Fachbeitrag Kälte effizient produziert

19.09.2013

Wird in der Kältetechnik der Energieverbrauch gesenkt, wirkt sich das direkt auf die Kostensituation aus, da die Wärmeabfuhr einen großen Teil der Betriebskosten verursacht. Eine spannende Entwicklungen in diesem Bereich sind ölfrei arbeitende Turbinenverdichter. Diese lassen sich nicht nur zu energieeffizienten Kältesystemen kombinieren, sie eröffnen auch die Möglichkeit, wirtschaftliche Kältelösungen zu realisieren, die ohne den transportenergie- und wartungsintensiven Wasserkreislauf auskommen.

So unterschiedlich die Prozesse in der Kunststoffverarbeitung, im Lebensmittelbereich, in der Metallverarbeitung oder der chemischen Industrie auch ablaufen mögen: Wo überschüssige Wärme anfällt, wird diese meist auf die gleiche Weise gebunden und abtransportiert. Ein Kältesystem, nach Bedarf aus mehreren Anlagen bestehend, bringt ein Kühlmedium auf die gewünschte Vorlauftemperatur. Das kann zum Beispiel Glykolsole sein, meist handelt es sich jedoch um Wasser. Dieses Kaltwasser wird in die Produktion befördert - direkt dorthin, wo die Wärme gebunden werden muss, zum Beispiel zu einem Hydrauliköltank. Hier nimmt es die Wärme auf, um anschließend zur Kälteanlage zurücktransportiert zu werden, wo es wieder abgekühlt wird und sich der Kaltwasserkreislauf schließt. Das Kältesystem arbeitet nach dem üblichen thermodynamischen Prozess von Verdampfung, Kompression, Kondensation und Expansion. Der Verdampfer wird auf einer Seite vom Kaltwasser und auf der anderen Seite von flüssigem Kältemittel durchströmt. Hier wechselt das Kältemittel in den gasförmigen Aggregatzustand und nimmt dabei die Wärme aus dem Kaltwasser auf. Anschließend wird es im Kompressor auf hohen Druck gebracht. So kann es im Kondensator die Wärmeenergie wieder abgeben, wobei es sich erneut verflüssigt. Zuletzt passiert es das Expansionsventil. Dabei wird der Druck so weit reduziert, dass das Kältemittel wieder bereit für den Verdampfungsprozess ist.

Wasser als Kühlmedium

Diese Abläufe sind Standard und lassen sich bei guter Auslegung der Kälteanlagen weitestgehend perfektionieren. Dazu braucht die Planung des Kaltwasserkreislaufs allerdings große Aufmerksamkeit. Wasser ist zwar ein idealer Wärme- und Kälteträger, auch aufgrund der preisgünstigen und unkomplizierten Verfügbarkeit, es bringt aber auch unerwünschte Eigenschaften mit. So transportiert es Feststoffe, bindet Kalk und Mineralien und bietet nicht zuletzt Bakterien und Algen einen idealen Lebensraum. Von einer hervorragenden Kühlwasserqualität hängt die Produktionssicherheit jedoch entscheidend ab. Deshalb empfiehlt es sich immer, diese über Filtration und chemische Zusätze wie Biozide und Korrosionsinhibitoren zu sichern. Das bedeutet einen einmaligen Planungs- und dauerhaften Wartungsaufwand. Auch der Transport des Wassers ist, weil sehr energieaufwändig, gründlich zu berücksichtigen. Zunächst wird für das Kaltwasser ein Tank als hydraulische Weiche in ausreichender Größe und mit guter Isolierung benötigt. Damit das Wasser zu den Kühlstellen gelangen kann, muss ein Rohrnetz installiert werden, welches auf die Bedürfnisse der Produktion ausgelegt ist. Dem Wasserbedarf, dem Solldruck und den Strömungsverhältnissen innerhalb der Rohre ist hier Rechnung zu tragen. Auch die Rohre sind gut zu isolieren, um Verlusten vorzubeugen. Schließlich wird das Kaltwasser mittels Pumpen in Bewegung gesetzt, die Investkosten und Verbrauchskosten verursachen. Wie viel, hängt von ihrer Leistung und Regelung ab. Hier gilt wie für alle Elemente des Kaltwasserkreislaufs: Investbereitschaft und eine gründliche Planung im Vorfeld helfen, langfristig die Kosten niedrig zu halten und die Produktion zu sichern.

Alternative: direkte Kühlung

Pionierprojekte in der Kältetechnik ebnen jetzt aber einen neuen Weg. Die so genannte direkte Kühlung verknüpft das Kältesystem ohne Umweg über ein Kühlmedium mit der Produktion. Es wird also nicht das Wasser zur Wärmeabfuhr an die Kühlstellen gebracht, sondern gleich das flüssige Kältemittel. Dabei ist natürlich vorgesehen, dass an den einzelnen Kühlstellen dezentrale Verdampfer integriert werden. Wie in der zentralen Kältemaschine nimmt das Kältemittel hier durch Verdampfen die Wärme auf und wird danach im gasförmigen Zustand abgesaugt. Ansonsten entspricht der Kältekreislauf ganz dem Kreislauf eines zentralen Systems. Was auf den ersten Blick durch die aufwändigere Anmutung der dezentralen Kühlstellen sehr komplex erscheint, ist energie- und bautechnisch außerordentlich interessant - aus mehreren Gründen. Zunächst kann Wasser nicht ansatzweise solche Wärmemengen binden wie das flüssige Kältemittel. Es muss also ein wesentlich geringerer Massenstrom transportiert werden. Um welche Dimensionen es hier geht, verdeutlicht das Beispiel einer Wärmeaufnahme von 900kW. Dazu müsste ein Wasserstrom von 145,8m³/h eingesetzt werden, wofür ein Stromverbrauch von etwa 20kW anfiele. Würde man nun das Kältemittel direkt zu den Kühlstellen transportieren, so wäre lediglich ein Massenstrom von 20,5kg/h notwendig. Wichtig ist: Im Rahmen der direkten Kühlung muss das Kältemittel R 134 a verwendet werden. Es bindet die Wärme in der Aggregatzustandsänderung. Ist dieses Kältemittel aber gasförmig, so kann es sich ohne Probleme für den Prozess auf eine Temperatur von 18°C und mehr aufwärmen, da die Wärmebindung keinen Einfluss auf die Temperatur hat. So müssen die Rohrleitungen nicht einmal isoliert werden. Ohnehin kann man sie dann raum- und kostensparend auslegen. Die zentrale Leitung für das abgesaugte Kältemittel, auch Sauggas genannt, muss lediglich einen Durchmesser von 108 mm bei CU-Rohr aufweisen, die Transportleitung für das flüssige Kältemittel benötigt sogar nur einen Durchmesser von 64 mm.

Kältetechnische Voraussetzungen

Um Produktionsbereiche direkt zu kühlen, muss die Kältetechnik gewissen Anforderungen genügen. Diese Möglichkeit eröffnet erst die Verbreitung von Anlagen mit Turbinenkompressoren des Fabrikats Danfoss Turbocor. Von Reisner werden derartige Systeme unter dem Namen Epsilon entwickelt, gefertigt und vertrieben. Wären wie im vorgenannten Beispiel 900kW Wärme abzuführen, würden dazu drei Kompressoren parallel geschaltet. Diese sind bis auf eine Leistungsreduktion auf ein Drittel vollständig in der Drehzahl geregelt. Entscheidend ist nun für den Einsatz in der direkten Kühlung, dass die Maschinen völlig ölfrei arbeiten, also auch kein Öl im Kältemittel transportiert wird. Nur so lässt sich das Kältemittel unkompliziert transportieren - ein Rückführungssystem für Kältemaschinenöl wäre nicht in die Konstruktion zu integrieren. Bei der direkten Kühlung verdampft also das Kältemittel einfach in die zentrale Kühlleitung hinein; je nach Bedarf der einzelnen Kühlstellen werden Kältemittelleitungen abgezweigt und zu den Kühlstellen geführt. Eine Leistungsregelung der Kompressoren erfolgt über den Ansaugdruck auf der gasförmigen Seite. Hier ist der Kältemitteldruck umso höher, je mehr Kältemittel in den einzelnen Prozessen verdampft. Dementsprechend ändert sich die Drehzahl der Kompressoren und es wird mehr oder weniger Kälteleistung erbracht. Somit passt sich die Leistungsaufnahme der Kompressoren in jedem Moment des Betriebes ganz genau an den Bedarf der Produktion an, was den niedrigsten möglichen Energieverbrauch garantiert. Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch den sehr direkten Wärmeaustausch zwischen Kältemittel und Kühlstelle. Er begünstigt verhältnismäßig hohe Verdampfungstemperaturen, die sich direkt positiv auf den Wirkungsgrad der Kälteanlage niederschlagen. Das oben angeführte Beispiel zeigt diese Ergebnisse deutlich. Bei einem System der direkten Kühlung ist eine Kälteleistungszahl von 5,33 realisierbar, die sich bei einem Kaltwasserbetrieb sogar ohne Berücksichtigung der Pumpen auf 3,9 reduzieren würde. Dies bedeutet immerhin einen energetischen Unterschied von 36 Prozent.

Lohnend auf mehreren Ebenen

Noch eindeutiger ist der Vorteil, wenn man dem Turboverdichtersystem der direkten Kühlung ein Schraubenverdichtersystem entgegensetzt - diese Technologie wird heute noch häufig bei Kaltwassersätzen genutzt. Aufgrund der unterschiedlichen Leistungszahlen würde beim Schraubenverdichtersystem auf der Verdichterseite ein Verbrauch von 231kW anstehen, beim Turboverdichtersystem dagegen nur 179kW. Diese Einsparung ist erheblich. Die Vorteile der direkten Kühlung lassen sich also folgendermaßen zusammenfassen:

�?� kein Transport von Kaltwasser, also keine Notwendigkeit eines Wassersystems �?� kein Aufwand zur Wasserbehandlung �?� Einsatz sehr dünner, günstiger Transportleitungen �?� Einsparung der Pumpenenergie �?� sehr unmittelbare Regelung des Kältemittelkreislaufes und damit erhebliche zusätzliche Energieeinsparung �?� höchstmöglicher COP-Wert/Leistungszahl

Aktuell ist die direkte Kühlung nur mit dem Kältemittel R 134 a realisierbar. Mittelfristig wird es auch andere Kältemittel geben, mit denen man diese Technologie nutzen kann. Solche Kältemittel müssen vor allem nicht brennbar und möglichst gering im Druck sein. Es gibt Experimente zu derartigen Anlagen mit Hochdruckkältemitteln, die sich aber bisher nicht bewähren, weil die Systeme dadurch zu sensibel werden. Dichtigkeit ist grundsätzlich oberstes Gebot beim Betrieb von Kälteanlagen - das gilt noch mehr, wenn die Verteilung des Kältemittels im größeren Rahmen erfolgt. Diese Anforderung wird auch jetzt schon gut dadurch beherrscht, dass kostengünstige und wartungsarme Gaswarnanlagen eingesetzt werden. Der Konstruktions- und Fertigungsaufwand zur Herstellung der Kältemaschine selbst ist bei der direkten Kühlung nicht nennenswert größer als bei einem System zur zentralen Erzeugung von Kaltwasser. Das gilt in jedem Fall für Konstruktionen, bei denen etwa bis zu sieben Kühlstellen versorgt werden müssen, die eine Entfernung von höchstens etwa 50m zur Kältemaschine haben. Solche Systeme können auch ausgebaut werden, indem man Maßnahmen wie etwa den Transport des Kältemittels mit Magnetpumpen ergreift. Dies ist aber nur bei wirklich sehr großen Leistungen sinnvoll, ansonsten ist der Preisvorteil nicht unbedingt gegeben. Besonderen Wert muss der Hersteller auf die Gestaltung der einzelnen Verdampfer legen. Entsprechend sichere Verfahren liegen vor. Wichtig ist es zum Beispiel, die Verdampfer reinigen zu können. Zudem müssen die Querschnitte für die Strömung des Kältegases sauber und ordentlich berechnet sein. Die Regelung sollte vorzugsweise über eine Füllstandsregelung für das Kältemittel erfolgen und hat unbedingt den kältetechnischen Anforderungen zu entsprechen. Zuletzt kommt es darauf an, dass in einer Überdrucksituation das Gas problemlos mit Hilfe von Überströmventilen abgeführt werden kann. Sind diese Kriterien erfüllt, wird der Betreiber eines solchen Systems über viele Jahre von den Vorteilen der direkten Kühlung profitieren und sowohl seine Betriebskosten als auch seinen CO 2-Ausstoß minimieren.

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