Flexible Kunststoffverpackungen sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken - sind sie doch praktisch, unkompliziert und einfach zu handhaben. Das zeigt zum Beispiel der Gang in den Supermarkt: Obst, Gemüse, Käse, Wurst und Fleisch und viele weitere Lebensmittel liegen portionsgerecht in den unterschiedlichsten, transparenten und lockend bedruckten Folienverpackungen appetitlich in den Selbstbedienungsregalen aufgereiht. Dabei sind diese Wegwerfprodukte ausgetüftelte, maßgeschneiderte Kombinationen aus Kunststoffen, die mit ihren spezifischen Eigenschaften den Inhalt vor Sauerstoff, Wasserdampf, mechanischen, chemischen sowie biologischen Einflüssen schützen. Zudem halten sie die darin eingepackten Lebensmittel möglichst lange frisch. Waren so verpackt sind für Verbraucher sehr bequem - convenient wie viele sagen - und diese Strömung sieht die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung GVM als den Schlüsseltrend für die Packmittelbranche. Die Ansprüche an die Kunststofffolien steigen und damit die Anforderungen an die Entwickler. Herausforderungen sind dabei hohe Rohstoffpreise und die Frage nach der Nachhaltigkeit. Flexible Kunststoffverpackungen sind aus fünf bis neun Schichten aufgebaut, die asymmetrisch oder symmetrisch um eine Barriereschicht in Folienblasanlagen oder Foliengießanlagen coextrudiert werden. Mit einer Barriereschicht, die undurchlässig für Sauerstoff, Feuchtigkeit oder auch Aromen ist, zählen sie zu den Hochbarrierefolien. Da sich Barriereschichten wie zum Beispiel aus EVOH (Ethylen-Vinylalkohol - undurchlässig für Sauerstoff) nicht mit dem für Folien meistverwendeten Kunststoff Polyethylen verbindet, müssen Haftvermittler eingesetzt werden. Der einfachste Aufbau einer Hochbarrierefolie benötigt somit fünf Schichten - PE, Haftvermittler, Barriere, Haftvermittler, PE. Die dünnste Schicht kann dabei zwei bis drei Mikrometer dünn sein.
Vielschichtigkeit ist gefragt
Die Variationsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Kunststoffen sind für diesen Aufbau allerdings beschränkt. Daher gilt: Je mehr Schichten, desto ausgefeilter und kreativer können Foliendesigner Kunststoffe mit ihren spezifischen Eigenschaften kombinieren, auch um sich mit ihren Rezepten von der Konkurrenz abzuheben. Hinzu kommt, dass sie in reiner Form ihre Eigenschaften besser ausspielen als in den sogenannten Blends, in denen verschiedene Kunststoffe gemischt werden. Und so geht die Tendenz bei Barrierefolien für beispielsweise Lebensmittelverpackungen, Medizinanwendungen oder Industrieverpackungen hin zu mehr und mehr Schichten, wie Dr. Holger Niemeier, Divisional Manager Folienblasanlagen bei Hosokawa Alpine beobachtet: „In den vergangenen drei bis vier Jahren haben sich zahlreiche Hersteller von Hochbarrierefolien für Neun-Schicht-Anlagen entschieden.“ Mehr Schichten ergeben aber auch mehr Freiheiten in der Kombination von teuren und günstigeren Kunststoffen und ermöglichen es den Herstellern, Kosten zu senken - was vor dem Hintergrund der extrem gestiegenen Preise für Massenkunststoffe ein Wettbewerbsvorteil ist. Laut IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen sind die Preise für Massenkunststoffe im Jahr 2010 um rund 36 Prozent gestiegen und in den ersten neun Monaten 2011 nochmals um durchschnittlich 17 Prozent. Das ließ die Margen schrumpfen. Denn laut IK-Hauptgeschäftsführer Ulf Kelterborn konnten die mittelständischen Kunststoffverpackungs-Unternehmen die massiven Preiserhöhungen nicht in vollem Umfang in den Markt weitergeben. Materialkosten machen rund 70 bis 80 Prozent der reinen Produktionskosten aus. Daher arbeiten Kunststofffolien-Hersteller ständig daran, Kosten zu senken, wie Dr. Niemeier sagt: „Grundsätzlich sind Folienhersteller bestrebt, teure Materialien wie zum Beispiel EVOH oder höherwertiges Polyethylen einzusparen.“
Rohstoffpreise werden immer wichtiger
Gerade im Massenmarkt der Standardfolien kommt dem Rohstoffpreis eine entscheidende Rolle zu - zum Beispiel bei den Stretchfolien, die laut Applied Market Information (AMI) den mengenmäßig größten Sektor unter den PE-Folien in Europa bilden. Das Herstellen von Kunststofffolien mit günstigeren Rohstoffen und gleich guten Eigenschaften oder gar besseren als ihre Vorgänger, ist eine Herausforderung an alle Beteiligten der Wertschöpfungskette: den Kunststoffherstellern, den Anlagenbauern und den Folienherstellern. Bleiben doch nur wenige grundsätzliche Möglichkeiten, diese Massenfolien günstiger zu produzieren: den Durchsatz der Folien erhöhen oder diese dünner herzustellen, wobei die Grenzen hierfür schnell erreicht sind. Weiterhin kann aber auch teures durch günstigeres Material ersetzt werden, wenn die Folien ähnlich der Barrierefolien mit mehr Schichten aufgebaut werden. Und so sind für den Massenmarkt der Standard-Folien seit etwa zwei bis drei Jahren Anlagen für Folien mit bis zu fünf Schichten gefragt.Damit aber nicht genug. Neue Technologien lassen Gießfolienanlagen in früher unmöglich erscheinende Schicht-Dimensionen vorstoßen: „Mit Nanolayern aus unterschiedlichen PE-Schichten könnten Folien sogar mit einer unbegrenzten Anzahl an Schichten aufgebaut werden. Doch das ist noch Zukunftsmusik“, sagt Dr. Christof Herschbach, Marketingleiter bei Windmöller & Hölscher. Real sind aber schon 10 Mikrometer dicke Stretchfolien mit 33 Nanolayer-Schichten. Diese Stretchfolien sind somit dünner als die meisten herkömmlich hergestellten und das bei verbesserten Eigenschaften. So konnte bei einer Nanolayer-Folie mit zwei Nanolayer-Verbunden aus PE unterschiedlicher Dichten die Durchstoßfestigkeit der Folien um den Faktor 2,5 gegenüber einer Standardfolie verbessert werden. Laut Dr. Torsten Schmitz, Leiter des Bereichs Gießfolien bei Windmöller & Hölscher nimmt das Interesse an Anlagen mit Nanolayer-Technologie seit etwa 2008 zu.
Nachhaltigkeit mit hohen Wachstumsraten
Dr. Cornelia Stramm vom Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising sieht einen eher übergeordneten Trend bei den flexiblen Kunststoffverpackungen: „Nachhaltigkeit, aber nicht nur bezogen auf Basis von Biokunststoffen. Das kann auch heißen dünnere Folien oder auch Produktschutz bei Lebensmitteln, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden.“ Forscher des Fraunhofer IVV haben zum Beispiel in dem EU-Projekt „Wheylayer“ aus Molkeproteinen ein Biomaterial als Ersatz für das Barrierematerial EVOH inklusive das dazugehörige Rolle-zu-Rolle-Verfahren entwickelt, in dem die Bio-Barriereschicht sozusagen auf die Folie lackiert wird. Es gibt aber auch Anwendungen, die schon länger auf dem Markt sind, wie biologisch abbaubare Mulchfolien. Immer besser wurden sie auf unterschiedlichste Kulturen abgestimmt, sodass sie gleich nach deren Ernte verrotten und untergeackert werden. Trotz vielversprechender Ansätze sieht die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen in Biokunststoffen jedoch keine Alternative zu konventionellen Kunststoffen, sondern eher eine Ergänzung für spezielle Anwendungen. Aus dem Blickwinkel der GVM ist der Markt mit rund einem Prozent Marktanteil im Jahr 2014 gemessen am Gesamtmarkt der flexiblen Kunststoffe noch unbedeutend. Anders bei den Wachstumsraten: Hier erwartet die GVM jährlich 12 Prozent. Von jährlich 17,8 Prozent durchschnittlichen Wachstums, allerdings für den globalen Biokunststoff-Markt, geht Ceresana Research in ihrer Marktstudie Biokunststoffe aus.