Power & Leistungselektronik Ladezustand genau im Blick

18.03.2014

Die Technik der Li-Ion-Akkus hat inzwischen einen Entwicklungsstand erreicht, der den Einsatz auch außerhalb des Consumer-Segments ermöglicht, zum Beispiel in industriellen Anwendungen. In allen Anwendungen ist jedoch präzise Elektronik unumgänglich, wenn ein sicherer und zuverlässiger Betrieb gewährleistet sein soll.

Lithium-Ionen-Akkus gibt es seit rund 20 Jahren – zunächst in tragbaren Computern und gegen Ende der 1990-er Jahre auch in Mobiltelefonen. Zu den Vorteilen dieser Akkus gehören ihre hohe Energiedichte und ihr geringes Gewicht. Allerdings waren sie stets relativ teuer und auf präzise elektronische Batteriemanagement-Schaltungen angewiesen. Mittlerweile wurden neue mechanische Konstruktionen entwickelt, man verwendet neue Materialien und chemische Konzepte, und auch die Produktionsverfahren wurden verbessert. Man hat außerdem die Wahl zwischen vielen verschiedenen Arten von Li-Ion-Zellen. Einige eignen sich besonders für den niedrigen bis mittleren Leistungsbereich, andere sind für extrem hohe Lade- und Entladeströme ausgelegt und wieder andere wurden speziell für lange Nutzungszeiten optimiert.

Präzise Elektronik ist 
entscheidend

In den Anfangstagen der Li-Ion-Technik stellte die von diesen Akkus benötigte Elektronik ein Problem dar, denn anders als die früheren NiCd- und NiMH-Akkus duldeten Li-Ion-Zellen keinerlei Überladung, und auch bei zu starker Entladung konnten sie Schaden nehmen. Damit die empfindlichen Akkus zwar vollständig geladen, aber nicht überladen wurden, bedurfte es präziser externer Elektronik.

Die Verwendung hauptsächlich für Computer- und Datenverarbeitungs-Applikationen brachte überdies die Forderung nach einer exakten Füllstandanzeige mit sich, damit die Anwender ihre Geräte bei zur Neige gehender Akkuladung geordnet herunterfahren konnten. Die Bestimmung des Ladezustands allein an Hand der Spannung greift hier allerdings zu kurz, denn wegen des Innenwiderstands der Akkus wirkt sich hier der Laststrom aus. Präziser ist eine andere, als Coulombzähler bezeichnete Methode. Hierbei wird gezählt, wie viel Ladung in den Akku hinein- und aus ihm herausfließt, so dass bezogen auf einen am Anfang gesetzten Referenzpunkt (ganz voll oder ganz leer) der aktuelle Ladezustand stets bekannt ist. Im Laufe der Jahre wurde die Technik der Akku-Füllstandanzeigen so weit verfeinert, dass der aktuelle Ladezustand eines Akkus heute unter den meisten Bedingungen auf ±1 Prozent genau angegeben werden kann.

Das genaue Impedance-Track-Verfahren vergleicht die Leerlaufspannung (Open-Circuit Voltage, OCV) mit einer Wertetabelle, in der für jeden OCV-Wert eines bestimmten Akkutyps der zugehörige Ladezustand verzeichnet ist. Ausgehend von diesem Startwert kann die Coulombzähler-Schaltung über die eingebrachte beziehungsweise entnommene Ladungsmenge Buch führen, bis in einer späteren Leerlaufphase erneut die Leerlaufspannung bestimmt wird. Da nun bekannt ist, welche Ladungsmenge der so ermittelten Ladezustands-Differenz entspricht, lässt sich die effektive Kapazität des Akkus präzise ermitteln. Darüber hinaus kann der zweite Ladezustand mit der Gesamtkapazität in Beziehung gesetzt werden, so dass sich die verbleibende Kapazität in mAh bestimmen lässt. Als weitere Größe muss der Alterungszustand des Akkus ermittelt werden, was an Hand der Maximalkapazität möglich ist. In vielen Anwendungen ist ein Akkutausch erforderlich, sobald die Kapazität unter 75 Prozent des Werts im Neuzustand gesunken ist.

Consumer- und 
Industrie-Anwendungen

In Consumer-Anwendungen ging es in Sachen Akku und Akkumanagement stets um die Entwicklung von Energiespeichern, die hinreichend Energie liefern und dabei möglichst klein sind. Die notwendigen Akkumanagement-Schaltungen sind inzwischen in einer oder höchstens zwei applikationsspezifischen integrierten Schaltungen integriert, wie in Abbildung 1 gezeigt. Dem bq20z65 von Texas Instruments ist hier als Rückfallebene ein Baustein des Typs bq294xx zur Seite gestellt. In industriellen Anwendungen liegt die Betonung eher auf Robustheit und Zuverlässigkeit, oft im Verbund mit höherer Leistung. Welche Kenndaten des Akkus Priorität haben, richtet sich nach der Anwendung. In einem Elektrowerkzeug etwa wechseln sich kurze, durch hohe Entladeströme geprägte Phasen mit langen Ruhezeiten ab. Hier ist die Eignung für hohe Ströme teils bis in den dreistelligen Amperebereich zweifellos wichtiger als die langfristige Energiedichte, denn viele Anwender verfügen über mindestens einen Zweit-Akkusatz, der geladen wird, während der andere in Gebrauch ist. Eine exakte Füllstandanzeige ist in solchen Anwendungen nicht erforderlich, da kein Datenverlust droht, wenn die Kapazität eines Akkus unerwartet zur Neige geht.

Die nötige Leistung wird hier durch Serien- und/oder Parallelschalten mehrerer Zellen erreicht, so dass schon allein wegen der großen Zahl der Verbindungen zwischen den Zellen möglicherweise eine Akkumanagement-Lösung aus mehreren Chips nötig ist. Die analogen Ausgleichs- und Schutzfunktionen werden dabei oft mit einem oder mehreren Hochvolt-Bausteinen implementiert, während die Ladezustands-Anzeige und Kapazitätsüberwachung einem separaten (meist digitalen) IC wie dem bq34z100 überlassen wird. Auch eine externe Spannungsregelung kann hier erforderlich sein.

Der höhere Energiegehalt großer Akkusätze vergrößert selbstverständlich die Risiken bei Überhitzung, Kurzschluss, Überlastung und Überladung, und es geht nicht mehr ohne Ausgleichsschaltungen. Werden die Zellen einer Serienschaltung nämlich nicht einzeln überwacht und regelmäßig ausgeglichen, kann der gesamte Akkusatz durch den Ausfall einer einzigen Zelle unbrauchbar werden. Fertigungsbedingte Toleranzen, Impedanzunterschiede, abweichende anfängliche Ladezustände und Temperaturdifferenzen können die Ursache dafür sein, dass die Eigenschaften der Zellen divergieren. Hinzu kommt, dass die Unterschiede mit jedem Lade- und Entladezyklus größer werden, wie Abbildung 2 deutlich macht. Zwei Zellen dieses aus drei Zellen bestehenden Akkusatzes stimmen in ihren Eigenschaften so weit überein, dass ihre grün bzw. gelb dargestellten Spannungskurven kaum zu unterscheiden sind. Die Kurve der dritten Zelle (pink) weicht dagegen deutlich ab. Das Entladen wird hier unterbrochen, sobald die Spannung einer Zelle auf 3 V fällt. Hier ist dies immer die in pink dargestellte Zelle.

Beim anschließenden Laden erreichen dagegen stets die beiden starken Zellen als erste die Ladeschlussspannung von 4,2 V und werden sogar etwas überladen, bevor bei rund 4,25 V der Überladungsschutz anspricht. Zu diesem Zeitpunkt ist die dritte Zelle jedoch noch lange nicht vollgeladen, so dass diese erneut als erste leer ist. Hierdurch wird die schwache Zelle immer schwächer, während die starken Zellen immer mehr einer Überladung ausgesetzt werden.

Abhilfe schafft man, indem man den Akkusatz mit FETs bestückt, mit denen sich das Laden der einzelnen Zellen gezielt steuern lässt. Auf diese Weise kann man verhindern, dass schwache Zellen die Kapazität des gesamten Akkusatzes beeinträchtigen und durch weiter divergierende Eigenschaften einen vorzeitigen Tausch des Akkus notwendig machen. Wenn Akku und Verbraucher durch längere Leitungen verbunden sind, können durch induktive Effekte beim Ein- und Ausschalten durch den Verbraucher hohe Spannungsspitzen entstehen. Akkumanagement-Bausteine müssen für diese hohen Spannungen gerüstet sein.

Immer noch wichtig: 
Blei-Säure-Batterien

Obwohl bereits 1859 erfunden, sind Blei-Säure-Akkus durch ihre robuste Konstruktion, des günstigen Preises und ihrer besseren Recycling-Infrastruktur nach wie vor populär. Als Fahrzeugbatterie für Autos sowie als Traktionsbatterie für Boote, Gabelstapler usw., in denen Tiefentladung nicht ausgeschlossen werden kann, waren sie der bevorzugte Akkutyp. Auch für die Netzausfall-Überbrückung von Datencentern und Mobilfunk-Basisstationen werden sie genutzt. Dementsprechend wichtig ist hier die Überwachung des Lade- und Alterungszustands. Schlichtes Messen der Spannung reicht auch hier nicht aus, benötigen solche Akkus doch eine Ruhezeit von ein paar Stunden, bevor man eine aussagefähige Leerlaufspannung messen kann. Das Messen der Elektrolytdichte, das sich ebenfalls erst nach einiger Zeit der Stabilisierung vornehmen lässt, liefert Aufschlüsse über den Alterungszustand, jedoch bleiben hierbei Temperatureinflüsse ebenso unberücksichtigt wie die geschichtete Elektrolytkonzentration. Texas Instruments bietet für Blei-Säure-Akkus den Baustein bq34z110 an, der den Lade- und Alterungszustand nach der Impedance-Track-Methode präzise erfasst.

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