Verlustleistung passiv abführen Ist ein Kühlgerät wirklich notwendig?

Nicht immer muss ein Medium für Abkühlung sorgen – auch die geschickte Umleitung auf die Oberfläche hält die Temperatur im Schaltschrank konstant.

25.10.2017

Um Steuerungs- und Schaltschränke vor zu hohen Temperaturen zu schützen, muss die von elektrotechnischen Komponenten verursachte Wärme effizient abgeführt werden. Doch nicht immer ist eine aktive Klimatisierungskomponente wie ein Kühlgerät zwingend notwendig.

Je nach Verlustleistung und Größe des Schaltschranks ist auch eine passive Entwärmung ausreichend. Verbaute Elektronikkomponenten sind normalerweise für eine maximale Betriebstemperatur von 50 °C ausgelegt. Wie lange sie eingesetzt werden können, hängt aber stark von der Temperatur ab: Eine um 10 °C niedrigere Temperatur verdoppelt etwa die Lebensdauer. Als Idealtemperatur zwischen Lebensdauer der Komponenten und Aufwand für die Schaltschrank-Klimatisierung wird in der Regel eine Temperatur von 35 °C im Inneren des Schaltschranks gewählt.

Weniger Fehlerquellen

Für die Abführung der Verlustleistung gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: Die Verwendung eines Mediums, sprich Luft oder Kühlwasser, das die Wärme aus dem Schaltschrank transportiert, und die konvektive Übertragung der Wärme über die Oberfläche des Schaltschranks. Bei der ersten Möglichkeit – der aktiven Kühlung – sind zusätzliche Geräte notwendig. Dazu zählen beispielsweise Filterlüfter, Kühlgeräte oder Luft-Wasser-Wärmetauscher. Bei der passiven Entwärmung erfolgt der Wärmetransport ausschließlich über die Schaltschrankwände. Da keine zusätzlichen Geräte benötigt werden, verringern sich Energie- und Wartungskosten. Die Anlage ist darüber hinaus besser vor Staub und Feuchtigkeit geschützt, weil es weniger Öffnungen in den Schaltschrankwänden bedarf.

Einfacher wird auch der EMV-Schutz eines komplett geschlossenen Schaltschranks. Eine Kondensatbildung, wie sie bei der aktiven Kühlung vorkommen kann, ist nämlich ausgeschlossen. Zudem stellt sich bei gleichbleibender Verlustleistung eine konstante Temperatur im Schaltschrank ein. Damit ist die Belastung der Komponenten durch Temperaturwechsel geringer als bei der aktiven Klimatisierung.

Die Umgebung ist entscheidend

Allerdings hat die passive Entwärmung Grenzen, die im physikalischen Prinzip begründet sind. Die Methode funktioniert umso besser, je niedriger die Umgebungstemperatur ist; entscheidend sind außerdem der Wärmeübertragungskoeffizient (k-Wert) des Schaltschrankmaterials und die effektive Schaltschrankoberfläche. In der DIN EN 0660-600-1 Beiblatt 2 / IEC TR 60890 ist angegeben, wie diese berechnet wird. Die effektive Schaltschrankoberfläche ist bei gegebener Schaltschrankgröße maximal, wenn der Schaltschrank einzeln und frei im Raum steht. Sie verringert sich durch Anreihung mehrerer Schaltschränke, Wandanbau oder Abdeckung der Dachflächen. Wenn die Verlustleistung der Komponenten im Schaltschrank und die Umgebungstemperatur gegeben sind, lässt sich die mittlere Temperatur im Inneren des Schaltschranks einfach berechnen.

Liegt die berechnete Temperatur über der gewünschten Schaltschrank-Innentemperatur, ist selbst hier nicht unbedingt eine aktive Kühlung notwendig. Wenn etwa ein geringfügig größerer Schaltschrank verwendet wird, kann dies ausreichen, um doch noch mit passiver Entwärmung auszukommen. Insbesondere bei kleinen Schaltschränken kann eine leichte Vergrößerung der Schrankoberfläche zu einer deutlichen Absenkung der maximalen Schaltschrank-Innentemperatur führen. Besonders bei der Dimensionierung eines Steuerungs- und Schaltschrankes mit geringer Wärmelast sollte das berücksichtigt werden.

Verlustleistung auslagern

Komponenten mit besonders hoher Verlustleistung wie beispielsweise Bremswiderstände können auch außerhalb des Schaltschranks installiert werden. Mit geschickter Planung einer Steuerungs- und Schaltanlage lassen sich so effektiv Kosten für die Entwärmung sparen. Die Größe der Schaltschränke, deren Aufstellung und die Positionierung der Komponenten mit der größten Verlustleistung spielen dabei die entscheidende Rolle.

Das Gehäusematerial hat ebenso Einfluss auf die Schaltschrank-Klimatisierung: Werden im Maschinenbau überwiegend Gehäuse aus lackiertem Stahlblech oder Edelstahl eingesetzt, so ändert sich der k-Wert durch die Konstruktion bei doppelwandigen oder isolierten Gehäusen für andere Branchen oder Outdoor-Anwendungen.

Bildergalerie

  • Je nach Verlustleistung und Größe des Schaltschranks ist auch eine passive Entwärmung ohne Klimatisierungskomponenten möglich.

    Je nach Verlustleistung und Größe des Schaltschranks ist auch eine passive Entwärmung ohne Klimatisierungskomponenten möglich.

    Bild: Rittal

  • Maximale Temperaturen im Schaltschrank bei rein passiver Entwärmung. Berechnet bei einer Umgebungstemperatur von 25 °C sowie in Abhängigkeit von der effektiven Schrankoberfläche für verschiedene Wärmelasten.

    Maximale Temperaturen im Schaltschrank bei rein passiver Entwärmung. Berechnet bei einer Umgebungstemperatur von 25 °C sowie in Abhängigkeit von der effektiven Schrankoberfläche für verschiedene Wärmelasten.

    Bild: Rittal

  • Beispiel-Rechnung: Die Schaltschrank-Innentemperatur liegt hier bei 43,9 °C und damit etwas über dem empfohlenen Temperaturbereich. Eine aktive Klimatisierung könnte mit einer Vergrößerung der Schrankoberfläche trotzdem umgangen werden.

    Beispiel-Rechnung: Die Schaltschrank-Innentemperatur liegt hier bei 43,9 °C und damit etwas über dem empfohlenen Temperaturbereich. Eine aktive Klimatisierung könnte mit einer Vergrößerung der Schrankoberfläche trotzdem umgangen werden.

    Bild: Rittal

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