1962 soll Heinz Wernsing, Firmengründer von Wernsing Feinkost, seinen Unternehmenserfolg mit einer Badewanne voll Kartoffelsalat in Addrup-Essen (Niedersachsen) ins Rollen gebracht haben. So wird es erzählt. Mehr als 50 Jahre später werden an insgesamt elf Standorten in Europa jährlich etwa 400.000 t Kartoffeln zu Bratkartoffeln, Pommes frites und mehr verarbeitet. Seit 2013 betreibt der Lebensmittelhersteller ein Energiemanagementsystem gemäß ISO 50001 und in diesem Zuge wurde auch die Vakuumversorgung für die Verpackung von Speisekartoffeln und Baked Potatoes genau unter die Lupe genommen. Ergebnis: Bei dem Produktionsprozess kann eine Menge Energie gespart werden.
Die Verpackungsmaschinen in den beiden Abteilungen werden über zwei getrennte Netze mit Vakuum versorgt. Dies dient zum Tiefziehen der Folienverpackung sowie zum Evakuieren der eingeschweißten Kartoffeln. Bis Ende 2016 arbeiteten in der Abteilung „Baked Potatoes“ zwei Drehschieberpumpen mit einem Saugvolumenstrom von jeweils 250 m³/h, in der Abteilung „Speisekartoffeln“ vier weitere Drehschieberpumpen mit derselben Leistung. Das Problem: Da die Pumpen auf den maximalen Bedarf ausgelegt waren und keine Drehzahlregelung besaßen, lieferten sie über weite Strecken ein viel stärkeres Vakuum, als für die Produktion benötigt wurde. „Die Drehschieberpumpen liefen immer am Maximum“, erläutert Torsten Knuck. Der Elektrotechnikermeister ist als Energiebeauftragter Mitglied im betrieblichen Energieteam am Standort Addrup-Essen. „Und wenn die Produktion wenig oder keinen Bedarf hatte, gingen die Anlagen auch schon mal auf 2 mbar absolut hinunter.“ Dies habe den Energiebedarf unnötig in die Höhe getrieben.
Saugvolumenstrom von 900 m³/h
Die Lösung brachte vor etwa einem Jahr Atlas Copco. Auf das Problem angesprochen, bot das Essener Unternehmen eine neue drehzahlgeregelte Schraubenvakuumpumpe des Typs GHS 900 VSD+ für einen kostenlosen Testbetrieb an. „Wir haben zunächst den bisherigen Energieverbrauch gemessen, es folgten der Umbau des Vakuumsystems und die Integration der Testmaschine, zuletzt wurden dann die Vergleichsdaten ermittelt“, beschreibt Torsten Knuck die Vorgehensweise. Schnell habe sich abgezeichnet, dass für die Lastspitzen der Speisekartoffel-Linie die 900er-Maschine mit einem maximalen Saugvolumenstrom von 900 m³/h benötigt wird. Parallel zum Luftbedarf wurde der Energieverbrauch gemessen und enorme Einsparpotenziale festgestellt.
Seit März 2017 stehen in der gemeinsamen Vakuumstation beider Abteilungen eine drehzahlgeregelte Schraubenvakuumpumpe GHS 730 VSD+ sowie die GHS 900 VSD+ aus dem Testbetrieb. Sie versorgen die beiden Netze jeweils mit einem bedarfsgerechten Vakuum bei einem konstanten Druck von 50 mbar absolut. Die GHS 730 VSD+ ersetzt die beiden 250-m³-Bestandspumpen der Abteilung „Baked Potatoes“. In der Spitze liefert die Maschine einen Saugvolumenstrom von 730 m³/h. Im Durchschnitt ist dieser jedoch deutlich geringer und kann über die Drehzahlregelung flexibel angepasst werden. Die Abteilung „Speisekartoffeln“ wird von der GHS 900 VSD+ versorgt, die jeweils mit einer Drehschieberpumpe aus dem Bestand zusammenarbeitet. „Zwei der alten Pumpen sind noch im Netz integriert, und die anderen vier haben wir für eventuellen zukünftigen Bedarf noch behalten“, erläutert Torsten Knuck. Die optimale Zusammenarbeit zwischen alt und neu werde in Kürze eine ES6V-Steuerung von Atlas Copco regeln. Darüber hinaus habe man in dieses Vakuumnetz einen 2.000-Liter-Pufferspeicher integriert, um die Bedarfsspitzen nach einem Produktionsstopp direkt bedienen zu können. „Wenn die Produktion steht, läuft auch die GHS an ihrem absoluten Minimum und braucht dann eine Sekunde, um das gewünschte Vakuum wieder aufzubauen“, so Knuck. Und für den Fall, dass einmal eine der Schraubenvakuumpumpen ausfallen sollte, lassen sich die Netze über einen Bypass miteinander verbinden und können sich so gegenseitig unterstützen.
Energieeinsparung bis zu 75 Prozent
Bereits in den ersten Betriebsmonaten der neuen Schraubenvakuumpumpen wurde ein Effizienzsprung gegenüber der bisherigen Lösung deutlich: Bei den Baked Potatoes lag die Leistungsaufnahme der alten Drehschieberpumpen bei 12,5 bis 13 kW. Dies konnte nun auf unter 4 kW reduziert werden, das entspricht einer Energieeinsparung von 75 Prozent beziehungsweise jährlich 65.000 kWh. In der Abteilung „Speisekartoffeln“ liegt die Einsparung bei 50 Prozent, das entspricht jährlich rund 96.000 kWh. Zuvor lag die Leistungsaufnahme bei etwa 25 kW. Zusammen mit der Bestandspumpe konnte dies auf 12 bis 13 kW reduziert werden. Die erheblichen Einsparungen beruhen auf der ungleichmäßigen Auslastung der Vakuumstation und dem stark schwankenden Saugvolumenstrom, welcher in der Produktion benötigt wird. Diese Bedarfsschwankungen können mit den drehzahlgeregelten Pumpen genau abgebildet werden. Das war mit den Drehschieberpumpen nicht möglich. Vorher sei mit einem konstanten Saugvolumenstrom und einem variablen Druck gearbeitet worden, jetzt profitiere der Lebensmittelhersteller von einem konstanten Druck und einem variablen Saugvolumenstrom.
Installation bei laufender Produktion
Die Installation der beiden neuen Pumpen verlief problemlos und konnte bei laufender Produktion vorgenommen werden. „Wir mussten nur die Rohrleitungsquerschnitte für die Pumpenanschlüsse vergrößern, den Pufferbehälter aufstellen und den Anschluss herstellen“, erläutert Torsten Knuck. Auf der Produktionsseite mussten keine Veränderungen vorgenommen werden. In Bezug auf die datentechnische Vernetzung läuft die Station derzeit noch autark. Es gebe aber Überlegungen, sie ins Prozessleitsystem des Unternehmens einzubinden. Und die Pläne gehen weiter: „Wenn wir die Drehschieberpumpen aus Altersgründen ausmustern müssen, werden wir noch eine weitere Schraubenpumpe anschaffen“, ist sich der Energiebeauftragte von Wernsing Feinkost sicher. In der Zwischenzeit würde das Unternehmen erstmal Erfahrungen mit der neuen Technologie sammeln und das erste Wartungsintervall abwarten. Immerhin könnten auch noch weitere Abteilungen mit Schraubenvakuumpumpen ausgerüstet werden. Torsten Knuck weiß: „Da gibt es noch einiges zu tun.“