Den überwiegenden Teil des Energiebedarfs der privaten Haushalte in Deutschland macht die Raumwärme mit über 60Prozent aus. Ein Großteil der Energie entweicht durch Wände, Dächer, Fenster, Türen oder Fußböden. Hier besteht ein hoher Investitionsbedarf. Durch die Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV 09) ist ein hoher Renovierungsbedarf bei Altbauten entstanden - für Neubauten werden die Anforderungen ohnehin seit Jahren kontinuierlich erhöht. Steigende Energiekosten bewirken, dass sowohl Investoren als auch Nutzer von Immobilien ein gesteigertes Interesse haben, Heizkosten zu senken und in Wärmedämmung zu investieren. Die Diskussion rund um den Klimaschutz und CO 2-Minderungsziele hat den Fokus auf die Branche gelenkt.
Die größten Auswirkungen haben diese gesetzlichen Regelungen auf den Geschoßwohnungsbau, wie die Studie „Der Markt für Wärmedämmstoffe in Deutschland“ von Trendresearch ermittelt hat. Demnach ergeben sich im Geschosswohnungsbau die höchsten Steigerungsraten des Marktvolumens von Wärmedämmstoffen von rund 30 Prozent. Absolut bedeutet dies allein für diese Gebäudegruppe einen Anstieg von rund 100 Millionen Euro im Jahr 2010 auf rund 150 Millionen Euro im Jahr 2020.
In der Studie wurden die Rahmenbedingungen und mögliche technologische Entwicklungen sowie die daraus resultierenden Potenziale des Markts für Wärmedämmstoffe untersucht. Die Marktentwicklung wird darin in drei Szenarien prognostiziert: einem Referenzszenario (Szenario 2) sowie den Szenarien 1 (degressive Marktentwicklung) und 3 (progressive Marktentwicklung). Unterschieden wurden dabei drei Gruppen von Wärmedämmstoffen: Anorganisch-mineralische (vor allem Glas- und Steinwolle), organische „geschäumte Kunststoffe“ auf Basis fossiler Rohstoffe wie zum Beispiel Polystryrol und Polyurethan sowie organische Wärmedämmstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe wie Holzwolle, Hanf und Zellulose.
Mineralwolle am meisten gefragt
Anorganisch-mineralische Dämmstoffe werden derzeit in Deutschland am häufigsten eingesetzt. Sie bestehen aus den mineralischen Rohstoffen Kalk, Sand und Zement und finden verschiedene Anwendungsgebiete: In Plattenform eignen sie sich im Innenbereich für Decken und Wände, im Außenbereich als Massivdach- oder Fassadendämmung und als loses Material kann es bei der Hohlraumdämmung eingesetzt werden.
Der Marktanteil der Mineralwolldämmstoffe betrug 2010 etwa 54 Prozent und lag damit weit vor den EPS-Hartschaumdämmstoffen (EPS = extrudiertes Polystyrol) mit 30 Prozent. Der bereits hohe Anteil der Mineralwolldämmstoffe lässt zunächst vermuten, dass hier nur mit einem geringen Wachstum des Marktvolumens zu rechnen ist. Die Marktprognose zeigt jedoch, dass in allen Szenarien in dieser Gruppe mit den höchsten Zuwächsen zu rechnen ist. Einerseits unterstellen die befragten Experten dabei noch Potenzial für die weitere technologische Entwicklung, andererseits bleibt bei den Mineralwollen auch immer die Frage nach der Entsorgung. Insbesondere im Fall der Glaswolle wurde bisher noch keine Lösung entwickelt. Allerdings gilt dieses Manko genauso für in Wärmedämmverbundsystemen verbautes Polystyrol.
Insgesamt steigendes Marktvolumen
Die Krise der Bauwirtschaft Mitte der ersten Dekade dieses Jahrhunderts hatte auch auf die Wärmedämmbranche Einfluss. Einen massiven Schub bekam die Branche wieder durch das Einbeziehen des Wohnungsbestandes in die Vorgaben der EnEV 09 zusammen mit den KfW-Fördermaßnahmen.
Hinsichtlich der jährlich wärmegedämmten Fläche zeigt das Referenzszenario einen durchschnittlichen Anstieg von drei Prozent von 2010 bis 2020 auf 29Prozent. Die Steigerungsrate ist in den ersten Jahren bis 2015 im Referenzszenario sowie im Szenario 1 minimal, weil erst durch die EnEV 2015 wieder massive �?nderungen in den rechtlichen Vorgaben erwartet werden, die deutlichen Einfluss auf die zu dämmenden Flächen haben werden. Entsprechend der verlegten Fläche an Wärmedämmmaterialien wird hinsichtlich des Marktvolumens im Referenzszenario von einer Steigerung des gesamten jährlichen Marktvolumens von knapp 1,8 im Jahr 2010 auf 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2020 ausgegangen (siehe Abbildung oben).
Unterschiedliche Marktentwicklungen
Die höchsten Zuwächse sind bei den anorganisch-mineralischen Wärmedämmstoffen zu erwarten: von 886 Millionen Euro im Jahr 2010 auf knapp 1,17 Milliarden Euro im Jahr 2020 im Referenzszenario. Dies liegt daran, dass hier von befragten Marktexperten zusätzlich Potenzial bei der technologischen Entwicklung gesehen wird.
Bei den auf fossilen Rohstoffen basierten organischen Wärmedämmstoffen wie Polystryrol und Polyurethan liegt die Steigerung des Marktvolumens bei rund 25 Prozent. Dass diese Stoffgruppe nicht dieselben Zuwachsraten aufweisen wird wie die Marktführer bei den Mineralwollen, liegt an deren technologisch kaum noch zu überbietenden Dämmwerten. Aber auch an dem Imageschaden, der dem Produkt durch seine Abhängigkeit vom Erdöl, seine Brennbarkeit sowie aufgrund ungelöster Entsorgungsprobleme bei Wärmedämmverbundsystemen anhaftet.
Die prozentual höchsten Zuwächse werden bei der Gruppe der organischen Wärmedämmstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe erwartet - im Referenzszenario 37 Prozent. Auch wenn 2010 lediglich knapp fünf Prozent der eingesetzten Dämmmaterialien dieser Gruppe zuzuordnen sind, ist doch damit zu rechnen, dass dieser Anteil im Jahr 2020 etwa 13 Prozent betragen wird, wie im Referenzszenario ermittelt.
Nachwachsende Rohstoffe immer beliebter
Dämmstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe können sich immer stärker am Markt etablieren, denn sie haben gute - wenn auch nicht sehr gute - Dämmwerte, bauphysikalische Vorteile und verfügen gleichzeitig über ein positives Image. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Unabhängigkeit vom Weltmarkt, da diese Stoffe meist flächendeckend vorhanden sind. Auch die Ökobilanz gemessen nach Primärenergiegehalt, Entsorgungsmöglichkeiten und so weiter ist hier als wichtiges Kriterium für die wachsende Beliebtheit zu nennen, da sie bei diesen Bausstoffen ebenfalls gut ausfällt. Den Vorteilen dieser Materialien stehen aber auch erhebliche Nachteile gegenüber: Hohe Kosten, eine geringe Druckbelastbarkeit sowie ein hoher Optimierungsbedarf bei einigen Naturstoffen wie beispielsweise Gras- und Hanfdämmungen verhindern bislang eine Marktdurchdringung.
Beim Betrachten der Marktentwicklung nach Immobilienarten fällt auf, dass der Einsatz von Dämmstoffen auf Basis nachwachsender Rohstoffe zum überwiegenden Teil bei Ein- und Zweifamilienhäusern erfolgt. Bei kommunalen Gebäuden, gewerblichen Bürogebäuden und im Geschosswohnungsbau kommen diese Dämmstoffe kaum und auch in der Prognose bis 2020 nur zu geringen Anteilen zum Einsatz.
Gesetze schaffen Markt für Wärmedämmung
Insgesamt zeigt die Studie, dass der Markt für Wärmedämmstoffe weiter steigt. Betrug das jährliche Marktvolumen im Jahr 2010 noch knapp 1,8 Milliarden Euro, so ist 2020 mit rund 2,3 Milliarden Euro zu rechnen. Gründe für dieses Wachstum liegen vor allem in den gesetzlichen Neuregelungen, die - aufgrund höherer Anforderungen an die Energieeffizienz und eines verringerten CO 2-Ausstoßes - zu einem vermehrten Einsatz von Dämmmaterialien führen. Dabei wird auch zukünftig die bislang am häufigsten eingesetzte Mineralwolle dominieren. Gleichzeitig ist aber auch davon auszugehen, dass sich immer mehr Anwender für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen entscheiden werden. Dämmstoffe, die auf Erdöl basieren, werden geringere Steigerungsraten aufweisen, da sie über ein schlechtes Image verfügen und auch technologisch kaum zu verbessern sind.