Anlagenbau & Betrieb Kesselanlagen energetisch optimieren

Abwärmenutzen und Eigenverbrauchs-Reduktion bei Dampfkesselanlagen.

Bild: Bosch Industriekessel
16.09.2015

Die Lebenserwartung einer Kesselanlage liegt zwischen 20 und 40 Jahren. Typische Effizienzgewinne bei Tausch oder Modernisierung von Altanlagen betragen je nach Ausgangslage zwischen 10 und 30 Prozent. Bei heutigen Brennstoffkosten amortisieren sich selbst umfangreiche Maßnahmen oft schon in wenigen Monaten.

Bilanziert ein Unternehmen seinen Dampfkessel bei einer vorgegebenen Last über die eingehenden und ausgehenden Stoff- und Energieströme, ist schnell der Anteil an nicht nutzbarer Energie ersichtlich. Zugeführt werden Brennstoff, Verbrennungsluft, Speisewasser und elektrische Leistung von Pumpen und Gebläse. Im Gegensatz zur nutzbaren Wärmeenergie im Dampf enthält die Bilanz folgende Verluste: Rauchgase mit einem bestimmten Temperaturniveau und Sauerstoffgehalt, unverbrannte Brennstoffbestandteile, Absalz- beziehungsweise Abschlammverluste und Verluste durch Wärmestrahlung und -leitung an der Kesseloberfläche. Durch geeignete Maßnahmen können diese Verluste reduziert werden.

Dem Abgas einer Kesselanlage kann wertvolle Restwärme entzogen werden, indem Wärmetauscher wie Economiser und Abgaskondensatoren eingesetzt werden. Diese kühlen die heißen Rauchgase auf ein bestimmtes Temperaturniveau ab und heizen im Gegenzug das Speisewasser oder sonstige Niedertemperaturwässer vor. Bei der sog. trockenen Fahrweise werden die Abgase nur von zirka 250 °C auf etwa 130 °C abgekühlt. Die enthaltene Kondensationsenergie wird nicht genutzt. Brennstoffkosteneinsparungen von bis zu sieben Prozent sind hier bei Nennlast realisierbar.

Wird die Abgastemperatur unter die Kondensationstemperatur gesenkt, kann zusätzlich die Kondensationsenergie genutzt werden. Unter den richtigen Rahmenbedingungen ist in der Praxis ein zusätzliches Einsparungspotenzial von bis zu sieben Prozent möglich. Eine weitere Möglichkeit Abgaswärme zu nutzen, ist die Luftvorwärmung. Die Restwärme der Abgase wird über einen luftseitigen Wärmetauscher an die Verbrennungsluft abgegeben. Der Brenner muss so weniger Wärme erzeugen und benötigt bis zu zwei Prozent weniger Brennstoff. Das steigert den Wirkungsgrad und schont die Umwelt.

Energie aus Absalzlauge gewinnen

Prinzipbedingt kommt es im Kesselwasser eines Dampf­erzeugers zu einer Konzentration aller nicht dampfflüchtigen Stoffe, insbesondere von Salzen. In vielen Anlagen wird die Absalzlauge in den Abschlammbehälter geführt, wobei diese entspannt. Der entstehende Entspannungsdampf verlässt den offenen Abschlammbehälter über das Dach. Die zurückbleibende Absalzlauge mit 100 °C muss daraufhin durch Beimischen von Frisch- oder Zusatzwasser abgekühlt werden, bevor sie in die Kanalisation geleitet werden darf. Der komplette Energiegehalt der Absalzlauge geht verloren. Mit einem kompakten Modul kann ein Großteil dieser Energie zurückgewonnen werden. Die heiße Kesselwasserlauge wird entspannt, der dabei entstehende Entspannungsdampf unterstützt das Aufheizen des Speisewasserbehälters. Mit einem nachgeschalteten Wärmetauscher kann die Restwärme der zurückbleibenden Lauge gleichzeitig auch zum Vorwärmen des Zusatzwassers genutzt werden.

Industriekesselanlagen werden häufig in Teillastbetrieben gefahren. Hier werden sowohl Brennstoff- als auch Luftzufuhr mechanisch reduziert. Marktübliche Verbrennungsluftgebläse ohne Drehzahlsteuerung laufen auch in Teillastbereichen auf 100 Prozent ihrer Drehzahl, also in Volllast. Die zugesteuerte Luftmenge für die Verbrennung wird rein über Luftklappen gedrosselt. Wird hingegen die Luftmenge vorwiegend durch eine Modulation der Drehzahl des Gebläses verändert, muss der Lüfter nicht gegen den verengten Drosselquerschnitt „ankämpfen“. Das reduziert die Stromaufnahme und somit die Stromkosten. Zudem ermöglicht es einen leiseren Betrieb.

Feuerungsseitige Verluste reduzieren

Änderungen von Luftdruck, -temperatur und -feuchte sowie Brennstoffqualität führen zu ineffizienter Verbrennung. Mit einer Sauerstoff-Regelung im Abgasstrom lässt sich Restsauerstoff kontinuierlich erfassen und einstellen, analog zur Lambda-Sonde im Auto. In Kombination mit einer Kohlenmonoxid-Messung wird ein optimaler Verbrennungswert erzielt.

Aus Sicherheitsgründen wird vor jedem Brennerstart der gesamte Kessel mehrfach mit kalter Frischluft belüftet. Das führt zu Wärmeverlusten und hohem Stromverbrauch. Durch das Optimieren des Brenners und der Betriebsweise kann die Anzahl der Brennerstarts reduziert werden, insbesondere bei Mehrkesselanlagen. Zudem erhöht sich die Kessellebensdauer.

Die Isolierung von Kessel und Komponenten inklusive Revisionsöffnungen ist eine der einfachsten und wichtigsten Maßnahmen, um Wärmeverluste zu minimieren.

Die thermische Entgasung von Zusatzwasser vermeidet Korrosion in den Anlagen. Durch Erhitzen auf 103 °C bei 0,5 bar Überdruck werden gelöste Gase, insbesondere Kohlendioxid und Sauerstoff, ausgegast. Die Gase verlassen als sogenannter Brüden- oder Fegedampf das System übers Dach. Um das Wärmepotenzial im Brüdendampf zu nutzen, kann ein Brüdenkühler eingesetzt und die Abwärme beispielsweise zur Frischwassererwärmung genutzt werden. Eine zweite Einsparmöglichkeit ist die kontinuierliche Überwachung des Sauerstoffgehalts im Speisewasserbehälter. Das ermöglicht bedarfsgerechte Entgasung verbunden mit geringem Energiebedarf. Bei vielen Dampfkesselanlagen kann ein Teil des Kondensats in den Kreislauf zurückgeführt werden. Es enthält noch Restwärme und ist im Gegensatz zu Frischwasser nahezu vollständig aufbereitet. Das spart Wasser, Energie bei der Entgasung sowie Chemie zur Wasserkonditionierung. Besonders wirksam ist der Einsatz von geschlossenen Hochdruck-Kondensatsystemen. Bis zu 12 Prozent Energieverluste durch Entspannungsdampf können vermeiden werden. Weitere Vorteile sind reduzierte Absalz- und Abschlammmengen und ein besonders niedriges Korrosionspotenzial im Kondensatsystem.

Eine gute Wartung und Pflege von Kesselanlagen zahlt sich aus. Beläge führen durch Ansteigen der Abgastemperatur zu Energieverlusten. Schon ein 1 mm starker Calciumcarbonat-Belag auf Flammrohr und Rauchrohren verschlechtert den Wirkungsgrad um bis zu 15 Prozent. Mögliche Ursache ist zum Beispiel mangelnde Wartung einer Ionentauschanlage. Bei modernen Anlagen können heute auch die Wasserkreisläufe automatisiert überwacht und geregelt werden. Schleichende Verschlechterungen des Wirkungsgrades oder gar Schäden durch unzureichende Wasserqualitäten gehören so der Vergangenheit an. Zur energietechnischen Optimierung komplexer Systeme ist eine hohe Datentransparenz notwendig. Moderne Anlagensteuerungen erfassen kontinuierlich viele Betriebszustände, Betriebsdaten und Messwerte, bewerten sie und weisen die Ergebnisse aussagekräftig aus. Steigende Energiekosten lassen heute Maßnahmen rentabel werden, die sich früher erst nach vielen Jahren gerechnet haben. Wärmetauschermodule und moderne Steuerungssysteme reduzieren den Energieeinsatz und eignen sich für die Modernisierung bestehender Anlagen. Betreiber profitieren durch höhere Energieeffizienz, Langlebigkeit und Verfügbarkeit der Anlage.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel