre Grundlage ist die IEC-Norm 62890 zum Life-Cycle-Management. Die dritte Achse ordnet die informationstechnische Repräsentanz und liefert digitale Abbilder – zum Beispiel einer Maschine oder einer Anlage – in Schichten. Entlang dieser drei Achsen können alle wesentlichen Aspekte von Industrie 4.0 sinnvoll eingeordnet werden. Das gilt sowohl für das Feldgerät oder die Maschine als auch für die ganze Anlage.
Die Grundbausteine eines Industrie 4.0-Systems werden im RAMI Industrie4.0-Komponenten (I4.0K) genannt. Damit aus einem Asset – beispielweise Sensor, Aktor, Antrieb, Steuerungsfunktion – eine I4.0K werden kann, benötigt sie eine Verwaltungsschale, in der die Weichen für die Kommunikation mit anderen Teilnehmern und dem Gesamtsystem gestellt werden. Die Verwaltungsschale umfasst den Datenspeicher, der dem Asset zugeordnet ist, sowie seine Schnittstelle zum IoT. Sie kann im Asset selbst oder in einer separaten IT-Ebene implementiert sein. Damit können auch einfache Komponenten, die schon aus Kostengründen nur über eine geringe interne Rechenleistung verfügen, eine Verwaltungsschale erhalten. Asset Management oder Condition Monitoring wird dank Industrie 4.0-Methoden so auch für solche Geräte möglich.
Datenschaltstelle und Schutzfunktion
Die Verwaltungsschale beinhaltet grundlegende Informationen des Herstellers, wie CAD-Daten, Anschlussbilder oder Handbücher. Anwender können diesen Fundus um weitere Information ergänzen, etwa mit Details zu Wartung, Verschaltung usw. Die Verwaltungsschale stellt darüber hinaus Funktionen bereit, beispielsweise für Konfiguration, Bedienung und Wartung des Assets.
Daten und Funktionen sind auf der Komponente selbst, im Unternehmensnetzwerk oder auch in der Cloud hinterlegt und müssen nur einmal gespeichert werden. Die konsistente Datenhaltung entlang des gesamten Lebenszyklus aller verwendeten Assets schafft die Grundlage für ein durchgängiges Engineering.
In der Verwaltungsschale sind sowohl Typ-Daten wie Parameter aus einem Datenblatt abgelegt als auch Instanz-Daten wie beispielsweise die Seriennummer oder der Messwert eines Sensors. Webbasierte Servicefunktionen ermöglichen Zugriffe auf die Daten in der Verwaltungsschale, wobei Datenfluss und Zugriffsrechte nach Relevanz, Funktion oder zugreifender Person bestimmten Schalen zugeordnet werden können. Daraus ergeben sich Schutzmöglichkeiten und klare Strukturen, die eine künftige Industrie 4.0 plan- und beherrschbar machen.