Drahtlose Verbindungen IO-Link Wireless

Bild: iStock, Bee-Creative
19.04.2018

Einer der wesentlichen Faktoren für den Erfolg von IO-Link in den letzten Jahren war zweifelsfrei die einfache Verdrahtung intelligenter, komplexer Sensoren und Aktuatoren. Zukünftig kann auf Verdrahtung der Kommunikationsleitung im IO-Link-System verzichtet werden, denn IO-Link wird jetzt drahtlos.

Kabelreduktion in der Industrie-Automation, um Installationsaufwand zu verringern oder um Datenströme an kritischen Punkten sicherer zu übertragen als mit herkömmlichen Lösungen wie Schleifringen, ist seit jeher ein wichtiges Thema für Maschinen- und Anlagenbauer und deren Endkunden. In zunehmendem Maße halten in diesem Zusammenhang auch kabellose Kommunikationssysteme in Form von Datenfunknetzwerken Einzug in die Automatisierungstechnik. Funkverbindungen auf Leitebene oder auch auf der Ebene der Feldbus-Systeme werden hier schon seit geraumer Zeit erfolgreich eingesetzt. Nun ist es an der Zeit, diese Technologie auch auf die Kommunikation in der untersten Feldebene auszuweiten. Denn gerade bei der Verkabelung der Sensorik und Aktuatorik besteht noch ein immenses Einsparungspotential. Dass sich IO-Link, die Technologie, die schon seit Jahren die Reduzierung des Installationsaufwandes in der Feldgeräte-Verdrahtung adressiert, nun auch dem Thema Wireless widmet, ist daher ein logischer Schritt.

Seit 2016 wird innerhalb der IO-Link-Community an der Erstellung einer Spezifikation für die IO-Link-Wireless-Technologie gearbeitet. Im Marketing-Arbeitskreis wurden die Anforderungsprofile und Use-Cases hierzu ausformuliert und im entsprechenden Technik-Arbeitskreis hierauf basierend die technischen Anforderungen definiert sowie das Spezifikations-Dokument erstellt.

Die Herausforderungen

Um auch mit einer Wireless-Technologie die Anlagen-Performance von fest verdrahteten Sensor-Aktuator-Systemen zu erreichen, sind verschiedene Anforderungen zu realisieren. So wird beispielsweise eine Zykluszeit unterhalb 10 ms für die Aktualisierung der E/A-Daten gefordert. Die Ansprüche an die Zuverlässigkeit sind mindestens ebenso hoch wie bei den kabelgebundenen Systemen, wenn nicht sogar höher. Mehr als 30 Geräte sollen über einen Funkkanal mit einem Master kommunizieren können. Als Frequenzband soll der 2,4-GHz-Bereich genutzt werden. Koexistenz mit anderen Systemen auf diesem Frequenzband ist Voraussetzung. Innerhalb eines RF-Bereiches sollen bis zu drei Master mit insgesamt bis zu 120 Geräten kommunizieren können.

Bisherige Wireless-Technologien erfüllen diese Anforderungen nicht vollumfänglich. WiFi zum Beispiel scheitert bei der Anforderung an Zuverlässigkeit und Determinismus durch den verwendeten „Listen before Talk“-Mechanismus. Mit Bluetooth können weder die geforderten Teilnehmerzahlen noch die Echtzeitanforderungen oder die problemlose Koexistenz mit weiteren Technologien realisiert werden. Auch Zigbee kann die angestrebten Aktualisierungsraten nicht garantieren, da die Datenrate von 250 kb pro Sekunde bei 16 verwendeten Frequenzkanälen und 5-MHz-Bandbreite zu gering ist. Ebenso erreicht Wireless-Hart mit einigen 100 ms Zykluszeit nicht die geforderte Geschwindigkeit in der Fabrikautomation.

Wireless-Charakteristiken

Um die ambitionierten Anforderungen mit IO-Link Wireless erfüllen zu können, sind vom IO-Link-Wireless-Arbeitskreis entsprechende Charakteristiken für die Technologie festgelegt worden. Eine der wichtigsten Festlegungen besteht darin, dass das Applikations-Interface für die zyklischen Daten (Prozessdaten) und die azyklischen Daten (On-Request-Daten) kompatibel zu der existierenden IO-Link-Beschreibung ist. Für den Anwender besteht kein Unterschied in der Verarbeitung von kabelgebundenen IO-Link-Informationen oder von IO-Link-Wireless-Daten. Um die große Anzahl von Geräten handhaben zu können, wird ein Master bis zu fünf Übertragungskanäle beinhalten können, von denen jeder bis zu acht Geräte unterstützt. Es sind also insgesamt 40 Wireless-Geräte pro Master möglich. Drei Master werden parallel in einer Zelle arbeiten können. Somit wird eine maximale Anzahl von 120 Geräten in einer Zelle erreicht. Ein Pairing-Service ist implementiert, um die Geräte den entsprechenden Mastern zuweisen zu können. Ein Scan-Service sorgt dafür, dass ungepairte Geräte dem System hinzugefügt werden können.

Für bewegte Geräte wird es keine Limitierungen hinsichtlich der Geschwindigkeit geben, mit der sie sich innerhalb einer Zelle bewegen dürfen. Ein definierter Übergabe-Mechanismus sorgt für ein kontrolliertes Roaming von Geräten zwischen verschiedenen Mastern. IO-Link Wireless verwendet 2,4 GHz ISM Band RF Transceiver. Das 2,4-GHz-Band ist unterteilt in 80 Kanäle mit einem Abstand von jeweils 1 MHz. Die generelle Koexistenz mit anderen Wireless-Systemen wird durch den sogenannten Blacklisting-Mechanismus gewährleistet. Hierbei können bestimmte Kanäle, von denen man weiß, dass diese bereits umfangreich von anderen Systemen genutzt werden, von vorneherein ausgeblendet werden. Innerhalb dieses festen Rahmens kann das sogenannte Frequency-Hopping angewendet werden. Hierdurch wird eine Bitfehler-Wahrscheinlichkeit von 10-9 erreicht, was ähnlichen, kabelgebundenen Systemen entspricht. In Zukunft sollen auch Low-Power-Devices durch das System unterstützt werden und die Zykluszeit liegt bei 5 ms.

Um konform zu den gesetzlichen Vorgaben zu sein, ist die Übertragungsleistung auf ≤ 10 dBm (10 mW) EIRP limitiert. Trotzdem wird eine Ausdehnung von 20 m innerhalb einer Master-Zelle mit einem Kommunikationskanal erreicht. Bei mehr als einem Kommunikationskanal können noch 10 m erreicht werden.

Die Spezifikationsarbeiten sind bereits abgeschlossen, und das entsprechende Dokument befindet sich momentan in der Review-Phase. Zur Hannover Messe 2018 soll die verabschiedete Version der Spezifikation vorliegen. Ebenfalls zur Hannover Messe wird die IO-Link-Wireless-Technologie zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit in Form eines Demonstrators auf dem Gemeinschaftsstand der PI vorgestellt. Parallel hierzu werden im IO-Link-Wireless-Arbeitskreis bereits die notwendigen Test-Spezifikationen und Test-Szenarien definiert, die benötigt werden, wenn die ersten Anbieter ihre Komponenten für das neue System entwickeln. Denn auch hier legt die IO-Link-Community hohen Wert auf die Interoperabilität, die – wie bei IO-Link üblich –, gewährleisten soll, dass die einzelnen Komponenten der unterschiedlichen Hersteller problemlos miteinander kommunizieren.

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